Sonntag, 20. Juli 2014

Gedenktag und aktuelle Gefahren

Bon­jour und re-bonjour, falls Sie hier heute schon etwas ge­le­sen haben. Trotz des heißen Wet­ters denke ich mal wieder über Ge­schich­te nach. Sonn­tags­pos­ting, 2. Teil.

Der 20. Juli ist in Deutsch­land ein Geden­ktag an die Nazi­zeit. Heute vor 70 Jahren haben einige Mili­tär­an­ge­hörige versucht, Adolf Hitler im so­ge­nann­ten Füh­rer­haupt­quar­tier "Wolfs­schanze" mit einer Bombe aus­zu­schal­ten. Das Vor­haben um Oberst Claus Schenk Graf von Stauf­fenberg scheitert, weil er nur einen Teil der Spreng­ladung instal­lieren konnte.

Dieser Tag gilt als der bedeu­tendste Umsturz­ver­such des Wider­standes gegen die Nazi­herr­schaft. Vor vie­len Jah­ren haben wir den Ort in Masuren en famille be­sich­tigt.
Gedenkstein an der Wolfsschanze

Der Ort wirkt bis heute sehr be­drückend.

Seit Mai 2013 läuft endlich der Prozess gegen Mit­glieder und Unter­stützer des National­so­zia­lis­ti­schen Unter­grunds (NSU), Neo­na­zis, die sich um ein Ju­gend­zentrum her­um ge­trof­fen haben und sich mut­maß­lich auch in diesem Um­feld ra­di­ka­li­siert ha­ben.

Es ist noch immer nicht geklärt, wie viele Menschen von der rechts­ex­tre­men Ter­ror­gruppe wussten und sie ideo­lo­gisch be­glei­tet haben. In den heu­tigen Zeiten wird zu viel im Bereich der Jugend­arbeit gekürzt und zu wenig Auf­klä­rung in Sachen deut­scher Ge­schichte betrie­ben.

Für eine franzö­sische Jour­na­lis­tin bereite ich einen Presse­termin vor, die zu Aus­stiegs­program­men von Neo­nazis und ihre re­cher­chiert, Jugend­liche im Netz zu ködern. Am 12. August 2014 um 11:30 Uhr gibt es in den Räumen der Stif­tung Neue Sy­na­goge Berlin genau dazu ein Gespräch. Denn die Rechts­ex­tre­mis­ten manipu­lieren die Jugend­lichen, flößen ihnen Frem­den­hass ein, rufen subtil zu Gewalt auf (oder be­reiten das vor).

Aus der Pres­se­ein­ladung: "Über aktu­elle Ent­wick­lun­gen in­formi­ert der Bericht Rechts­ex­tr­emi­smus on­line von jugen­dschutz.net, der am 12. August in Berlin vorge­stellt wird. Die Erkenntnisse der länder­über­grei­fenden Stelle für Jugend­schutz im Internet wer­den ergänzt durch Erfahrungen der Online-Bera­tung gegen Rechts­ext­re­mismus des Vereins „Gegen Ver­gessen — Für Demo­kratie e.V.“, die aus ihrer Be­ratungs­praxis berichtet." LINK: Bundeszentrale für politische Bildung (Berlin).

Viele Par­tei­en sehen die Gefah­ren noch nicht. Und es gibt nicht nur junge Leute, die den Rat­ten­fängern folgen. Der Osten Deutsch­lands ent­völ­kert sich zu­se­hends. Die ver­blei­ben­den Men­schen sind oft älter oder haben keine große schu­lische und/oder be­ruf­li­che Spezia­li­sie­rung. Die Ra­di­ka­li­sie­rung von Men­schen, die sich zurück­ge­setzt fühlen, ist of­fenbar für man­che ein leichtes Spiel. Ost­deutsch­land wählt anders als der Wes­ten, vor allem rechtsex­tremer.

Mir kommt das im­mer vor wie Selbst­mord aus Angst vor dem Tod. Es sind inzwi­schen nicht mehr die Skin­heads von einst, die nach den großen Aufräumern rufen, obwohl wir aus der Geschichte wissen, dass gerade solche extre­mis­tischen, völ­ki­schen Grup­pie­rungen am Ende die Lage der Ärmsten ver­schlech­tern, um es vor­sich­tig auszu­drücken. In an­deren Wor­ten: Aus Angst vor sozia­lem Ab­stieg die Rechts­extremen zu wählen, ist so, als ob man sein Geld verbren­nen würde, damit es nie­mand stehlen kann.

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Fo­to: Bruns­wyk / Crea­tive com­mons
CC BY-SA 3.0 de

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