Dienstag, 1. Juli 2014

Vom Faden auf die Nadel

Willkom­men! Schön, dass Sie auf meinen Blogsei­­ten ge­­lan­­det sind. Re­gel­mä­ßig schrei­be ich hier über meine Arbeit als Dol­­met­­scher­in/Über­­setzerin für die fran­­si­sche Sprache. Heute nehme ich eine Redensart unter die Lupe.
 
Blaue Flaschen, Pflanzen und Nähzeug in einer "Etagere" (so nennen das die Deutschen)
Nähzeug, derzeit auf der Küchenfensterbank
Löcher in Wolljacken zu stopfen gehört sicher nicht zu den Kernkompetenzen ei­ner Dolmetscherin. Das Stechen von Gür­tel­löchern mit einer Lederlochzange auch nicht. Aber in diesem Metier ist es gut, eine rundum gebildete Persönlichkeit zu sein. Denn dadurch lernt unsereiner so manchen Ausdruck schneller.

Zum Beispiel, wie die Franzosen be­schrei­ben, wenn jemand "vom Hölz­chen aufs Stöck­chen" kommt. So führte eins zum an­de­ren, und ich darf diese Woche das zwei­te Foto aus meiner Küche prä­sen­tie­ren: Voilà! Die Franzosen kom­men näm­lich in solchen Situationen vom Faden auf die Na­del, de fil en aiguille.

Der Begriff ist seit dem 18. Jahrhundert weit verbreitet und geht auf einen Roman aus dem Jahr 1280 zurück. Dabei sei die Redensart mit dem Wort fil gar nicht vom Faden, sondern von seiner Bedeutung als Rinnsal oder Wasserlauf abgeleitet (un fil d'eau). Ein The­ma er­gibt sich hier aus dem nächsten, das ist wie ein lan­ger, ste­ter Strom vor sich hin plät­schern­den Wassers, und zwangsläufig führt ein Faden dann auch zur Nadel — hier finden wir einen Gedankensprung, auch wenn er nur klein ist.

Die Autoren der von mir hier wiederholt empfohlenen Seite Expressio nennen als deutsche Entsprechung übrigens "von Hötzchen zu Klötzchen". Kennt das jemand? Für mich klingt das irgendwie nach Westfalen. Möglicherweise ist es eine eher re­gi­o­na­le Entsprechung.

So, dann wende ich mich mal weiter den Themen Stadtenwicklung und Woh­nungs­wirt­schaft zu.

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Foto: C.E. (mit Nadelbuch von einem mir
bekannten Schüler, damals in der 4. Klasse)

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