Mittwoch, 9. Juli 2014

Gewitter zum Quadrat

Bon­jour und Hal­lo auf den Seiten des ersten Weblogs aus dem Inneren der Dol­metschkabine. An Tagen außerhalb dieses kleiderschrankgroßen Trumms arbeite ich als Übersetzerin aus dem Französischen und Englischen.

Blick in ein kleines Schlauchbad mit Wanne
Mein Badezimmer
Draußen echtes Gewitter aus Blitz, Don­ner und Regen, drinnen Kopfgewitter und das Warten auf den Geistesblitz. Ich bin ja mal froh, dass wir nicht die angekündigten 35° C. haben, denn ich brüte auch ohne Som­mer­wet­ter. Paradoxerweise muss ich mir weiterhin kalte Tage vorstellen, denn ich schreibe für einen Kaufmann Web­seite und Katalog um, mit denen be­son­de­re Dinge zu Weihnachten an die wer­te Kund­schaft gebracht werden sollen. Das ist als Situation schon speziell genug.
Übersetzung ist dabei das, was ich mache, eher nicht. Der Text, der mir vorliegt, wurde bereits übersetzt, aber von einem Menschen, der seit 20 bis 30 Jahren im Ausland lebt.

Das Deutsch, das er oder sie spricht, ist höchst klassisch, klingt aber verstaubt, außerdem hat die übersetzende Person sklavisch den stellenweise auch auf Fran­zö­sisch ungelenken Stil zu imitieren versucht, zudem Satzbau und Grammatik des Originals gespiegelt.

Yucca und aufblasbare Fernsehtürme aus Shanghai auf dem Fensterabsatz. Unter dem Absatz mit Schräge befindet sich übrigens die Speisekammer.
Palme und Fernsehtürme
Au weia. Nicht die historisch-kri­ti­sche Über­tra­gung eines dichterischen Werks ist gefragt, sondern Wirkung und Ergebnisse. Der Text muss am Ende so klingen, als sei er auf Deutsch verfasst worden.

Es gewittert weiter, ich laufe durchs Haus und ziehe die Stecker aus den Dosen.
Während ich kurz an die armen Menschen auf dem Wochenmarkt vor unserem Haus denke, ruft mich eine Freundin an. Sie kommt im Sommer mit zwei Kindern, Ke­gel und Liebstem nach Berlin. Sie hat im Internet eine Ferienwohnung in unserer Nachbarschaft entdeckt. Da sie die Gäste aus Paris kommen, waren sie froh, eine An­zei­ge auf Französisch zu finden.

Bei einigen Teilen der Beschreibung musste sie allerdings heftig rätseln. Machine Translation mit wirklich schlechtem Ausgang ist das: C'est 100 MQ, 2 chambres à coucher, 1 cuisine avec système d'Induction, les micro-ondes, les mauvais 1 avec baignoire ... was auf Deutsch so viel ergibt wie: "Das ist 100 qm, 2 Schlafzimmer, 1 Küche mit Induktionssystem, den Mikrowellenstrahlen, die Schlecht 1 mit Ba­de­wan­ne ..."

Einweckgläser mit Sand fürs Peeling, Meersalz, Glyzerinseifen und Badespielzeug (des weltbesten Patensohns)
Vorratsgläser und Schleichwerbung (sorry!)
Die Lösung: Das BAD hat eine Wanne. Bad (engl.) → mau­vais → schlecht. Eigentlich gar nicht schlecht! Das ist pri­ma An­ti-Wer­bung gegen
1. Auftragsvergabe an eine anonyme |Agentur| Über­setz­ungs­mak­ler­fir­ma
2. Auftragsvergabe an ir­gend­je­man­den aus dem Umfeld, weil er/sie die Sprache "ganz gut kann"
3. Automatische Übersetzung.

Um Kollegen zu zitieren: If you think it's expensive to hire a professional to do the job, wait until you hire an amateur.

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Foto: C.E. (Archiv)

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