Montag, 30. August 2021

COVIDiary (370)

Was Sprach­ar­bei­ter*in­nen ma­chen, ge­na­uer: Über­setzer- und Dol­met­scher*in­nen für Fran­zö­sisch, kön­nen Sie hier mit­lesen. Auch wenn wir in Co­ro­nazeiten weniger Kon­fe­renzen ha­ben, achten wir weiter­hin sehr genau auf die Sprache.

Wahlkampf auf n-tv und RTL: Die drei Kan­didaten disku­tieren im "Trialog". Dieses Format und seinen Namen kennen wir Dolmet­scher*innen schon lange, neu scheint der Begriff für die breite Öffent­lichkeit zu sein, bekannter ist der "Dialog". Statt "Duell" nennt die ARD den verbalen Schlagabtausch ein "Triell". 

Das neue Format fand ich lebendiger als die alten Wahlkampfdebatten. Dabei ist interessant, wie die US-Wahl­kämpfe der letzten Jahre als unausgesprochene Re­fe­renz mitschwingen. Als der SPD-Kandidat vom Moderator ganz zu Beginn zum An­griff auf einen Wettbe­werber aufgefordert wird, sagt dieser sehr ruhig (sinn­ge­mäß): "Das ist nicht der Stil, in dem wir hier­zulande diskutieren sollten."

Das fand ich schon mal gut. Fair play und konstruktiv wurde es dann. Es gab einige Elfme­ter, einige Bälle gingen direkt ins Netz, es gab auch Eigentore. Der am­tie­ren­de NRW-Minister­präsident würde sich gern von der Gesell­schaft wünschen, dass wir "die Tassen im Schrank lassen". Den wind of change bringt er in Über­set­zung, "Wind der Verän­derung", möchte sich ihm aber mit Stand­haf­tig­keit entgegen­stel­len. Nun ja. Dabei schien näm­li­chem Kan­didaten Sprache sehr am Herzen zu lie­gen, denn Gendern sei für ihn Über­treibung.

Eine Analyse der Körper­sprache der Beteiligen wäre sicher sehr lohnend. In­ter­es­sant fand ich, wie Baerbock für ihr Schluss­statement vors Pult getreten ist. Dafür hat sie weniger optimale Ausleuch­tung in Kauf ge­nommen, ist die Kamera gegen Ende nicht so nah an sie he­range­fahren wie bei den Herren. Aber ich empfand es als eine "direkte Ansprache" als Bürgerin (und nicht primär als Kand­idatin). 

Die Über­ra­schungs­ge­win­nerin der Show ist die Ge­bär­den­sprach­dol­met­sche­rin, die im Stream leider oft beide Herausforderer des derzeit von der CDU besetzten Am­tes verdeckt hat. Das war ein Regiefehler. So wie online den Saalton bei einer Pro­gramm­un­ter­bre­chung anzulassen, als im TV die Werbe­pause kam.

Hier: Was wäre, wenn heute die Kanz­lerin/der Kanzler direkt gewählt werden könnte? Danke, Gazetteur.Umfrageschock für Union nach #Triell: TV-Duell-Gebärdensprachdolmetscherin jetzt vor Armin Laschet

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Illustration:
Profis vor! Der Gazetteur

Samstag, 28. August 2021

COVIDiary (369)

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir ar­beiten, ist hier seit 2007 re­gel­mä­ßig Thema. Der­zeit sitze ich an einer Über­setzung. Und ziehe den zweiten Wollpulli über. Hier die Links der Woche.

Ende August Pulsw­ärmer, Wollpulli und -socken aus dem "Motten­safe" zu holen, wo sie gera­de mal seit Ende Mai liegen, ist un­schön, der Dauer­re­gen der letzten Zeit auch. Doch kön­nen wir (ab­ge­sehen von der Flut­ka­tas­tro­phe im Ahrtal) zufrie­den sein, dass nach den drei Dür­re­jahren die Was­ser­re­ser­ven einiger­maßen aufge­füllt werden können. Nicht mehr ganz Deutschland leidet unter extremer Dürre.

So rede ich mir schön, dass der Balkon seit Wo­chen ein No Man's Land ist. Diesen Som­mer haben wir ihn so gut wie nicht nutzen kön­nen, die Tage lagen im hei­ßen Juni; eine gute Freundin aus Mar­seille, Künstlerin, die damals hier im Kiez Quar­tier nahm, plant schon wie­der ihre Rück­reise; an­dere Freun­de sind auf der Durch­reise vom "Hotel Opa" für einige Tage da; in Ber­lin läuft die Schu­le schon wie­der normal.

Gefühlt geht ein Som­mer zuende, der irgend­wie nicht in Schwung kam. Haben wir uns an die kli­ma­ka­tas­tro­pha­len Hitze­sommer zu sehr ge­wöhnt? In der wär­me­ren Jahres­zeit sind al­le ger­ne drau­ßen, weil es ein­fach mög­lich ist. Nun wird der zwei­ten Co­ro­na­sep­tember zum meist­nach­ge­frag­ten Mo­nat für Kon­fe­renz­dol­met­schen seit Beginn der Pan­de­mie. Für man­che Tage ha­ben wir vier Anfra­gen pa­ral­lel. Die Kon­gress­welt scheint in Sorge über die Lage zu sein und zieht das Herbst­pro­gramm auf diesen spä­ten Sommer­monat vor, Ok­to­ber dage­gen: eine bestä­tigte Buchung.

Alles andere ist un­klar. Es bleibt an­stren­gend. Aber das ist nicht einmal eine Be­schwer­de wert, wenn ich mir die poli­ti­sche Welt­lage ansehe.

"Berlin Wetter" - Huch! Wir haben keine Ergebnisse. Versuchen Sie es mit allgemeineren Suchwörtern!
Ich hatte es befürchtet: Wetter fällt aus!


Das wo­chen­lang unverändert an den Himmel ge­tackerte Wetter ist schon Teil der Kli­ma­ka­tas­tro­phe, das weiß je­des Kind, auch solche Stark­re­gen­mom­ente wie im Ahrtal. 

Die englische Seite IFLScience, die sich dem fak­ten­ba­sier­ten, über­prüf­ten, in­for­ma­ti­ven und auch un­ter­halt­samen Wis­sen­schafts­jour­na­lis­mus verschrie­ben hat, zitiert in diesem Zu­sam­men­hang den letzten Bericht des IPCC (zwischen­staat­li­cher Aus­schuss für Klima­änderungen): "Wir können jetzt mit Sicher­heit sagen, dass die gesam­te globale Er­wärmung, die seit Mitte des 19. Jahrhunderts eingetreten ist, auf menschli­ches Handeln zurückzuführen ist. Diese Fak­ten sind zwar er­nüch­ternd, aber wir sollten kei­nes­falls verzweifeln. Der Bericht zeigt auch, dass wenn sich die Gesell­­schaften jetzt für eine starke Reduk­tion der Treib­haus­gas­emis­sionen ent­schei­den, wir die schlimmsten Folgen ver­mei­den kön­nen und dass die Erde in die­sem Jahr­hun­dert nur eine mo­de­rate zusätz­liche Er­wär­mung verzeichnen wird, an die wir uns wahr­scheinlich wer­den anpassen können."

Dabei gibt es viele Stell­­schra­uben, an denen wir ein­zeln und als Ge­sell­schaft dre­hen können, ein kurzer Film stellt sie vor. Leider ist er schon ein wenig über­holt: Der Ama­zonas hat dieses Jahr mehr CO2 aus­ge­sto­ßen als auf­ge­nom­men. Das war erst für 2035 er­wartet worden.

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Illustration: irgendeine Suchmaschine
Film:
Quarks, TabulaRasa

Mittwoch, 25. August 2021

COVIDiary (367)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten einer Sprachar­bei­te­rin. Wir Über­setzerinnen, Über­set­zer, Dol­metscherinnen und Dolmetscher arbeiten seit Beginn der Pan­demie über­wie­gend zu Hause im eigenen Arbeits­zimmer, lesen Sie hier. Sofern es denn Arbeit gibt.

Tische zum Quadrat, Stühle zum Quadrat, blauer Teppichboden und zwei Dolmetscherinnen
Mit echten Menschen vor Ort!
Und jetzt, tadaaa, dürfen wir endlich wie­der Menschen live erleben. Nach 1,5 Jahren corona­bedingtem quasi-Still­stand findet die Herbstsaison 2021 im September statt. Das ist gut, aber irgendwie auch nicht ideal. Wir können's nicht ändern. Also sind wir lieber froh.
Und ja, liebe Kun­dinnen und Kunden, bitte fragen Sie uns weiter für diesen Monat an. Wir sind ein Netzwerk und können die Arbeit auf mehrere Schultern verteilen.

Sie haben richtig gelesen: "Netzwerk", wie das Wasser­leitungs­netzwerk, durch das Sie Ihr Kaffee­wasser beziehen oder wie das große weltweite Netzwerk, das wir Internet nennen und das Ihnen grade diesen Text liefert.

Viele Menschen kennen den Begriff "Agentur". Eine solche sind wir erklärter­maßen nicht. Was un­terscheidet eine Agentur von einem Netzwerk? Wir müssen dif­fe­ren­zie­ren: Eine Schauspiel­agentur vertritt Schau­spieler, d. h., sie versucht, aktiv diese auf die verschiedenen Filmsets zu bekommen. Eine Dolmetsch­agentur hin­ge­gen dürfte sich eigent­lich gar nicht so nennen. Sie bieten eine Ware auf dem Markt an, die nicht eng mit der Firma verbunden ist, für die sie sich auch sonst nicht ver­pflich­tet fühlt. Agenturleute schreiben Angebote, suchen dann auf dem freien Markt nach Menschen, die dann Einsätze übernehmen und nur die Eckdaten dazu erhalten. Dafür verlangen Agenturen einen recht üppigen Anteil vom Kuchen. Ihre Arbeits­weise ist die von Maklern.

Gleich­be­rechtigte Kolleg:innen

Ein Netzwerk besteht aus gleich­berech­tigten Partner*innen, die einander helfen und unterstützen. So, wie eine Kollegin neulich, die einen Einsatz für mich or­ga­ni­siert hat. So, wie ich jetzt, die ich für zwei Kolleginnen einen Termin plane. Dieser Kunde hat seit neuestem französische Anteils­eigner und war noch nie mit der Not­wen­dig­keit konfrontiert, eine Vorstands­sitzung mehr­sprachig abhalten zu müssen. da musste ich zunächst sämtliche Bedürf­nisse abfragen, mit der Haus­meisterin te­le­­fo­­nie­ren und den Raum kennenlernen, was durch eine online-Liveüber­tragung sehr einfach ging, dann durfte ich die Technik briefen, damit deren Angebot zum Bedarf passt.

Bei Stamm­kunden dürfen wir hier ein Ver­waltungs­pauschale aufschlagen, was rich­tig ist, denn tout travail mérite salaire jede Arbeit verdient es, bezahlt zu wer­den. Bei Neu­­kunden trauen wir uns das eher nicht, denn sie vergleichen natürlich unsere Preise mit denen der "Agenturen".

Maklerarbeit

Eine Agentur bezahlt ihre Büro-, Te­le­fon-, Gehalts­kosten plus den Gewinn vom Ho­no­rar der Dolmetscher:innen, mit­un­ter auch der (z.T. fiktiven) Reisekosten, was oft 30 Prozent der Rechnung aus­macht, in Extrem­fällen bis zu 60 oder mehr Pro­zent gehen kann.

Je erfahrener die Kollegin:nen sind, desto geringer ist ihre Neigung, bei so etwas mitzumachen. Und ja, es soll Agenturen geben, die sich ganz mustergültig um ihre Schütz­­lin­ge kümmern, die den Kontakt zu den End­kun­den herstellen, damit der Infor­ma­tionsfluss über die Inhalte ge­währ­leistet ist, die sich kein zu großes Stück vom Kuchen abschneiden und die auch von Herzen danke sagen. Bislang habe ich leider von dieser Art Agentur nicht viel mit­­be­­kom­men. Gerne würde ich mich eines Besseren belehren lassen.

Zum Foto

Hier sitzen wir im Re­gierungs­viertel in einem Kongress­hotel und debattieren über die Energie­systeme der Zukunft. Alle vor Ort sind getestet, geimpft oder ge­ne­sen, die Abstände werden einge­halten, die Mas­ken auf Wegen getragen. Der Ter­min dauert nur zwei Stunden, daher sitzen wir nicht in der Kabine. Wo­an­ders konnte sich der Ver­an­stal­ter nicht ein­quartieren, da alles aus­ge­bucht ist, siehe oben. Der Septem­ber beginnt schon Ende August.

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Foto:
C.E.

Dienstag, 24. August 2021

COVIDiary (366)

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre re­gel­mä­ßig Gegen­stand in Form kleiner Be­richte aus dem Alltag. Der Blog wurde zum COVIDiary.

Ein On­line­mee­ting zum Thema Bil­dungs(un)ge­rech­tigkeit und das Em­po­wer­ment von Mädchen (*): Lauter Ex­per­tinnen und Experten sitzen im Kongo, in Frank­reich und Deutsch­land an den Com­putern. Der Aus­tausch ist span­nend und hoch­gradig in­for­ma­tiv. Es sind zwei Dol­met­sche­rin­nen dabei, im Bild links unten zu sehen.

Viele Köpfe, wobei auffällt, dass die Teilnehmenden in Afrika sich als Gruppen je einen Rechner teilt. Die Mehrzahl aller verwendet kein Mikrofon.
Nur die Minderheit trägt Kopfhörer und nutzt ein ex­ternes Mikrofon

  




Als wieder eine Fach­frau aus dem Kon­go dran ist, muss meine Kol­le­gin sagen: "Lei­der ist die Ver­bin­dung so schlecht, dass die Dol­metscherin nur Stichworte ver­ste­hen kann." (Wir spre­chen von uns in sol­chen Mo­menten immer in der 3. Person Sin­gular, weil damit klar wird, dass wir gerade nicht dol­met­schen.) Alle achten jetzt auf die leicht pfeifenden Ver­zer­rungen, dann wird der O-Ton ganz still, dauert die Pause länger als die Über­tra­gung, schließ­lich setzt we­nigs­tens das Pfei­fen wieder ein. Hier ha­ben alle gehört, was im Extrem­fall unsere Arbeit be­hin­dert.

Weniger offensichtlich ist dieser Fall: Eine ältere Fach­frau sitzt hinter einem mo­der­nen Rechner, allerdings ohne Kopfhörer und Mi­kro­fon. Weil in Süd­deutsch­land (im Gegen­satz zu Berlin) das Wet­ter gut ist, stehen bei ihr Fenster und Türen of­fen. Wir hören das Vo­gel­ge­zwit­scher, spie­lende Kinder, irgen­dwann auch die Müll­ab­fuhr, dann hören wir die Teen­ager der Nach­barn, die auf der Ter­ras­se chil­len. Sie waren am Tag am See und würden gerne gril­len, so viel kann ich wört­lich ver­stehen, wenn ich mich auf die Pa­ral­lel­stim­men kon­zen­triere, wäh­rend die Kol­legin dolmetscht.

Die Kollegin zieht ihren Ein­satz durch ohne zu murren, die Gäste hören eine Ver­dol­metschung. Mög­li­cher­weise fällt ihnen nicht auf, wie viel fehlt und wie an­stren­gend hier die Kon­zen­tra­tions­arbeit ist. Denn manche Nu­ance fällt weg. Wir hören in sol­chen Mo­menten nicht alles, da wir ja auch gleich­zeitig spre­chen und damit den Schall­pegel im ei­ge­nen Kopf erhöhen.

Unsere Bitten:
⊗ Sofern möglich, sollte jeder und jede am ei­ge­nen Rech­ner sitzen.
⊗ Bitte Kopf­hörer und externes Mikrofon nutzen (z.B. ein separates Headset).
⊗ Die Übertra­gung wird durch ein LAN-Kabel deutlich verbessert.
⊗ Einen mög­lichst ruhigen Ort wählen. Störungen im Vorfeld ausräumen.
⊗ Vorab einen Termin mit möglichst vielen Teil­neh­menden anberaumen, an dem die Technik getes­tet wird.
⊗ Be­ob­ach­tungen for­mu­lieren, Wün­sche ableiten, ein(e) Be­tei­lig­t(er) schreibt die On­line­eti­ket­te auf und sen­det sie an alle.
⊗ ... in der zum Bei­spiel steht, dass nur wer spricht das Mi­kro­fon einschaltet.
⊗ ... in der zum Bei­spiel auch steht, dass zwischen Ant­wor­ten und neuen Fragen kurze Pausen zu be­las­sen sind, vor allem dann, wenn die Dis­kus­sions­spra­che ge­wech­selt wird. Bei­spiel: Eben wird noch ins Deutsche ge­dol­metscht — Dol­met­schen braucht immer ein wenig län­ger als der/die Red­ner/in selbst. Wenn jetzt die Mo­de­ra­tion auf Deutsch sofort die nächs­te Frage stellt, ist der deut­sche Ton­ka­nal dop­pelt belegt und we­der das eine, noch das an­de­re sau­ber zu hören.

Spre­chen Sie uns an! Wir wir­ken gerne mit einem Test­lauf am Entwickeln Ihrer On­line­eti­ket­te mit! Unserer Er­fah­rung nach hilft nur die Team­er­fah­rung eines Vor­ab-Tref­fens mit dem ge­mein­sa­men Ent­wickeln dieser "Neti­quette", um mög­lichst viele zu erreichen.

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Foto: C.E. (Die Kollegin, hier nur im Foto, war
war bestausgestattet.)
(*)
oder war's ein Gesundheitsthema? Der Blog
ist Autobiofiktion und damit wahrhaftig.
O-Ton: Originalton

Freitag, 20. August 2021

COVIDiary (363)

Bon­jour, hel­lo und gu­ten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer ma­chen, na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre re­gel­mä­ßig Gegen­stand in Form kleiner Be­richte aus dem Alltag. Heute: mein Sonn­tagsbild vor Ende der Wo­che.

Es ist wichtig, die Arbeits­moral hoch­zu­halten, beson­ders dann, wenn die Zeiten nicht leicht sind. Da hilft, be­wusst Freund­schaf­ten zu pfle­gen, außer­dem Kunst und Kul­tur und Musik, auch der Kunst des Fei­erns einen Tribut zu zollen und uns gastfreundlich zu zeigen, natürlich co­ro­na­kon­form unter Be­rück­sich­ti­gung der Drei-G-Regeln.

Mit dem Gros meiner Nach­barn lebe ich fast in sowas wie in einer großen Wohn­ge­mein­schaft. Das liegt sicher auch an der Garten­arbeit. Es gab etwas zu feiern. Nie­mand wollte eine Rede halten, alle wink­ten mit großen Gesten ab. "Machst du doch wieder, oder?", durfte ich mir im­mer wieder an­hören. Weil ... naja, Erfah­rung. Also hab ich ge­sprochen.

Und mir die Auf­zeich­nung später an­ge­hört. War alles drin, was drin sein sollte, nur ge­schrie­ben hätte ich es etwas dif­fe­ren­zierter, hier ein kleines re­tar­die­ren­des Moment eingebaut, dort den einen oder anderen Absatz gesetzt (= Pause!), viel­leicht wäre mir auch noch ein Witz eingefallen. Merke: Vor der nächsten öf­fent­lichen Rede ei­nige Pas­sagen auf­schre­iben, lernen und dann bewusst frei spre­chen.

Vorgegeben waren fol­gende Stich­punkte: "we­sent­li­cher Be­stand­teil", "Lieb­lings­nach­barin", "Tradition", "Kom­post­haufen", "Gar­tenhaus", "Was­ser­grund­stück".

Wenn sich die Lage normalisiert hat, belege ich mal wieder einen Rhetorikkurs.

Draufsicht: Hofgarten, Guirlanden, Menschen, Buffet, Musiker
Für die meisten von uns war es das erste Konzert seit fast zwei Jahren!


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Foto:
C.E.

Montag, 16. August 2021

COVIDiary (360)

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ein­blicke in das Le­ben einer Sprach­ar­bei­terin können Sie hier ­ erhalten. Ich bin Dol­met­scherin für die fran­zö­sische Sprache, und ich über­set­ze auch aus dem En­g­li­schen. Die neue Woche be­ginnt mit ge­misch­ten Ge­fühlen.

Heute ist Ver­drän­gen der aktuellen Lage angesagt, statt­des­sen Textlektorat, Über­set­zungs­ar­beiten und die Erstellung zweier Kosten­vor­an­schläge für insgesamt fünf Tage im Früh­herbst. Vier sind be­reits gebucht. Wir wis­sen nicht, ob die Termine zu­stan­de­kom­men, wie der zwei­te Co­ro­na­herbst werden wird. 

Kopffigur mit bedrohlichem Blick und Maul
                Schreckliche Aussichten
Ich trauere mit Haiti. Was muss diese Insel leiden! Ich denke an die An­ge­hö­ri­gen von Freun­den, denen dort re­gel­mä­ßig der Boden unter den Füßen weg­ge­ris­sen wird. Und dazu Hochwasser in Deutschland und in der Tür­kei, Brände und Hitzewellen dortselbst und in Süd­eu­ropa sowie stei­gen­de In­fek­tions­zah­len.
Und ich bange mit in Sachen (Über­)Le­bens­chan­cen von Frauen und Mäd­chen, Wis­sen­schaftler:innen, Künst­ler:innen und Regis­seur:innen in Afgha­nis­tan; Ortskräf­te der westlichen Truppen wie Dolme­tscher kom­men hinzu. Schwer ver­ständlich, dass die Bundesregie­rung erst jetzt Eva­kuierungs­pläne er­ar­bei­tet. Wieder sei daran erinnert, dass der Westen die Taliban vor Jahr­zehn­ten groß ge­macht hat.

Das war lange vor dem Mauer­fall. Der Grund war Anti­kom­mu­nis­mus: "Der Feind mei­nes Fein­des muss mein Freund sein." Die Tali­ban haben damals aktiv gegen die So­wjet­union gekämpft. Ein solches Rä­so­nie­ren war schon da­mals grund­falsch. Diese Epi­sode wird lei­der immer gerne ver­ges­sen. Ja, damit trägt der Westen Ver­ant­wor­tung. Und wer finan­ziert eigentlich die Tali­ban heute fort­wäh­rend? Wer lie­fert ihnen Waffen? Mancher islami­scher, radikali­sierter Staat, aber auch die Dro­gen­pro­duk­tion für den Wes­ten. Solange in un­se­rer west­lichen Welt so viele Men­schen un­glück­lich sind, wer­den dort die Kas­sen des Dro­gen­han­dels geflutet. Eines Han­dels mit Wa­ren, die im Land an­ge­baut wur­den, wäh­rend es west­liche Mäch­te be­setzt hat­ten.

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Illustration: Wandmalerei in Kreuzberg

Sonntag, 15. August 2021

COVIDiary (359)

Was Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­scher so erleben, können Sie hier mitverfolgen. Wir sind im 2. Co­ro­na­som­mer. Kon­feren­zen gibt es nur wenige, meine Spra­chen (Franzö­sisch und Eng­lisch) spreche ich jetzt haupt­sächlich privat. Sonn­tags­bild!

Mit Hackenschuhen, Dutt und Blumen

Sonntag bei einer befreundeten Familie: Die kleine Camille und ich arbeiten weiter an der Aus­sprache. Ich habe hier schon davon berichtet. Das Prob­lem mit den falsch sitzenden Lau­ten möc­hte ich spie­­le­­risch zu lösen helfen. Wir brin­gen die Zun­gen in Schwung. Heim­liches Zun­ge­­raus­­strecken macht gut erzogenen Töch­­tern wie uns ja immer Spaß! Wer schafft es, mit der Zun­ge die Na­sen­spitze zu berüh­ren? Kann je­­mand mit der Zunge das Kinn er­reichen? Jetzt die glei­che Bewe­gung im Mund, die Zunge bleibt hinter den Zäh­nen. Der Zun­ge-Rich­tung-Nase-Druck macht ein /t/. Der Zunge-Rich­tung-Kinn-Druck führt in Rich­tung /k/. Zur Un­ter­stüt­zung drücken wir mit dem Fin­ger die Zun­ge runter, jede für sich.

Und plötz­lich sagt Ca­mille ihr erstes /k/. 

Der Moment, in dem sie ihren El­tern zum ers­ten Mal in ih­rem Leben ihren Namen feh­ler­frei sagt, mit fast vier­ein­halb Jah­ren, bringt mich fast zum Heu­len vor Freu­de. Ihr Strah­len — un­be­zahl­bar! (Die große Schwes­ter reicht diskret ein Ta­schen­tuch an.)

Jetzt bin ich sehr, sehr, sehr happy. Die klei­ne Maus übt ab und zu spie­le­risch wei­ter, wir sehen uns wei­ter­hin einmal in der Woche, nicht immer ist es der Sonntag, und üben weiter. Einen sol­chen Er­folg hatte ich seit an­dert­halb Jahren in keinem meiner Berufs­fel­der! Auch das ist ein Moment der Co­ro­na­pan­de­mie: Wir Selb­stän­digen, die wir direkt mit Men­schen arbeiten, haben weniger bis keine beruflichen Erfolgs­er­leb­nis­se.

Zum Dank hat mich Camilles große Schwester por­trai­tiert. Sonn­tags­bild!

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Illustration: S. N.-B.

Montag, 9. August 2021

COVIDiary (356)

Was Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­scher so erleben, können Sie hier mit­ver­folgen. Ich arbeite mit den Sprachen Fran­zösisch und Englisch. Wir sind im zweiten Co­ro­na­sommer. Anders als früher, als ich meistens vor Ort tätig war, ar­beite ich jetzt oft aus der Ferne. Und ich muss Im­pul­se setzen, um mir den Tag zu gestal­ten.

In Berlin fangen die Tage derzeit mit herbstkühlem Wetter an, und sie enden auch so. Morgens um acht höre ich den kleinen Grund­schüler mit der schrägen Stimme von oben, wie er seine vermut­lich noch müde Mutter die Treppe runter­palavert. Schon vor der Einschulung war er ein beson­deres Kerl­chen mit seiner Stimme, die nach rostiger Gießkanne klingt und seinem Blick, der durch und durch geht. Ich liebe den kleinen Mann, dessen Kommentare und Fragen hoch­span­nend sind. Wenn er mit seinen Mor­gen­be­trach­tungen um acht Uhr die Hausge­meinschaft unterhält, hat die Schule wieder begonnen.

Berlin ist dieses Jahr sehr früh dran. Dabei hat die zweite Sommer­hälfte doch eben erst begonnen. Ich sitze und schreibe um, übersetze, lektoriere. Ein weiterer Ur­laubs­trip fällt wohl aus. Die Inziden­zen steigen, eine vierte Welle baut sich auf. Ich organisiere daher mit Hilfe die Woh­nung so um, dass ab dem Winter ein Zim­mer vermietet werden wird, und halte ansons­ten die Kröten beisammen. Wer weiß, wann wir wieder Kon­ferenzen er­leben werden. Für den Oktober wurden soeben drei Ta­ge optioniert. Wird das klappen? Oder kommt die fünfte Absagewelle?

Wildkräutersalat, Apfel, Karotte, Banane, Zitrone, Leinöl
Powerfrühstück Smoothie

In der Zwischenzeit "kure" ich. Meine Kur geht so (und ist eigentlich gar keine):
⊗ früh aufstehen, Wechseldusche nach Bürsten­massage,
⊗ freie Schreib­zeit am Morgen,
⊗ morgens ab 10.00 Uhr: Ein Smoothie aus einem Apfel, einer Banane, einer Karotte, einer großen Hand­voll Salat, dazu Walnüsse und etwas Leinöl, Flohsamen­schalen, manchmal Hafer­flocken oder Hanf­mehl oder/und Joghurt —plus H2O,
⊗ jeden Tag aus­mis­ten. Aus meinem Haushalt wird kein Mi­ni­ma­lis­ten­pro­jekt, aber etwas lichter darf er werden,
⊗ zwei Mal die Woche: Tee aus Brennesseln (vom Biostand),
⊗ jede Woche ein Sachbuch lesen, Begriffe raus­schrei­ben und übersetzen,
⊗ in­ter­mit­tie­ren­des Fasten (derzeit 15 Stunden ohne zu essen, kann gestei­gert wer­den),
⊗ jeden zweiten Tag einen Blog­ein­trag schreiben, den anderen Tag lekto­rieren und hochladen (wenn's mehr wird, ist es auch gut),
⊗ jeden Tag mindestens drei, eher fünf bis sieben Kilo­meter zu Fuß un­ter­wegs sein
Five o'clock-tea zelebrieren, gerne mit Freunden
⊗ Mittags dominieren Kohle­hydrate, dann kurzes Mittags­schläfchen; abends leichter essen,
⊗ die Schluss­klappe des Tages zur festen Uhrzeit, ebenso den Start morgens (mit Wecker).

Vieles von dem habe ich vorher schon so gemacht, werde al­ler­dings mehr davon in meine täglichen Rou­ti­nen aufnehmen. In Zeiten, in der es kaum Termine gibt, ist eine klare Alltags­struktur für Selb­ständige wichtig. Also in Zeiten von Corona und Kli­ma­ka­tas­trophe, in der mich die Leugner genauso emotional belasten wie die Nach­richten selbst.

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Fotos:
C.E.

Sonntag, 8. August 2021

COVIDiary (355)

Was und wie Sprach­ar­bei­ter machen, ge­na­uer: Über­setzer und Dol­met­scher für Fran­zö­sisch, können Sie hier mitlesen. Die meis­ten von uns sind selb­stän­dig, sie ar­beiten selbst und stän­dig. Durch Co­ro­na ver­än­dern sich unsere Auf­gaben. Zeit für ein Sonntags­bild!

Mein Sonntagsbild ist mein Foto der Wo­che: Ca­mille (Name geändert), die auf mei­nem Schoß sitzt und gerade zeichnet. Ohne es zu bemer­ken, hat sie eben per­fekt gesagt: "Das ist ein Mäd­chen, hier ist ihr Kleid ... und jetzt kom­men noch die Stin­ke­fü­ße!"

Wenige Sekunden zuvor ...

Das war mein Moment der Woche! Ich war einfach nur glück­lich. Noch vor vier Wochen konnte sie überhaupt kein /g/ oder /k/ aussprechen. Pandemiebedingt ist das Kind noch nicht in logopädischer Behandlung. Aber ich durfte der Klei­nen, sie ist die Toch­ter von Freun­den, ein wenig weiter­helfen. Wir sehen uns einmal die Woche.

Als Prak­ti­kan­tin im Hörfunk, also ir­gend­wann im letzten Jahr­hun­dert, durfte ich einmal zusehen (und auf­neh­men und zu­sam­men­schnei­den), wie ein gehörloses Kind das Wort "Affe" aus­zu­spre­chen gelernt hat. Da­bei hat mich be­ein­druckt, dass vie­le Lau­te durch die "Wind­men­ge" am Mund, das Be­ben von Na­se oder Hals von­ein­ander un­ter­schie­den wer­den kön­nen.

Das kleine Mädchen liebt es, zu toben und zu kitzeln. Also hab ich vor Wochen ge­sagt: "Schau mal, das /g/ kitzelt Deinen Hals!" Damit hatte ich ihre Auf­merk­sam­keit. Wir haben das immer wieder mal gemacht und haben geplaudert, denn ich wollte verste­hen, ob sie nur diese beiden Buch­staben durch ein /t/ ersetzt oder ob eine tiefer­lie­gen­de Sprach­störung bei der Vier­jäh­ri­gen vorliegt. Acht Tage später höre ich ein sau­be­res "gleich". Wir haben sogleich einige Sätze mit "gleich" drin geübt; es war, oh Freude!, kein "Unfall", das /g/ blieb an Ort und Stelle. 

Beim nächsten Mal waren wir im Sand­kas­ten schon bei "gleich grabe ich ein großes Loch". Das üben wir jetzt, manchmal klappt es, dann wieder nicht, wenn sie im Stress ist zum Bei­spiel, daher machen wir etwas Gym­nas­tik vor dem Üben, um die Kon­zen­tration auf etwas anderes zu ver­lagern. Die Gym­nas­tik­übun­gen sprechen auch das Ge­hirn an (wie auf einem Bein zu stehen und bis 20 zu zählen).

Glatze, Gretel, grau, wir verlängern die Liste. Sofort vom gut­tu­ralen G zum Vokal zu springen funktioniert nicht. Wir üben den Laut isoliert und hän­gen an­de­res dran, das physio­logisch in der Nähe liegt. Für den Laut /k/ hab ich ihr aufgemalt, wo die Zunge bei /t/ ist und wo sie bei /k/ hin­soll. Vorher waren wir Hände­wa­schen, dann haben wir uns je­weils im eigenen Mund rum­ge­fin­gert und viel gelacht dabei.

Und wieder eine Wo­che später, beim entspannten Malen ...

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Foto:
C.E.

Samstag, 7. August 2021

COVIDiary (354)

Hallo! Hier bloggt ei­ne Über­set­ze­rin und Dol­met­sche­rin für die franzö­sische Spra­che. Rechts finden Sie meine Kontakt­daten, unten lesen Sie Notizen aus dem All­tag von Sprach­ar­beitern. Heute Schnapp­schüsse, die ich am Weges­rand auf­ge­le­sen habe, sowie Links der Woche. Wir sind im zweiten Corona­sommer.

Schon wieder ist eine bunte Sommer­arbeits­woche vorbei. In den letzten acht Ta­gen habe ich ...

gedacht und Gedanken sortiert zu unserer Art des Wirtschaf­tens. Die Ge­mein­wohl­öko­no­mie könnte ein Ausweg aus der Krise sein!
gedol­metscht: nichts. Sommer­pause,
(mich) gefreut: über /g/ und /k/,
gegessen: mediter­ranes Gemüse im arabi­schen Restau­rant, zusammen mit J-L aus Südfrankreich, 
gehört: Radiosendungen auf Englisch und Französisch über den Jetstream (und den Golfstrom), die im­mer öfter für im Himmel festgetackerte Wetterlagen ver­ant­wort­lich sind,
gekauft und gegessen: Wildkräutersalat, der in neun Jahren um einen Euro je 100 Gramm teurer wurde (Link zum Foto von 2012),

Baum mit Punktdekoration, Tastatur, Buntblatt, das Palme spielt, Schneeballhortensie, Brillensuchbrillenhalter etc.
Bunte Bilder einer Augustwoche

gelacht: über die Herrschaften im Bade­mantel vor dem Haupt­eingang eines Hotels bei Fehl­alarm. Möchte ich in einen Krimi einbauen,
gelaufen: 34 Stock­werke an einem Tag (Nachbar­schaftshilfe, Alt­papier, Besuche etc.)
gelesen: "Fabian" von Erich Kästner, bald sehen wir die Verfilmung von Dominik Graf; hier noch einige Ergänzungen zu oben, und mehr: GolfstromKlimafolgen,
genossen:
lange Spazier­gänge zum Nachdenken,
geplant:
meine eigenen Fortbil­dungsmodule ab dem Herbst 2021, die mich auf ein Dritt­studium vorbereiten,
geschenkt bekommen:
dunkelblaue Tassen, die zu meinen Jumbo­tassen passen (Danke, Hanne!)
geschwänzt:
Pilates im Park,
gesehen:
lauter schöne Punkte am Gropius­bau, ich warte noch auf Ticketglück für die Yayoi Kusama-Retrospektive,
getan:
Kleiderkammer ausgeräumt, geputzt, wieder eingeräumt,
getippt:
Urkun­denkram und Pres­se­heft,
getrunken:
Apfel-Rote-Beete-Saft vom Biobauern, zusam­men mit Freund und Kol­lege A. auf dem Zicken­platz­markt,
geträumt:
wie ich auf einem Kon­gress dolmetsche. Wann wird wohl das nächste Mal sein?
(mich schwer) gewundert: über einen Mann, den ich nicht verstehe.

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Fotos:
C.E.

Freitag, 6. August 2021

COVIDiary (353)

Bonjour, welcome und hallo beim ersten Blog Deutsch­lands aus dem In­neren der Dol­met­scherkabine. Wie wir arbeiten be­schreibe ich seit 2007 an dieser Stelle. Meine Branche ver­ändert sich gerade, was an Corona liegt. Aber auch die KI, die Künst­liche In­tel­li­genz, spielt eine Rolle. Die allerdings an ihre Grenzen stößt.

DeepL-Fail (4): Ein Privat­kunde bittet mich, einen kurzen Satz für seinen Ar­beit­ge­ber ins Deut­sche zu übertragen. Er arbeitet als frankophoner Mensch in Berlin in einer inter­nationalen Firma, in der Englisch die office language ist. Derzeit ist eine Urlaubs­vertretung am Platz, die alten Regeln gelten nicht un­be­dingt.

Sein Ausgangs­text: Ma femme prendra ce matin les enfants sco­lar­isés pour achat des af­faires scolaires, la petite fille restera avec moi ce qui m'oblige a faire au­jourd'hui le homme office.

Ma femme prendra ce matin les enfants scolarisés pour achat des affaires scolaires, la petite fille restera avec moi ce qui m'oblige à faire aujourd'hui le homme office. // Meine Frau wird heute Morgen mit den Kindern zur Schule fahren, um Schulsachen zu kaufen, die Kleine bleibt bei mir, was bedeutet, dass ich heute das Büro des Mannes erledigen muss.
Quelle: www.DeepL.com





 


Dass da etwas nicht stimmt, erkennt jeder Mensch sofort, der/die über etwas bes­se­re Deutsch­kennt­nisse verfügt. In der Schule gibt es keine Schul­sachen zu kaufen, das ist der erste Fehler. Auf Französisch stand dort: "nimmt heute die schul­pflich­tigen (wört­lich: ein­ge­schul­ten) Kinder für Schul­sachenkauf", was etwas knapp for­mu­liert ist, OK, Tele­gramm­stil, mehr ist aber auch nicht nötig, der Mann ist Ma­nager. 

Dass ein geschie­dener Vater sein Kind über das Wo­chen­ende "nimmt" ist ein Klas­si­ker, dass Eltern sich je Be­darf bei meh­reren Kindern aufteilen, ebenso. Das System hat bemüht auf ein Ziel gewartet, weil es so pro­gram­miert worden ist: Be­we­gun­gen von Zwei­beinern der Spe­zies Homo sapiens sapiens sind zumeist mit einem Ziel­ort verbunden. Also wurde aus ein­ge­schult bzw. schul­pflich­tig eben schnell die Schu­le zum Ziel gemacht. Der Maschine fehlt im­pli­zites Wissen. Wir Men­schen wis­sen, wo wir Schul­sachen kaufen, das bedarf kei­ner wei­te­ren Er­wäh­nung und ist auch nicht wirk­lich wich­tig.

Nun zum zweiten Fehler: "... was be­deutet, dass ich heute das Büro des Mannes er­le­di­gen muss." Nun ist bekannt, dass franko­phone Men­schen oft nicht über großartige Englisch­kennt­nisse ver­fügen. So wurde hier aus dem "Home­office", da das Fran­zö­si­sche rein­gefunkt hat, ein Büro des Mannes oder des Menschen, denn das bedeutet das fran­zö­sische Wort l'homme.

Der dritte Fehler: "Home­office" ist eigent­lich gar kein englisches Wort. Auf Eng­lisch be­deutet home office vor allem "In­nen­mi­nis­te­rium". Der Autor der Zei­len hat, da er schon seit ge­rau­mer Zeit hier lebt, diesen Feh­ler übernommen. Wäre er erst vor kurzem in Berlin ansässig, hätte er noch télé­travail ver­wen­det, wörtlich "Fern­ar­beit". Die Ma­schinen müssten also auch über sämt­liche mög­li­chen Fremd­spra­chenfehler der Zwei­beiner aus den Län­dern der Welt und ihrer diversen sozialen Gruppen "informiert" werden. Und kon­kret in un­se­rem Fall hätte die Maschine "wis­sen" müssen, wie lange der Ma­na­ger schon in Deut­schland lebt.

Die Künstliche Intelligenz (KI) stößt hier er­neut an ihre Grenzen. Der Mensch ist schlicht zu un­perfekt dafür, als dass die KI Auf­ga­ben wie Über­setzen und Dol­metschen allein überneh­men könnte. Sie ist ein Werk­zeug in den Händen von Profis — ver­gleichbar mit dem di­gi­ta­len Se­zier­messer in der Hand von Chirurgen.

Frühere Bei­träge zum Thema KI-Fails hier: "PC", "Ich weise alle Schuld von mir", "Gesetzesvorhaben".

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Illustration:
DeepL

Donnerstag, 5. August 2021

COVIDiary (352)

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre re­gel­mä­ßig Gegen­stand in Form kleiner Be­richte aus dem Alltag. Was ich bei manchen Themen liebe, in die ich mich als Dolmetscherin einarbeite, ist die Möglichkeit, praktisch einiges um­setzen. Wie zum Beispiel beim Thema pflan­zen­schut­zmit­tel­fre­ies Gärtnern.

Lob der Einfachheit: Pflanzenschutz geht im Stadt- und Balkongarten biologisch und billig. 

Brennesseljauche ...
Gelernt habe ich in Frankreich von einer af­ri­ka­ni­schen Nachbarin, deren Bal­kon­pflan­zen groß­artig wuchsen und blühten: Ich kratze das Innere von Ba­na­nen­scha­len (Bio­laden) aus, das Weiße, was ins Gelbe geht, manch­mal ist es auch schon etwas mat­schig-bräun­lich, und lege jede Wo­che (im Winter alle drei Wo­chen) davon et­was auf die Er­de, in der küh­len Ja­hres­zeit breit verteilt, damit es nicht schim­melt. Meistens neh­me ich den Er­trag von einer Banane für zwei bis drei Pflan­zen. 

Außerdem trinke ich aus gesundheitlichen Gründen regelmäßig Bren­­nesseltee. Vom beim Öko­gärtner gekauften Grün­zeug vom unge­spritzten Betrieb bleibt immer wieder mal die Hälfte übrig. 

Sofern die Nachbarin sie mir nicht abnimmt, landen die Blätter klein­ge­schnitten im Glas, dann kommt ein Ess­löffel Gesteins­mehl darüber, damit die Chose nicht so sehr nach Am­moniak stinkt, schließlich etwas alter Stoff drauf und ein Gummi­ring drum. Das Gefäß steht dann zwei Wochen lang am Kompost­haufen, ich "rühre" einmal täglich um.

... am Komposthaufen
An­schließend einen Teil Jauche auf neun bis zehn Teile Wasser, fertig ist der perfekte To­­ma­ten­dün­ger. Andere Pflanzen stärkt die Jauche auch, außerdem macht es sie Wi­der­stands­fähiger gegen Schäd­linge.

Die Düngeeffekte von Kaffeesatz haben sich inzwischen rum­ge­sprochen. Vor allem Pflan­zen, die ein saures Um­feld mögen, freuen sich über die Über­bleibsel des Kaf­fee­trin­kens. Kaffee­satz hat einen nied­rigen pH-Wert, daher eignet er sich zum Beispiel be­son­ders für Rho­do­den­dren und Hor­ten­sien, von denen wir viele im Garten haben. Wichtig ist, den Kaffee­satz vorher trocknen zu las­sen, denn er schim­melt leicht. Und immer nur einen Naturdünger aufs Mal verwenden und Pausen einlegen.

Vokabelnotizen
⊗ en­grais de peaux de ba­nanes (10 % de potassium, 2 % d'azote, 1 % de cal­cium, puis du mag­nésium, du fer et du soufre) Ba­na­nen­scha­len­dünger (10 % Kalium, 2 % Stickstoff, 1 % Kalzium, außer­dem Mag­nesium, Eisen und Schwe­fel)
⊗ marc de café (2 % d'azote, 0,4 % de phos­phore et 0,8 % d'azote, plus potas­sium) Kaffee­satz (2 % Stickstoff, 0,4 % Phosphor und 0,8 % Stick­stoff, außer­dem Kalium)
⊗ purin d'orties (13 % de po­tas­sium, 29 % de calcium, égale­ment du fer, du phos­phore, de l'azote et de l'acide silicique) Bren­nesseljauche (13 % Kalium, 29 % Kalzium, außerdem Eisen, Phosphor, Stick­stoff und Kiesel­säure)

LINK auf Französisch zu anderen Pflanzenjauchen: www.coop-nice.fr
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Fotos:
C.E.

Mittwoch, 4. August 2021

COVIDiary (351)

Bonjour und guten Tag! Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin. Was Kon­fe­renz­dol­met­scher und Über­setzer machen, und na­tür­lich auch wir Frau­en im Be­ruf, wie sie bzw. wir arbeiten, ist hier seit Mitte der Nuller Jahre re­gel­mä­ßig Gegen­stand in Form kleiner Be­richte aus dem Alltag. Der Blog wurde zum COVIDiary.

Corona hat den europäischen Flug­verkehr stark zurückgehen lassen. In Deutsch­land sind letztes Jahr ca. 31,3 Millionen Menschen geflogen, 2019 waren es noch 124,4 Millionen. Statt der ver­blei­benden 25,5 Prozent der sonst üblichen Flug­gäste er­wartet die Branche dieses Jahr maximal 45 Pro­zent.

Und weil (nicht nur) jüngere Leute wie­der mehr mit der Bahn fahren, sollen auch die vor we­ni­gen Jahren ab­ge­schaff­ten Nacht­zug­linien wie­der in Betrieb genom­men werden, ein erster Schritt zu einer wieder at­trak­ti­ve­ren Bahn.

Bunt und duftend

















Den redu­zier­ten Flugverkehr genieße ich, denn alles riecht intensiver als zu­vor: die re­gen­nasse Stadt, Blüten, was aus dem Küchen­fenster bei den Nach­barn kommt, die Backstube im Vor­bei­gehen. April 2020 fiel mir das zum ersten Mal auf. Ich weiß nicht, wer's noch bemerkt hat, aber es wirkt auf mich so, als würde vom Flug­verkehr auch eine inten­sive Luft­ver­schmut­zung mit kleinsten Par­tikeln aus­gehen, der unseren Geruchs­sinn be­hin­dert.

Meinem Vater, der Altwerden mit der Ab­nahme dieses Sinnes beschrieb und der diesen Um­stand beklagt hat, war nicht bewusst, wieso er mög­li­cher­weise in der zweiten Hälf­te seines Lebens immer schlech­ter riechen (und auch schmecken) konnte. Die tagesschau zitiert in diesem Zusam­menhang einen Finanz­berater von Air­lines: "Die Luft­fahrt ist die letzten 40 Jahre kon­ti­nu­ier­lich gew­achsen, hat etwa alle zehn Jahre den Um­satz ver­dop­pelt." (Schade, dass ich die­se Beob­ach­tung mit ihm nicht mehr tei­len kann.)

Diese Branche wird wohl weiter­hin kleiner bleiben. Ein dauer­hafter Struk­tur­wan­del läuft, Ent­las­sungen, Um­schu­lungen, es ist von "Gesund­schrumpfen" die Rede. Das ist schwie­rig, aber wohl nötig. Auch meine Bran­che betrifft es, denn mit den Flug­gast­zah­len gingen auch die Studien­reisen, Fortbildungen, Kongresse und informelle Be­geg­nungen zum Beispiel in der Po­li­tik­be­ratung stark zurück, das war jahrelang mein Arbeitsfeld. Auch wenn diese Bereiche wichtig sind und nicht ewig auf Sparflamme weiterlaufen werden, so kenne ich kenne Kol­leg*innen, die sich kri­sen­be­dingt in den Ruhe­stand ver­­ab­­schie­­det haben und aufs Land gezogen sind. Andere sind Leh­rer*in­nen ge­worden, Coa­ches, Ma­nager*innen.

Auch ich werde mich di­ver­si­fi­zie­ren, werde meine Fach­be­reiche ver­tie­fen und damit möglicherweise eine krisen­festere Ne­ben­be­schäf­ti­gung auf­bauen, denn die olle War­te­rei liegt mir nicht.

Und über die bessere Atem­luft freuen sich alle, sofern die Bahn die Kurve kriegt.

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Collage: C.E.

Dienstag, 3. August 2021

COVIDiary (350)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten einer Sprachar­bei­te­rin. Wir Über­setzerinnen, Über­set­zer, Dol­metscherinnen und Dolmetscher arbeiten seit Beginn der Pan­demie über­wie­gend zu Hause im eigenen Arbeits­zimmer. Dabei arbeiten wir nicht nur zu fest­ge­leg­ten Arbeitszeiten. Rund um die Uhr sam­meln wir Wörter, aktuell be­son­ders auch die Coronawörter.

Brille mit großen Gläsern im Abendlicht
Brille im Lampionlicht

Ein Freund hat sich eine neue Brille machen lassen. Bevor der Abendregen uns von der Res­tau­rant­ter­ras­se ver­treibt, hat diese Blick auf einen Sei­ten­arm der Spree.
Die Bril­len­far­be kommt ziem­lich nah ans berühmte Yves Klein-Blau heran, was das Foto in der abend­li­chen Lichtstim­mung nicht zeigt. Au­ßer­dem ist sie recht groß, so groß, wie sie heute die Youngs­ters tragen.

Fast entschuldigend sagt der Mann, der dieser Alter­sgruppe seit einiger Zeit nicht mehr ange­hört: "Normalerweise hätte ich die Gläser kleiner gewählt."

Und er ergänzt: "Aber bei der Arbeit sitzen wir die ganze Zeit mit Mundschutz im Groß­raum­büro. Da geht das nicht, die Gläser wären ständig beschlagen. Das ist meine Coronabrille." (Ce sont mes lunettes Covid.)

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Foto: C.E.

Sonntag, 1. August 2021

COVIDiary (349)

Ein­blicke in das Le­ben einer Sprach­ar­bei­terin können Sie hier ­ erhalten. Ich bin Dol­met­scherin für die fran­zö­sische Sprache, und ich übersetze auch aus dem En­gli­schen. Am siebenten Tag der Woche poste ich private Sonn­tagsbilder.

Ein nass­kalter August wird vorher­gesagt, daher findet das erste August­wo­chen­ende über­wie­gend draußen statt: Touristen spielen in einer der Heimat­städte. Berlin kenne ich seit 1987 gut, ich darf die Stadt als Hei­mat ver­bu­chen.

Wolken, alte une neue Bäume, Himmel und Hölle (Hüpfekästchchen), Pflanzen, Partyluftballon, Fotografierende, ein Paar an der Spree am Humboldt Forum (Preußenschloss) ... ...
Berliner Mix

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Fotos:
C.E.