Mein Lieblingssalat vom Maybachufermarkt |
Die Sache geschieht als Protest gegen Krieg und Sparpolitik, oder aber aus Spaß. Die Sache ist ein Hype, seit es Internet gibt. Eine innere Stimme meldet Protest an. Denke an 1968! OK, übergeredet, wie der weltbeste Patensohn früher gesagt hat, früher hieß sowas sit in oder teach in und der Spaßfaktor war damals auch wichtig. Aber ein spontanes Dinner in Weiß, wie ich es vor Jahren in Paris erlebt habe, ging doch irgendwie nicht vor Zeiten des World Wide Web, oder? Sicher nicht in dem Ausmaß.
Lauter weiß gekleidete Menschen treffen sich spontan mit Tisch, Stuhl, Verzehrbarem und nicht nur Weißwein, Tischdecke und, warum nicht, der weißen Stoffserviette. Die Szene findet zunächst in Paris statt. Die Idee ist ähnlich wie die Fête de la musique ein französischer Exportschlager, inzwischen wird ihr aux quatre coins du monde gehuldigt, in allen Ecken der Welt: 2013 wurde in 40 Städten an prominenten Orten stilvoll gespeist und der Sommer (oder der warme Herbstabend) gefeiert. Livemusik, Serviettenschwenken und Wunderkerzen (cierges scintillants) scheinen auch Pflichtteil des Programms zu sein.
Die spontane Besinnung auf Stil und Tradition ist perfekt vernetzt und wird von Profis logistisch koordiniert, was ich diesem Film entnommen habe. Auf das Berliner Event wird von offizieller Seite nicht hingewiesen.
Das diner en blanc, fand vor einigen Wochen bereits zum 3. Mal in Berlin statt. Der Film stammt von der hiesigen Premiere des Events. Ich habe es leider verpasst, bin dafür wohl noch nicht in den richtigen Kreisen. Stattdessen wurde ich zu einem Themenessen eingeladen: "Der bunte Festtagsbraten". Es gab Kaviar, dann eine Spinatcremesuppe, gefolgt von zartem weißem Königslachs mit goldgelb gesottenen Teltower Rübchen, rote Beete sowie blauen Kartoffeln aus Frankreich, auch Trüffelkartoffeln genannt. Der Zwischengang bestand aus Wildkräutersalat mit essbaren Blüten, dann folgte irgendein totes Tier mit Buttermöhrchen und grünen Bohnen. Zum Dessert gab es Heidelbeeren und belgisches Bitterschokoladesorbet (also ohne Sahne).
So bunt und vielfältig wie das Essen waren die Gäste. Die Sache war allerdings kein Flashmob, sondern folgte dem Prinzip: Kein Beruf und keine Nationalität durfte zwei Mal vertreten sein. Das ging übrigens gründlich schief, denn der Gastgeber, ein Dolmetschkunde, den ich vor einiger Zeit verheiraten geholfen hatte, war der festen Überzeugung, dass ich Französin sei. Fotos gibt's keine vom Abend. Es war Prominenz zugegen, Knipserei war nicht erwünscht.
Der Fehler auf der Gästeliste, der ich meine Anwesenheit verdankte, wäre mit etwas Internetrecherche vermeidbar gewesen. Ohne Internet auch kein weißes Diner, war ich überzeugt. Aber ach, mein Gedanke stimmt nicht: Das diner en blanc feierte in Paris letztes Jahr sein 25. Jubliäum.
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Film: YouTube, Foto: C.E.
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