Montag, 29. Dezember 2014

Winterbüro

Hallo, hier schreibt eine Dolmetscherin und Übersetzerin. Das Büro ist besetzt, allerdings geht der Blog bis zum 7.1. in die Winterpause.

Happy winter days and a good "slide into the new year"! (Which is the litterally translation of a german saying, 'guten Rutsch ins neue Jahr!')


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Foto: C.E. (Hier das Motiv vom letzten Jahr.)

Sonntag, 21. Dezember 2014

Handarbeit

Hallo, hello, bon­jour, beim ersten Blog Deutsch­lands aus dem In­ne­ren der Dol­met­scher­ka­bine. Hier berichte ich regelmäßig über meinen Alltag auch als Über­setz­er­in. Gerade ist es ruhig, in der Woche vom 29.12. arbeite ich, ebenso in der ersten Januarwoche. (Ich habe schon im Oktober zwei Wochen pausiert und breche nach der Berlinale wieder auf.)

Ruhige Stunden mit abendlichem Kerzenlicht. Dazu passen Bastelarbeiten: Eis­kristalle und Sterne. Mein Sonn­tags­fo­to! Zu Jahresende wünsche ich allen Le­ser­in­nen und Lesern beschauliche, gesunde und frohe Tage.



Hier gibt's dazu die Bastelanleitung.
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Foto: C.E.

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Mechanik

Herz­lich Will­kom­men auf den Blog­sei­ten einer Sprach­ar­beiterin. Hier den­ke ich über den All­tag der Welt der Kon­fe­renz­dol­metscher und Über­setzer nach. Hier erfahren Sie, was Muskeln mit deutscher TV-Unterhaltung, Ketten und Fähr­män­nern zu tun hat. Zwischen den Weihnachten und Sylvester ist meine Über­set­zer­werk­statt übrigens geöffnet.

In zehn Jahren haben die Maschinen alle Übersetzer und Dolmetscher abgeschafft! Wetten, dass... ?

Kamm (Reet) zum Anschlagen per Griff
Ach nee, "Wetten, dass" gibt's ja nicht mehr. Gut, zweiter Versuch: Wenn das all­ge­mei­ne Bildungsniveau und die Ein­kom­men rapide sinken, damit auch das Wa­ren­an­ge­bot, alles wird einfach, stam­meln am En­de die Menschen nur noch Sätze, die eine Ma­schi­ne in zehn Jahren pro­blem­los über­trägt. Macht auch kein' Spaß, so eine Dystopie, in diesen schö­nen, festlichen Tagen!

Noch ein Anlauf: Sprache ist so vielfältig und hängt immer vom Hintergrundwissen, von Moden in gesellschaftlichen Kreisen, Literatur und Medien- oder Werbezitaten ab, dass sich oft die Geschlechter untereinander oder die Mitglieder ein- und der­sel­ben Familie kaum noch zweifelsfrei verständigen können.

Garnspulen
Wissen Sie, wovon ich spreche? Ergänzen Sie: Geiz ist ... Ihre Großeltern und ihre Urenkel werden den Satz nicht in der glei­chen Weise beenden, wie Sie das gerade gemacht haben. Und 95 % der Urenkel jener, die diese Zeilen lesen, werden von der abgesetzten ZDF-Sendung auch nichts mehr wissen.

Was hat das mit Dolmetschen und Über­setzen zu tun? Weil das alles jeweils in Texten mitschwingt und irgendwie trans­feriert werden muss. Also in allen Texten jedenfalls, die mehr aussagen als
Ankomme Montag 18 Uhr Hauptbahnhof.

Wenn Sie älter als 25 sind, können Sie das gerade noch zuordnen. Der "Te­le­gramm­stil" als Begriff sagt aber schon Kids des Jahres 2014 nichts mehr.

Heutige Maschinen sind bereits von zeitgenössischen Texten überfordert. Hier ein zufällig ausgewähltes Bespiel:
Proust Geschichte über ein junges Mädchen, das nach einem Sturz in der Lie­be, wacht zehn Jahre später, wenn Mutter und Kind und ist in den Pro­zess der Scheidung. Sie können XXXX durch Kabelfernsehen oder in den Deutsch / Schweizer (Switzerland) Kinos mit ursprünglichem Audio online gucken, in Französisch, in mit Untertiteln versehenem und in betitelt in Deutschen zu den verschiedenen Zeiten.
Es handelt ich um einen Spielfilm aus dem 21. Jahrhundert, der mit Marcel P. gar nichts zu tun hat. Und wen ich mit Marcel meine, verstehen Sie nur, wenn Sie sich ein wenig in Literatur auskennen. Ansonsten steht's ja auch oben. Un marcel ist auf Französisch, wie es in Familien gesprochen wird, übrigens eine spezielle Un­ter­hemd-Form. Die Amis nennen es muscle shirt, also ärmelfrei, damit die Mus­keln schön zu sehen sind. Die Kreise, in denen das erfunden wurde, waren garantiert nicht auf der Su­che nach verlorenen Zeiten.

Kette und Schuss
Texte sind Gewebe. Kul­tur­pro­duk­te, künstlerische Ela­bo­ra­te usw. gehören den Re­zi­pien­ten, die sie sich an­eig­nen, soviel zur Theorie.

Praktisch bedeutet das, dass jene, die den Fährmann ma­chen (oder die Fährfrau), die also über-setzen, viel kul­tu­rel­les Gepäck mit sich her­um­schlep­pen dürfen (und es wird immer mehr).

Und die Entwicklung einer perfekten Dolmetschmaschine würde vermutlich 5.000 Mannjahre kosten, inklusive Programmierung der unterschiedlichen Fachsprachen, Soziolekte und Berufsjargons. Und in der Testphase, bei der sich herausstellt, dass der Output nur mit großer Verzögerung bei den Hörern ankommt, wären die Pro­zes­so­ren nach zwei Stunden verschmort.

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Fotos: C.E.

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Übersicht 2014

Welcome, bienvenue, hier bloggt eine Dolmetscherin und Übersetzerin über ihren Berufsalltag. Meine Sprachen sind Französisch (als Ausgangs- und Zielsprache) und Englisch (Ausgangssprache).

Planung ist das A und O, Sauerstoff auch
Hier können Sie heute wieder einmal einen Blick auf den Schreibtisch erhaschen.

Unten habe ich die Dos­siers auf­ge­führt, die mich in den letzten Monaten be­schäf­ti­gt haben. Ich sortiere gerade die letzten Vokabellisten, Hin­ter­grund­texte und Kon­gress­ma­te­ria­lien ein und freue mich an der gro­ßen Viel­falt der Projekte.

— Allgemeine Politik, Wirtschafts- und Finanzkrise, Steuergerechtigkeit
— EU-Wahlkampf und -Politik
— Logistik/Transportwesen: Gütertransport via Bahn und Schiff, Multimodalität
— Internetwirtschaft, Urheberrecht
— Französisches Kino und Filmwirtschaft: das Problem der mittelgroßen Filme
— Gesundheits- und Krankenhausmanagement
— Architektur/Urbanismus: sozialer Wohnungsbau, Altbausanierung, Bauökologie
— Architektur/Energie: Wärmedämmung, Energiewende, neue Energiequellen 
— Berufsausbildung und Integration von Schulabbrechern in die Arbeitswelt
— Nachhaltiges Design, u.a. im Rahmen von Produkttests
— Kundenberatung: Verkäuferschulung
— Personalauswahl
— Papiergroßhandel (Internetshop)
— Firmengründung in Deutschland aus französischer Perspektive
— Pressemeldungen zu TV-Ausstrahlungen, Filmstarts sowie Pressehefte
— Aktuelle Situation Afrikas: Kongo, Tunesien, Westafrika
— Vernachlässigte Tropenkrankheiten, insbesondere Ebola
— Asylpolitik und Zuwanderung
— Deutsche Geschichte, in Sonderheit 25 Jahre Mauerfall

Diese Themen beschäftig(t)en mich im Hinblick auf Konferenzen und Seminare, Dreharbeiten, Drehbuchübersetzungen, interne Beratungen der Politik, diverse Bildungsangebote sowie im Rahmen unternehmerischer Tätigkeit Dritter.

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Foto: C.E. (Archiv)

Dienstag, 16. Dezember 2014

Oolong

Bienvenue und herzlich willkommen beim ersten Weblog Deutschlands aus dem Inneren der Dolmetscherkabine! Hier schreibt eine Übersetzerin und Dol­met­scher­in, deren zweite Hauptarbeitssprache Französisch ist.

Anrufbeantworter kommen heute fast nur noch in Filmen vor. Wir erfahren über die Ton­spur et­was über die privaten Verhältnisse einer Hauptfigur, während die Kamera wie eine Droh­ne in langsamen Bewegungen das Interieur überfliegt. Oder es findet sich der zentrale Hinweis auf den Mörder in dieser zur Abhörzentrale um­funk­ti­o­nier­ten Holzwerkstatt, in der die Glut des Kaminfeuers noch von einem in­zwi­schen abwesenden Gast kündet und wo ein alter, verdreckter, riesengroßer An­ruf­be­ant­wor­ter den Kontrast zwischen High-Tech-Ambiente und Holzwerkzeugen ironisch zu kommentieren scheint.

Der dritte Gedanke war richtig
Neuerdings gibt es Anrufer im Computer. Auch sie helfen uns, Din­ge zu erfahren, aber die Sache ist doch ver­track­ter. Ein Beispiel.
Gerade hatte ich eine kurze Mail im elek­tro­ni­schen Post­fach, in der im Grun­de nur Name und Ar­beit­ge­ber des Absenders zu lesen wa­ren, ein Sender, sowie eine Stan­dard­zei­le über einen ver­geb­lich erfolgten An­ruf­ver­such.

Dann gab es noch eine gesprochene Wortnachricht in der Mail: Eine Tonspur, die ich anklicken durfte, informierte mich über den Anlass der Mail.

Und hier erfuhr ich also, dass es Aufzeichnungen einer Rede oder ein Interview mit "Oolong" geben würde, ich möchte bitteschön in den Sender kommmen, abhören und übersetzen. Ich bin ein wenig irritiert. Seit wann kann Oolong-Tee sprechen? Oder vielleicht ist das das Thema ... aber ich spreche doch gar kein Chinesisch!

Ich höre weiter. Einige Sätze später sagt der Sprecher dann "Olann". Ich kenne ei­nen Berg, der so heißt, l'Olan, er liegt in den Hochalpen, kann aber auch nicht ge­meint sein.

Welcher Sender ruft nochmal an? Ich höre auf Untertöne in der deutschen Aus­spra­che. Der Sprecher ist in den 50-ern und klingt noch ganz fein und nur für Ken­ner­oh­ren erkennbar nach Ost-Berlin. Ach, Hollande ist gemeint!

Soviel zum Thema Kontext. Hätte ich die Mailkennung aufmerksamer gelesen, wä­re mir aufgefallen, dass es um eine Politikredaktion geht. Hätte ein Hinweis auf die Eröffnung eines Pariser Museums im Text gestanden, ich hätte mir infolge der Zei­tungs­lek­tü­re meinen Teil schon zusammengereimt. Die Webseite des Elysée-Palasts lie­fert zur Vorbereitung die Rede in Text- und Filmform: Die Franzosen ha­ben seit sieben Jahren ein Nationalmuseum zur Geschichte der Einwanderung, das allerdings erst jetzt offiziell eröffnet wurde.


EDIT: Besser François Olong als Françoise Hollande. Alles regelmäßig bei Öf­fent­lich-Rechtlichens gehört. Wird eigentlich die Aussprachedatenbank nicht weiter gepflegt?
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Foto: C.E.

Montag, 15. Dezember 2014

Jahresendjobs

Willkommen, bienvenue & hello beim ersten deutschen Weblog aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Überall bricht langsam eine bräsige Ruhe aus, die Wochen andauern wird. Überall? In einem kleinen Büro in Berlin ist das nicht so.

Die Textweberei ist noch in vollem Gange. Und vermutlich werde ich zwischen den Jahren, wenn mein Blog in die Winterpause geht, weiter übersetzen.

Eine spannende Anfrage hatte mich für die letzten Tage ereilt, Wochenendzuschlag inklusive: Ich durfte eine längere Reportage aus einer Zwischensprache in gutes Deutsch bringen. Das Originalbuch war auf Englisch geschrieben worden, die Erst­über­setzerin ist eine Deutsche, die schon lange in den USA lebt. Entsprechend bi­zarr hat an manchen Stellen die erste Fassung angemutet. Perfektes Denglish war das. Es ging nicht selten mit Verarmung der Sprache einher, denn nicht alles, was an Ideen hinter einem bestimmten Begriff stand, kam in der Zielsprache auch nur halbwegs an.

Beispiel für das Sprachdilemma: die Vokabel "der Job". Hierzulande wird der Be­griff immer häufiger dann verwendet, wenn jemandem das Wort "Beruf" zu alt­backen vorkommt. Aber sind die Wörter wirklich Synonyme? Schnitt: Wir sitzen auf dem Spielplatz im Herzen New Yorks, eine Freundin und ich, Spielplätze gibt's hier nicht so viele, entsprechend groß ist das Gedränge. Der Filius "meiner" New Yor­ke­rin hat sich gerade mit einem Kind um Sandkastenfläche und Schippe ge­strit­ten.

Am Ende weinen beide. Der eine Mini, unsere Seite, lässt sich gerade noch fer­tig­trösten, die Gegenseite ist schon wieder im Sand. Schaut rüber. Hier gibt es Kekse. Meine Freundin schickt ihren kleinen Rabauken los, einen Versöhnungskeks an­zu­bie­ten. Was dieser tut. Gebäck wird angenommen, friedliches Weiterspiel deutet sich an. Good job ruft meine Amerikanerin ihrem Sohn zu, "gut gemacht".

Abbildung métier à tisser — Webstuhl
Aus dem Sachs-Villatte
Job steht hier also indirekt für "Auf­trag". Und einen solchen hat­te ich am Wochenende auf dem Tisch: Hereingeflattert kamen ein grauenvoller Re­por­ta­ge­text und eine Film­fas­sung, die lieb­los run­ter­ge­kur­belt gewirkt hat wie ir­gend­was zwischen Tou­ris­mus­bü­ro und Prak­ti­kan­ten­pro­dukt. Dafür war das ent­le­gen­e Reiseziel wirk­lich richtig spannend.

Rückblende: Vor etwas mehr als zwölf Monaten, das Jahr 2013 neigte sich deulich dem Ende zu, wird irgendwo bei einem ausländischen Sender noch Geld vorhanden gewesen sein. Kinners, das müssen wir noch schnell ausgeben, sonst ist es futsch!, oder etwas in der Preislage wird daraufhin gesagt worden sein. (Kameralistik gibt's nicht nur hierzulande.) Ende 2014 fiel ein solcher Satz dann in einer deut­schen Re­dak­tion, denn Kameralistik bedeutet ja auch immer: Was bis zum Jahresende nicht ausgegeben worden ist, verfällt. Die Vergabe an die Übersetzer, die Regisseure und die Sprecher ging jedenfalls zu guten Sätzen und ohne große Verhandlungen im Rekordtempo vonstatten.

Totale, Halbnahe, Detailaufnahme, Blende, Totale, Schwenk, Halbnahe, Schnitt, der Film folgt einem eintönigen Strickmuster, der Text scheint im Nachhinein und eher zufällig hinzugekommen zu sein. Wackelt irgendwo ein Übergang, wird ge­blen­det, fehlt jeglicher Zusammenhang, folgt eine Schwarzblende.

Wir nehmen das Material und ribbeln auf: Ich den Inhalt, der Regisseur die Form, dann wird neu gewoben: Der Synchronregisseur wird beim Neuweben die Wörter großzügiger auf die stummen Passagen verteilen und die eine oder andere Syn­chro­ni­zi­tät zwischen Bild und Text einbauen, die wir ja in Deutschland so sehr lieben.

Hier bedeutet übersetzen also, schnell den Inhalt wiederzugeben, Fakten zu über­prü­fen, Fundstellen zu verlinken und Vorschläge zu machen, was an welcher Stelle noch reinkönnte.

Zum Glück ist die Arbeit mit diesem Filmstoff nur ein "Job", schnelle Ausübung des Handwerks. Als Beruf möchte ich sowas nicht immer machen müssen. Mein Buch­sta­ben­han­del ist sonst anspruchsvoller. Trotzdem nehme ich gerne solche Jah­res­end­jobs an. Mal sehen, was die Woche noch bringen wird.


EDIT: Gewoben wird auch hier: klick!
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Foto: C.E.

Sonntag, 14. Dezember 2014

Gruß vom Weihnachtsmarkt

Hallo und will­kom­men auf dem 1. Weblog Deutsch­lands aus dem Inneren der Dol­met­scher­ka­bine. Hier berichte ich über meinen sprachbetonten Alltag. Sonntags werde ich privat.

Was sehe ich beim Wochenendbummel? Erst halte ich es für bewusst falsch ge­schrie­ben, um Kundschaft anzulocken. (Ich gebe zu, auf eine solche Idee kann nur ein Spracharbeiter /eine Spracharbeiterin kommen.)  Die einzelne 'Wallnuss' beschrieb ich hier bereits im Singular.

WALLNÜßE, liest sich fast wie WALLNÜBE
NÜBE IN WALLUNG

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Foto: C.E.

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Im Maschinenraum

Bonjour, bienvenue, welcome ...! Was mich als Dolmetscherin und Übersetzerin so umtreibt, können Sie hier regelmäßig verfolgen.

Eine Bekannte von mir hat neulich ihren Aktenschrank ausgemistet. Ganz zuunterst entdeckte sie einen Ordner, auf dem stand in Großbuchstaben das Wort "IN­TER­NET". Und ein Freund hatte unlängst auf die Frage, wann wir denn losgehen woll­ten, den Scherz parat: "Gleich, ich muss nur noch rasch das Internet fertiglesen."

Eindeutige Objektnamen sind immer wichtig
Kleine Stories über das anfängliche Frem­deln mit dem inzwischen nicht mehr neu­en Medium sind das. Wer in die Arbeit als Dolmetscher und Übersetzer parallel zum entstehenden Netz hineingewachsen ist, erinnert sich noch an Zeiten mit sich nur langsam auf­bau­en­den Internetseiten (oder an die ersten elektronischen Schreib­ge­rä­te mit Speichermedien, von Computer möchte ich da nicht sprechen, mein erstes Teil hatte ich mit 16).

Meine Kenntnisse und die meiner engsten Kol­le­gin­nen scheinen sich analog zum Entstehen der digitalen Welt entwickelt zu haben. Ich kann blog­gen, Webseiten bauen, Fotoshop und Ton­schnitt­­pro­gram­me bedienen.

Ein alter Freund bastelt sich und uns gerade einen Online-Verlag; wir alle können Router einrichten, kleinere Fehler erkennen und beheben, und unser Bewusstsein über die Risiken im Bereich Datensicherheit oder Manipulation der Inhalte ist groß.

Ich lebe täglich mit dem Medium, weil es mir als Dolmetscherin und Übersetzerin jeden Tag aufs Neue hilft. Ich füttere es auch fast täglich, damit es später anderen weiterhelfen kann. Demnächst brauche ich für die Restaurierung eines Möbels ein Dingsbums, den Namen des Bauteils kenne ich in allen drei Sprachen nicht, aber ich weiß, wie ich mit Kontext- und Bildersuche nachher exakt das richtige be­stel­len werde.

Meine Recherchefähigkeiten sind berüchtigt. Oft darf ich für nicht so netz­ver­sier­te Freunde Informationen suchen, einfach, weil ich die Suchalgorithmen und die Va­ri­a­ti­o­nen so verinnerlicht habe, dass sie mir gar nicht mehr auffallen. Sie be­rich­ten etwas am Telefon, ich tippe drei, vier Worte, klicke einige Male und kann das Ge­such­te fertigerzählen und dann den ent­spre­chen­den Link mailen.

Lange Vorrede, sicher. Aber Gelegenheiten wie diese sind selten. Mich erfüllt tiefe Dankbarkeit.

Zum Kämmen von Baumwolle
Und mich erfüllt das kalte Grau­sen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es Kolleginnen und Kollegen geben soll, die nicht so arbeiten. Denen die grundlegenden Begriffe und Gedanken des Internets fremd sind, obwohl sie täglich in der Dol­met­scher­ka­bi­ne mit In­for­ma­ti­o­nen, Begriffen und kom­ple­xen, auch wi­der­sprüch­li­chen Bezügen dieser Sphäre zu tun haben.

Hier noch einige Übersetzungsvorschläge, die neulich gesucht wurden, wobei sich Suche und Antworten in den Kommentarzeilen abgespielt haben, also für viele Leser gar nicht sichtbar waren. Leider fehlt in den Mitschriften der Kollegen eines Be­kannten, der sich mit dem Protokoll abmüht, manchmal der Kontext. Ich muss also rätselraten.

Figer le contenu du web könnte "Screenshot der Seite" bedeuten oder "Sichern des Contents" ("sichern" von "Sicherungskopie anfertigen"), denn das französische con­te­nu kommt vom englischen content, auf Deutsch verwenden wir den eng­li­schen Begriff auch. Das dann mit "Inhalte" zu übersetzen, ist innerhalb dieses se­man­ti­schen Feldes nur halb richtig (als Synonym allerdings OK). Im Zusammenhang mit Ar­chi­ven kann es schlicht auch bedeuten: "Webcontent archivieren".

Für travail éditorial würde ich etwas mit "redaktionell bearbeiten", "redaktionell einbinden" (von Links) nehmen. Ich habe bei einem der Notizenschreiber nach­ge­fragt, es ging wohl um das Zugänglichmachen von verstreuten Webseiten, die in einem Portal zusammengefasst, von dort verlinkt und "mit redaktionellen Bei­trä­gen erschlossen" werden sollen.

Bleibt noch le flux des conversations. Hier könnte je nach Sinnzusammenhang möglicherweise das "Chatprotokoll" gemeint sein.


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Fotos: C.E. (Textilmuseum Crimmitschau)

Mittwoch, 10. Dezember 2014

In Arbeit (3)

Hallo! Geplant oder zufällig, Sie sind hier auf den Seiten meines digitalen Arbeitstagebuchs gelandet. Hier denke ich über Spracharbeit nach. Als Dolmetscherin arbeite ich in Berlin, Paris, München, Hamburg, Cannes, Avignon und überall dort, wo man mich braucht.

Derzeit als Lern- bzw. Vorbereitungsthemen auf dem Schreibtisch: 
Einer meiner drei Schreibtische
Die europapolitische Agen­da des kommenden Jahres
— Ökologische Dämmstoffe
Demokratischen Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern aus der Migration
Tunesien heute, welche Zu­kunfts­perspektiven, welche Gefahren?
— Gefahren der Energiewende
— Arbeitswelt im Wandel, Ent­wick­lung der europäischen Mittelschicht

Außerdem schreibe ich gerade zwei Kostenvoranschläge für Januar und März sowie für eine ungeklärte Übersetzung von gedrehtem Material für Arte, die parallel zu den Feiertagen ins Haus steht.

Vokabelnotiz
Nachdem ich unlängst einen Bekannten ins Krankenhaus begleiten durfte, fiel mit eine nicht gerade naheliegende Wortgleichheit auf: Das Wort contracturer be­deu­tet im medizinischen Zusammenhang "eine Kontraktur herbeiführen"; ein Mu­se­ums­be­such mit hohem Sprachanteil am sel­ben Tag brachte die Erkenntnis, dass con­trac­tur­er qc., zum Beispiel an Säulen beobachtet, "sich verjüngen" heißt (nach oben hin schmaler werden).

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Foto: C.E.

Dienstag, 9. Dezember 2014

Die Zimmerantenne

Herzlich Willkommen! Sie lesen im Arbeitstagebuch einer Dolmetscherin. Meine Arbeitssprachen sind Französisch sowie Englisch (passiv). Ich schaue zurück auf arbeitsintensive Wochen. Neulich war ich nur Zaungast, bequemer war das aber nicht: zur Vorgeschichte

Der Saal ist groß, die Sitzreihen steigen steil an. Er liegt in einem Gebäude, das ein preisbeladener, international renommierter Architekt in der Mitte Berlins ge­baut hat. Um den Saal herum wird verwaltet, beobachtet, beraten.

Die Gäste auf den oberen Rängen haben etliche Headsets in den Händen, denn gleich beginnt eine internationale Veranstaltung. Sie ziehen die Kopfhörer aus der Plastikhülle und nesteln ihr Steckerchen in die Buchse des Empfangsgeräts, und als die Grußworte gesprochen werden, suchen sie die richtige Frequenz. Ein Rädchen erlaubt es ihnen, die Lautstärke zu verändern.

Länger als sonst nesteln sie an den Geräten herum. Sie stellen sie lauter, verziehen grimassierend das Gesicht, dann wieder leiser. Sie klemmen den Empfänger am Revers fest, schütteln den Kopf, halten es in de Höhe, drehen es zur Seite, dann in der eigenen Achse, legen es auf die Lehne eines Sitzes der Reihe vor ihnen oder stellen ihre Tasche neben, türmen den Mantel drauf und lassen das Endgerät ganz oben thronen. Immer mal wieder segelt ein Teil zu Boden, und ohne zu fluchen bergen es jene, die es in Verwendung haben.

Ich muss dabei an ein Bild aus meiner Kindheit denken. Der Cousin meiner Mutter war zu Besuch, wir hatten damals ein Fernsehgerät von Nachbarn geborgt, denn es war Fußball-Weltmeisterschaft. Und so stand der Onkel an einem Sommertag am geöffneten Fenster und hielt die Antenne mit dem himmelblauen Plastikfuß aus demselben heraus, damit das Fußballspiel einigermaßen rauschfrei betrachtet werden konnte. Vor dem blauen Himmel war der Fuß nicht mehr sichtbar; es sah so aus, als halte er Luft mit etwas Metall dran in die Höhe. Damit wurde die Bild­qua­li­tät ein wenig verbessert.

"Nichts (Böses) hören, nichts (Böses) sehen, nichts (Böses) sagen"
Da der Ton schlecht blieb, wurde er runtergedreht und parallel dazu die Hör­funk­über­tra­gung angestellt.
Dann setzte ein gewisser Herr Sparwasser einen Ball ins Tor. (Und ich verstand nicht, wer da gegen wen gespielt haben sollte ... "Deutschland gegen DDR"? Aber die DDR war doch auch Deutschland, da wohnte doch die Oma.)

Zurück nach Berlin-Mitte: Mindestens die letzten fünf Reihen des Neubaus aus der Zeit des Regierungsumzugs sind betroffen. Ich lasse mir auch Kopfhörer und In­fra­rot­empfänger geben, höre rein, gehe zurück und reklamiere den Empfänger, ge­nau­so mache ich es mit dem nächsten und dem übernächsten. Die junge Frau an der Ausgabe, vermutlich Praktikantin, sagt: "Sie sind die einzige, die Probleme hat."

Offenbar sieht sie die Gymnastik des hinten sitzenden Publikums nicht. Die Zu­schau­er vorne wirken ruhiger. Liegt es daran, dass sie das Problem nicht haben? Oder sitzen vorne vor allem jene, die beide Arbeitssprachen perfekt beherrschen, die also gar kein Headset brauchen? Beim nächsten Mal werde ich das bewusst prüfen.

Die Technik im Saal neigt übrigens seit einigen Jahren zum Knistern. Vermutlich hat das Reinigungspersonal vor langer Zeit einmal die Infrarotsender umgestellt und sie sind anschließend falsch oder gar nicht ausgerichtet worden.

Wieso sich solche Probleme derart lange halten? Auf dem diplomatischen Parkett beschwert sich niemand so richtig, und sollte mal jemand eine Anspielung wagen, dann sind die Erklärungen rasch bei der Hand: "Naja, mit den vielen Mo­bil­te­le­fo­nen im Raum ist das kein Wunder!"

Und es gibt noch einen Grund. Offenbar hat keiner der Mitarbeiter des Hauses, von denen auch einige hinten sitzen, lange nicht mehr in das reingehört, was aus der Kabine kommt. Im Gegenteil, es seien immer alle zufrieden gewesen, heißt es an­schließend. Ah bon ?

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Foto: C.E.

Montag, 8. Dezember 2014

Digitale Kompetenz

Hallo und gu­ten Tag! Hier bloggt eine Dol­met­scher­in und Über­setzerin. Auch im achten Jahr des Bestehens meines Blogs erlaube ich mir den subjektiven Blick auf die Welt der Sprachen.

Scheibe einschlagen und Knopf drücken
Was macht die Dolmetscherin, wenn sie nicht in der Kabine sitzt? Sie wird gesund, macht die Buchhaltung, lernt auf neue Einsätze, erholt sich von geschlagenen Schlachten, informiert sich. Dieser Tage war ich auf einer Konferenz über Bildung, Internet und Bib­li­o­theks­we­sen. Zufällig traf ich dort einige Auf­trag­ge­ber, die mich ein wenig erstaunt an­sa­hen à la "Was ma­chen Sie denn heute hier?"

Nun, auch Dolmetscher bilden sich weiter. Die Veranstaltung war super, nur in der Pause musste ich leiden. Eine Dame kam auf mich zugeschossen, sie hatte sich mein Gesicht wohl auf irgendeinem Fes­ti­val ein­geprägt.

Zum Beispiel auf der Berlinale. Dort war ich zwischen 2000 und 2013 sichtbar als Dolmetscherin tätig, seither ar­bei­te ich in den Kulissen. In dieser Art öf­fent­li­chen Arbeitens lernen die Publikumsgäste uns vom Sehen recht gut kennen, was um­ge­kehrt nicht zutrifft, denn bei der Arbeit sind wir zu konzentriert, um uns Gesichter aus dem Saal merken zu können (die wir oft der Lichtverhältnisse wegen ohnehin nicht sehen).

Ihr Konterfei, das in der Kaffeepause meiner "Fortbildung" in mein Leben he­rein­brach, werde ich jedenfalls so schnell nicht vergessen. Sie baute sich vor mir auf, ihr Kopf war puterrot, und mit ihrer Schnappatmung hatte ich kurz die Sorge, sie könne vor mir ob der übergroßen Enerviertheit in Atemnot geraten oder aus den Pumps kip­pen, sollte jemand auf die Idee kommen, die Tür zur Terrasse un­vor­sich­ti­ger­wei­se abrupt zu öffnen, so sehr schwebte sie kurz über Bodenhaftung.

"Sie, hören Sie, jetzt haben Sie mich aber wirklich enttäuscht! Da war immer wie­der von 'numerischer Lateralität' die Rede, und ich kann ja nur ahnen, was damit gemeint sein soll, bis jetzt eben mich im Pausengespräch jemand darüber aufklärt, dass in der letzten Stunde über digitale Kompetenz gesprochen wurde. Da müssen Sie aber wirklich ein bisschen besser aufpassen!"

Zum Glück blieb ihr die Luft dann wirklich kurz weg, so dass ich vorsichtig ein­wen­den konnte, gar nicht in der Kabine gewesen zu sein, dass uns aber im Feuer des Gefechts immer mal ein Begriff plötzlich fremd erscheinen kann oder dass er auf­grund schlechter akustischer Bedingungen ..."

Ich biss mir auf die Lippen. Die digitale Kompetenz — la littératie numérique — war in der Tat der Hauptbegriff der letzten Sitzung vor der Mittagspause gewesen. Und der Begriff Literacy taucht unter Bildungsplanern, Soziologen und derlei re­gel­mä­ßig auf, es ist die erweiterte Lese- und Schreibkompetenz, die Sinn­ver­ständ­nis, Quellenkritik, Wissen um Traditionen und Formen sowie einen vertrauten Umgang damit einschließt.

Und wo kommt das akustische Notsignal her?
Erst schimpfte sie einen Mo­ment lang weiter, bis meine Worte endlich den Weg in Ihren Kopf fanden.

Sie unterbrach sich: "Wie, Sie waren das gar nicht? Ach so! ... Da bin ich aber beruhigt! Sonst hätte auch mein Welt­bild schwer gelitten. Also SIE haben ja eigentlich immer die Begriffe parat und deutschen nicht einfach nur grob ein."

Ich bedankte mich und war froh, als sie fort war. Und sogleich habe ich mich über mich selbst geärgert, über meine mangelnde Schlagfertigkeit, um genau zu sein. Ich hätte der Dame raten sollen, mit ihrer Bemerkung zu den Veranstaltern zu gehen. Aber meine mangelnde Spontaneität geht auch auf vornehme Zu­rück­hal­tung zurück, Kollegen gegenüber, die uns auf diplomatischem Parkett erfahrenen Dol­met­schern gewissermaßen zur zweiten Natur geworden ist.

Später ließ ich mir auch einen Kopfhörer geben. Was ich hörte, war leider sogar noch merkwürdiger. Wenn jemand public domain mit "öffentlicher Domäne" ver­dol­metscht, hat er oder sie nicht nur keine Hausaufgaben gemacht, sondern kennt sich grundsätzlich nicht in Urheberrecht und Internet aus. Die ge­mein­frei­en oder oder nicht-schützbaren Inhalte waren jedenfalls Gegenstand eines anderen Panels des Tages gewesen.

Hm, was war passiert? War eine Dolmetscherin erkrankt und jemand ohne Vor­be­rei­tung eingesprungen? Die Liste der Verhinderungsgründe aus dem Film Amélie de Montmartre fiel mir ein, frei variiert: Von tschetschenischen Frei­heits­kämpfern entführt, einen Pilz im Ragout gehabt, der einen 48 Stunden lang durchschlafen lässt, oder mit Haustier versehen, das so am Kalender genagt hat, dass das heutige Datum erst morgen erscheint?


EDIT: Hier geht's zu einer Art Fortsetzung — 1. akustische Situation und 2. Nachdenken über das Internet und einige Begriffe.
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Fotos: C.E.

Sonntag, 7. Dezember 2014

Tomaten

Willkommen auf den Seiten meines digitalen Arbeitstagebuchs. Hier dreht sich alles um Sprachen, Kulturen und das Vermitteln zwischen denselben. Sonntags sehe ich in die Nähe, da werde ich privat.

Der Sommer in Berlin war schön und lang. Er reichte bis weit in den Herbst. Im Spät­sommer bemerkte ich, dass sich im Topf des Gummibaums, den wir auf der Küchenfensterbank aufpäppeln, nachdem er beim Fortzug eines Nachbarn auf der Straße gelandet war, etwas selbst ausgesäht hatte. Da ich einiges über die Ko­exis­tenz von Pflanzen weiß, habe ich dabei zugesehen und lediglich etwas mehr ge­gos­sen.

Ende September fing das Pflänzchen an zu blühen. Anfang Oktober erfuhr ich von einem lieben Besuch, dass es sich um eine Tomate handelt. Irgendwo wird noch ein Bienchen un­terwegs ge­we­sen sein. Plötzlich hatte ich drei Minikügelchen am Sten­gel.

Jetzt erröten diese Kirschtomätchen gerade sanft. Seit Wochen traue ich mich nicht, die Pflanzung mal abzuräumen, um das Fenster zu putzen.


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Fotos: C.E. (Die Bilder, in ein zweites Brow-
serfenster geladen, lassen sich vergrößern)

Samstag, 6. Dezember 2014

Fremddeutsch III

Ob ge­plant oder zu­fäl­lig: Sie le­sen hier ei­ne Sei­te mei­nes di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs. Als Dolmetscherin und Übersetzerin notiere ich, was mir in unserer heu­ti­gen Welt auffällt, und ich schreibe über Sprachen und Hintergründe.

Kuriose Woche: Zwischen Gesundung von der Grippe und eingeklemmtem Nerv kommt mir die Wirklichkeit verzerrt vor. Ich höre Berichte über An­ti­bi­o­ti­ka­re­sis­ten­zen und Krankenhauskeime, über übermäßigen Fleischkonsum und über An­ti­bi­o­ti­ka­miss­brauch in den Tierställen. (Schweine bekommen in der Mas­sen­tier­hal­tung alle 5,5 Wochen dieses Medikament, um die Ausbreitung von Krankheiten zu ver­hin­dern — und weil es das Wachstum befördert.)

Zugleich erinnere ich mich an den großen Aufschrei weiter Kreise der Bevölkerung, als vor den letzten Wahlen der sogenannte "Veggie-Day" vorgeschlagen worden ist, der eine fleischfreie Tag in der Woche. Derlei sei Bevormundung und Beschneidung der persönlichen Freiheit, hieß es allenthalben. Nun forderte eine andere (al­ler­dings regionale) Volkspartei, dass Migranten künftig in den eigenen vier Wän­den nur noch Deutsch sprechen sollten: "Wer dauerhaft hier leben will, soll dazu an­ge­hal­ten wer­den, im öffentlichen Raum und in der Familie deutsch zu sprechen", steht im Entwurf eines Leitantrags für den CSU-Parteitag, der Ende nächster Wo­che statt­fin­den wird. Dieses wurde aus einer vorab verschickten Textfassung be­kannt.

Wenn das keine Bevormundung ist! Vor allem ist der Vorschlag Ausdruck der völligen Un­kennt­nis darüber, wie Spra­chen­ler­nen funktioniert, näm­lich immer auch im Ver­gleich mit der Mut­ter­spra­che. Je dif­fe­ren­zier­ter zu­ge­wan­der­te Eltern die Sprache ihres Her­kunfts­lan­des be­herr­schen, desto besser erlernen ihre Kinder die je­wei­li­ge Zweit­spra­che.

Ein neues Idiom braucht eine korrekte und möglichst elaborierte Grundlage, um die nötigen Vernetzungen im Gehirn zu schaffen. Kurz: Es ist keinem Kind aus der Migration gedient, wenn seine "Muttersprache", die Sprache, die es zu Hause am meisten hört, ein verstümmeltes, fehlerbehaftetes Deutsch ist. Hier eine Miniatur, die ich zu diesem Thema vor sieben Jahren geschrieben habe.
Fremddeutsch
Ein Abend am Maybachufer: Ich klöne mit einer Nachbarin auf der Stra­ße, da kommt eine Familie vorbei. Der Filius ist um die drei, Daddy hält ihn auf dem Sattel des Kinderrades fest und ruft: "Gib Fuß, gib Fuß!"
Er meint wohl, dass das Kind in die Pedale treten solle.

Die Mutter läuft in den Hausflur und sagt dabei: "Isch muss noch Post gucken!", analog gebaut zu "Fernsehen gucken", nur das es nach der Post sehen heißt und im Deutschen auch Artikel gebräuchlich sind.

Die Nachbarin, selbst Mutter eines Kleinkindes, mutmaßt, es handele sich um eine türkische Familie, die jetzt mit ihrem Kind Deutsch spre­chen würde, um die Integration zu erleichtern.

Dazu ein anderer Nachbar: "Zufällig kenne ich die Familie. Seine Mut­ter­spra­che ist Arabisch, ihre Türkisch, daher ist die Umgangssprache der Familie Deutsch. Ihre drei Kinder beherrschen die drei Sprachen nur bruch­stück­haft, wenn die Infos meiner Kolleginnen stimmen." Der Mann ar­beitet als Sozialarbeiter im Kiez.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Kintopp

Guten Tag oder guten Abend! Hier bloggt eine Berliner Spracharbeiterin.

Kino hinter fensterarmen Wänden
Mein direktes Hauskino, das Moviemento, wurde gerade vom Publikum zu einem der beliebtesten Kinos Europas gewählt und in einem Atemzug mit der Cinémathèque française in Paris und der Cinematek  in Brüssel ge­nannt! Eine Liste der 25 tollsten Kinos in Europa gibt es hier bei "spotted by locals": klick!

Ein gewisser Gastwirt mit dem Namen Alfred Topp hat hier vor Urzeiten Kino gemacht, das Wort "Kintopp" soll darauf zurückgehen. Die Quellenlage ist al­ler­dings nicht gesichert, das "Ety­mo­lo­gi­sche Wörterbuch der deutschen Sprache" (Klu­ge/Götze) nennt diese Geschichte bislang noch als einzige Quelle.

Diese Namensübertragung geschah wohl irgendwann um 1907, damals wur­de das Lichtspieltheater im Obergeschoss des neu erbauten Wohn- und Ge­schäfts­hau­ses eingerichtet. Damit ist es eines der ältesten Kinos der Stadt.

Vom Spiegelsaal erzählen noch ältere Semester im Kiez. Die billigen Plätze lagen nämlich hinter der Leinwand: von dort konnten die Filme spiegelverkehrt be­trach­tet werden.

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Foto: C.E.

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Investments

Bonjour und guten Tag! Sie sind geplant oder zufällig auf den Webseiten einer Fran­zösisch­über­setzerin und -dolmetscherin gelandet. Hier schreibe ich (ano­ny­mi­siert) über unsere Arbeit und die sich verändernden Situationen.

Menschen warten auf die Pressekonferenz; durch die Kopfhörer hindurch und über den Tisch mit Empfangsgeräten hinhinweg betrachtet
Warten auf die Minister
Kurze Notiz: Gestern hielt im Herzen Berlins das Quartett Schäuble-Gabriel-Sapin-Ma­cron aka Bun­des­wirt­schafts­mi­nister Sigmar Gabriel (SPD), Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Minister für Wirtschaft, In­dustrie und Digitales Em­ma­nu­el Macron (PS) sowie Fi­nanz­mi­nister Michel Sapin (PS) nach Be­ra­tun­gen eine Pres­se­kon­fe­renz ab.

Bei den Gesprächen dabei waren die Zentralbankpräsidenten beider Länder und etliche Referenten. Im Saal sitzen neben der deutschen Presse natürlich auch die in Berlin akkreditierte französischen Journalisten; über einen früheren Kollegen ge­langt diese Information auch zu mir.

Worum es geht: Die Franzosen haben Deutschland freundlich dazu angeregt, doch in diversen europäischen Ländern (gerne auch in der Heimat selbst sowie in Frank­reich) stärker zu investieren, was das Land mit der schwarzen Null aber nicht di­rekt zusagen möchte. Trotzdem verfolge man das Ziel, heißt es, die In­vesti­ti­ons­nei­gung vor allem Privater insgesamt zu verbessern.

Die Erklärung "Strengthening Investment, Advancing Europe" wird ausgegeben. Sie wurde, der Titel verrät es bereits, auf Englisch geschrieben. Es gibt sie nur auf Englisch, nicht auf Französisch, auch nicht auf Deutsch. Dazu der Pressesprecher Schäubles: Das sei "synonym für europäischen Fortschritt" zu verstehen. Das Pro­ce­de­re ist neu für den inzwischen 47. deutsch-französischen Wirtschafts- und Fi­nanz­rat.

Und ich denke mir still, dass die Übersetzer und -innen, die die Übersetzungen nicht angefertigt haben, den damit erzielten Nichtgewinn künftig auch nicht im eu­ro­pä­i­schen Ausland investieren können.


Links von der Seite des Bundesfinanzministeriums
„Investitionen stärken, Europa voranbringen“ (nur auf Englisch; PDF, 132,4 KB)
Erklärung des Deutsch-Französischen Finanz- und Wirtschaftsrats (nur auf Eng­lisch; PDF, 18,9 KB)
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Foto: C.E.
aka alias

Merci beaucoup XIV

Als Dolmetscherin, Übersetzerin und Autorin habe ich es immer mit sehr un­ter­schied­li­chen Menschen zu tun. Daher freut mich besonders, wenn ihr Feed back auf meine Arbeit einhellig ist. Hier drei Stimmen aus dem Filmsektor.
"Caroline Elias dolmetscht so flüssig, dass man kaum glaubt, dass es spon­tan geschieht."
Ilona Ziok
, Regisseurin u.a. von "Kurt Gerrons Karussell" (1999) und von "Fritz Bauer: Tod auf Raten" (2010)
"Carolines Übertragung ist sehr genau, und ihre Stimme ist sehr lebendig und klar."
Hannibal Tourette, Regisseur von "Wespen" (2014) 
"Um Deine hohe Kunst zu fassen, muss ich ein Beispiel sprechen lassen ...
Widmung nach einem mehrtägigen
Dolmetscheinsatz
"Um Deine hohe Kunst zu fassen,
muss ich ein Beispiel sprechen lassen:
Was treibt den schnellen Wagen vor?
Es ist der kraftvolle Motor!
Doch seine Kraft muss auf die Straße
sonst ist's nur Dröhnen und Geblase.
Die Antriebsachse ist das Ziel,
ansonsten nützt die Kraft nicht viel.
Will man einmal richtig fetzen
muss man die Sache übersetzen!
Nach einer groben Laien-Schätzung
hängt alles an der Übersetzung!
Die Aussage wird häufig Hohn
fehlt es an guter Präzision —
insoweit hast Du überzeugt:
Toll übersetzt und nichts gebeugt!"
Aller Dank & beste Wünsche
Michael Neubauer & KollegInnen vom BVK
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Illustration: Gästebuch
BVK:
Bundesverband Kinematografie

Dienstag, 2. Dezember 2014

Fließend Latein

Willkommen auf den Seiten des ersten Weblogs aus dem Inneren der Dol­met­scher­ka­bi­ne. Regelmäßig können Sie in meinen Blogposts mehr über unsere Sprach­ar­beit erfahren. Neben dem  mündlichen Übertragen übersetze ich auch (schrift­lich). In der letzten Woche war es hier al­ler­dings ruhig; ein grippaler Infekt hatte mich schachmatt gesetzt.

Die Woche geht lustig los. Ich sortiere die offenen Angebote, schreibe Kosten­vor­an­schlä­ge zu Anfragen, die ab Freitag reingekommen sind, bis dahin hatte mich eine Kollegin vertreten. Und ich schaue mich auf den einschlägigen Seiten um, auf denen Über­setzungs­auf­trä­ge ausgeschrieben wurden. Als Foto etwas, das mich zum Grinsen brachte. Errare humanum est.

60000 words: English to Latin TranslationSchon schick, dass sich nicht bis Bangladesh herumgesprochen zu haben scheint, dass es für Latein keine native speaker mehr geben kann. Und wer soll bitteschön der Adressat sein für diese aus dem Englischen ins La­tei­ni­sche zu übersetzenden 60.000 Wörter?

Ich muss an die Sprachmakler vom gleichen Kontinent denken, die sich vor einigen Jahren auf ähn­li­chen Foren präsentierten: Adretterweise hatte diese Internetfirma auch seltene Sprach­kom­bi­na­tionen im Angebot, so zum Beispiel Sumerisch, Mit­tel­hoch­deutsch oder Altprovenzalisch.

So, mal schauen, was die Woche außer Pro-bono-Anfragen so bringt. Zu einer habe ich schon zugesagt, es geht um Kino aus Afrika, und der Kulturverein ver­fügt nur über we­nig Geld, da ist mein Engagement Ehrensache!

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Illustration: Webfund

Sonntag, 23. November 2014

Schlesischer Busch

Bonjour und guten Tag! Interessieren Sie sich für Dolmetschen und Übersetzen? Dann sind Sie hier auf meinen digitalen Tagebuchseiten richtig. Sonntags werde ich privat, da haben meine Einträge nicht unbedingt mit Sprachen zu tun.

Eine neue Aufnahme der Reihe Sonntagsbilder: Wer nicht weiß, worum es sich bei dem Gebäude mitten auf einer Parkwiese handelt, denkt vielleicht an ein Tra­fo­häus­chen. Seh'nse, och det is Balin!

Ergänzung: Und weil von einigen Lesern eine Auflösung bzw. Links erbeten worden sind, sollen diese folgen. Hier hat die Stadt Berlin die Ecke am Ende der Schle­si­schen Straße gut beschrieben, der Grenzwachturm kommt auch vor: klick! Die Loh­müh­len­in­sel mit ihren Uferbars und der ältesten Berliner Tankstelle (im schöns­ten Nautic style!) wurde hier letzten Juli in der Morgenpost beschrieben: klack. Zitat: "Der sanft geschwungene, weiße Bau von 1928 verschwindet fast hinter dem hellen Plastikblau einer Aral-Tankstelle." Diese Diskrepanz kann ich ja am Ende der Woche bringen, vorausgesetzt, dieselbe schenkt uns noch einige Sonnenstunden.

Grenzkontrollturm im 'Schlesischen Busch'
Schlesischer Busch: Wo früher eine Grenze war, ist heute ein Park
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Foto: C.E. (Für G.C., manchmal wächst auch
Gras über einschneidende Erfahrungen)

Freitag, 21. November 2014

Synchrondolmetscher?

Liebe Leserin, lieber Leser, hier schreibt eine Dolmetscherin und Über­setzerin. Mit meinen Fachgebieten kümmere ich um Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien und Kino.

Blick auf den Schreibtisch, Diktiersoftware in Arbeit
"Guten Tag, hier ist die Firma Filmhütte aus M., bin ich da richtig bei Dolmetschern?"

"Ja, Sie sind hier richtig, ich bin Dolmetscherin und Teil eines Kollegennetzwerks!"

"Ich suche eine Syn­chron­dol­met­scherin. Könnten Sie mir helfen?"

"Vermutlich ja. Was suchen Sie genau?"

"Einen Synchrondolmetscher oder eine Synchrondolmetscherin!"

"Was verstehen Sie denn darunter?"

"Synchrondolmetscher? Ich denke, Sie sind der Profi!"

Spracharbeiter finden das witzig. Der kurze Dialog ist aber kein Witz, denn er be­darf einer Erkärung für Außenstehende.

Synchron: Vertonung von Filmen in einer anderen Sprache. Nach einer Roh­über­setzung wird das Dialogbuch mundgerecht getextet, dann sprechen Schauspieler die in "Takes" eingeteilten Dialogfetzen ein, dann wird das Ganze gemischt.
Dolmetschen: Übertragung von gesprochener Sprache, was nahezu zeitgleich (si­mul­tan) oder in Pausen hinein (konsekutiv) geschehen kann.

Die häufigste Dolmetschart heißt Simultandolmetschen, der Arbeitsort ist die Dol­metsch­ka­bi­ne; die Synchronarbeit findet im Synchronstudio statt.

Die Dame braucht unsere Hilfe für eine Konferenz.

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Foto: C.E. (Archiv)

Donnerstag, 20. November 2014

Speisenfolge

Bienvenue auf den Sei­ten ei­nes vir­­tu­­el­­len Ar­beits­­ta­­ge­buchs aus der Welt der Sprachen. Ich bin Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache und aus dem Englischen. Derzeit ist hier viel zu tun, deshalb werden die Einträge kürzer.

Wir leben von Sprache
Texte lektoriert, viele Buch­sta­ben herausgelesen: Jetzt koche ich uns daraus rasch eine Buchstabensuppe. Der Kollege steuert Text­schnitzel bei.

Dazu gibt's Kraut und Rüben aus einem Entwurf, der so wenig ausgegoren war, dass wir ihn vor dem Über­setzen ans Autorenteam zu­rück­ver­wie­sen haben.

Als Beilage genießen wir einen kleinen Wortsalat.

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Illustration: C.E. (Archiv)

Mittwoch, 19. November 2014

POV IV

Bonjour und gu­ten Tag! Hier bloggt eine Dol­met­scher­in und Über­setzerin. Heute folgt wieder meine Reihe POV, Point of view. Das ist der nur knapp kommentierte sub­jek­ti­ve Blick aus der Spracharbeit.

théâtre d'ombres chinoises
"Sie können das jetzt auch hier ab­le­sen!", sagt die Mi­nisterin und weist auf ihr Ma­nuskript, nachdem der Dol­met­scher zu­nächst abseits gestanden hat, um seine No­ti­zen in den Block zu schrei­ben. Er nimmt das Angebot gerne an und nä­her­t sich dem Steh­pult, einer willkommenen Schreibunterlage. Dann no­tier­t er sich weiter, was die Dame zu sagen hat.

Dolmetschnotizen sind Gedankenstützen, und sie machen Strukturen von Reden, die dann freier übertragen werden, sichtbar.

Traduction à vue, vom Blatt dolmetschen, was die Ministerin implizit vor­ge­schla­gen hat, ist eine andere Arbeitsweise. Dazu benötigen wir die Redentexte, die ab­ge­le­sen wer­den, im Voraus, um die Texte durchzugehen und mit visuellen Le­se­zei­chen zu mar­kie­ren.

"Der Fotograf, die Ministerin und ihr Dolmetscher": Der Titel des Bildes klingt nicht zufällig nach Film, es gibt dieser Tage viel in Sachen Kino, Film, Internet und der­glei­chen zu besprechen.

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Foto: C.E. (Wer sieht das Kameraobjektiv?)

Samstag, 15. November 2014

Glossare

Hal­lo und gu­ten Tag! Hier bloggt ei­ne Sprach­ar­bei­ter­in. Ich über­setze und dol­met­sche, dabei stehen die Sprachen Französisch (als Ausgangs- und Zielsprache) und Englisch (nur als Ausgangssprache) in meinem Fokus.

Dabei arbeiten wir mit Wörterbüchern, eigenen Lexiken und fremden Glossaren. Im Internet gibt es zum Glück immer mehr davon. Hier ein guter Link: Terminology websites.

zum Teil unsortiert, weil in Arbeit
Die Liste führt als Portal Sei­ten auf, bei denen auch die Nutzer ihre Listen hoch­la­den, er­gän­zen und teilen können. Diese Art von weltweitem, nicht pro­fit­ori­en­tiertem Aus­tausch ge­fällt mir sehr gut.

Mal sehen, wann unsere kom­bi­nier­te Urbanismus-Wohn­bau-Mo­der­ni­sie­rungs­lexik (siehe Bild) so weit ist, dass wir sie teilen können.

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Illustration: C.E. (work in progress)

Mittwoch, 12. November 2014

Reinschrauben

Hallo! Willkom­men! Schön, dass Sie auf den Sei­­ten meines Blogs ge­­lan­­det sind. Hier schrei­be ich über meinen Sprach­­be­­ruf: Ich bin Dol­­met­­scher­in und Über­­setzerin für die französische Sprache (und aus dem Englischen).

Den schönen, langen Sommer über haben wir jeden Tag ein wenig gelernt, oft eine Stunde lang oder zwei, nicht viel jeden Tag, dafür oft auch samstags oder sonn­tags. Hin­tergrund: Bereits vor Sommerbeginn waren wir für eine drei Monate spä­ter statt­fin­den­de Konferenz zum Thema Gesundheitsmanagement gebucht. Also haben wir uns mit der Organisation von Kran­ken­häu­sern beschäftigt, mit der Be­nen­nung von Sta­ti­o­nen, Pflegepersonal, häufigen Krankheiten in der Not­auf­nah­me etc.

Eine Art medizinischer Grundbleiche war inbegriffen. Gelernt ha­be ich mit fran­zö­si­schen Schulungsunterlagen von Pflegekräften, die im Netz öf­fent­lich zugänglich waren, außerdem mit Kursen auf akademischem Niveau, den sogenannten MOOCs.

Verschattungselemente
Ein Massive Open Online Course ist ein Se­mi­nar, das oft aus regulären Hoch­schul­an­ge­boten hervorgegangen ist. Hier verbinden sich Vorlesungsanteile mit Tests und Haus­ar­bei­ten, die anzufertigen sind. Ergänzt wird das Ganze durch Online-Foren, auf denen sich die Teilnehmer austauschen können. Ich habe die ersten Kurse ohne ein Zertifikat absolviert, fange aber jetzt an, mich auch offiziell an­zu­mel­den und "Punkte" zu sam­meln.

Zu Herbstanfang hatten wir dann wiederholt Kunden aus dem Bereich Ge­sund­heits­ma­nage­ment, Seuchenbekämpfung und ver­nach­läs­sig­te Tropenkrankheiten. Am Ende sind wir von unseren Themen immer begeistert.

Irgendwie können wir uns in alle Themen reinschrauben. Oder doch eher so herum: Wir nehmen nur Themen an, die uns liegen und in denen wir gerne Zeit widmen. Die Freude steigt noch, wenn die Arbeit zur Zufriedenheit der Kunden ausfällt. Beim Abschiedsessen einer der Medizinkonferenzen erreichte uns die wunderbare Frage: "Haben Sie neben Gesundheitsmanagement noch andere Spezialisierungen?" Was für eine Freude! Wir haben es also vermocht, die vielen Profis angemessen rü­ber­zu­brin­gen und uns auch mit unseren eigenen Fragen bei Tisch nicht zu dis­qua­li­fi­zie­ren.

Dieser Tage habe ich mal wieder mit Baugruppen, genossenschaftlichem Wohnen und Passivhäusern zu tun. Samstag stehen wir in der Küche einer Kunst­ge­schicht­le­rin und eines Ga­le­ris­ten, die Architektin erklärt das von ihr gebaute Mehr­fa­mi­li­en­haus. Ich bin in Vorbereitung eines Dolmetschtermins hier und stelle eine Frage. Darauf die Ar­chi­tek­tin: "Ach, Sie sind Kollegin?"


Vokabelnotiz
Verschattungselemente — éléments d'ombrage oder einfacher volets
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Fotos: C.E., die  Häuser oben und unten (rechts)
stammen von Deimel Oelschläger Architekten

Dienstag, 11. November 2014

Rechenstündchen

Willkommen auf den Seiten meines virtuellen Arbeitstagebuchs. Hier schreibe ich über den Berufsalltag von Sprachmittlern, über Sprache, kulturelle Unterschiede und Bildungstehmen.

Spontan einsetzbar sind wir schon, aber auch nicht immer. Da sucht eine Firma für in zwei Tagen (!) eine Dolmetscherin mit Deutsch als Muttersprache für DE<>FR, so kürzen wir unsere Sprachen ab. Schauen wir genauer hin.
DRINGEND! Anreise übermorgen, Abreise zwei Tage später, 1. Abeitstag acht Stun­den, 2. Arbeitstag fünf Stunden, Gegenstand: Technische Schu­lung/Se­mi­nar, 80 Teilnehmer. Businesslook, Sicherheit im Sprechen vor Publikum, her­vor­ra­gen­de Kenntnis der betreffenden Sprachen. Rei­se-, Hotel- und Restau­rant­kosten werden übernommen, Preis für das Über­setzen: 60 Euro die Stunde. Mikrofon/Kopfhörer vorhanden.
Super, schick, großes Kino, seit wann setzen Kunden unser Honorar fest? Dieser Preis pas­­st nicht zum Berufsbild und eine Flüsteranlage ist bei derart langen Ver­an­stal­tun­gen ein Problem. Denn Räume sind laut, Sprecher auch, und wenn wir die ganze Zeit reinreden, steigt der Pegel für alle. Wer wie wir mit Sprache (also mit den Ohren) arbeitet, ist akustisch besonders empfindlich.

Die akustischen Bedingungen sind ein großer Stressor und oft Grund für vorzeitiges Ermüden. Ein solches Setting bedeutet: Hier knistert einer mit dem Bonbonpapier, der Assistent kommt kurz herein und sagt der Chefin etwas, einer niest, eine an­de­re schenkt sich spru­deln­des Mineralwasser nach und der Videobeamer brummt oh­ne­hin die ganze Zeit. Für normale Zuhörer mag das kein lautes Umfeld sein, für Dolmetscher, die sich selbst "reinsprechen", also möglichst akkurat "darunter" noch die Stimme der Redner hören müssen, ist es das schon.

Und handelt es sich hier um einen Zufall, dass hier nicht von ei­ner zwei­ten Kol­legin/einem zweiten Kollegen die Rede ist? Bei allem, was länger als 20, 30 Mi­nu­ten dauert, brauchen wir die zweite Kraft. Dolmetschen ist mentaler Leis­tungs­sport, Multitasking, dazu braucht es ein besonderes Training. Die einzelnen Dol­metsch­pha­sen sind wie Sprintläufe. Keinem Sprinter würde man abverlangen, in seinem Sprinttempo einen Marathon zu laufen.

Dass unsere Ar­beit hier "übersetzen" und nicht "dol­mets­chen" genannt, wird, ge­schenkt!

Hier unsere Art des Rechnens:
(Tagessatz 750 Euro) hoch 2 plus Überstundenzuschlag (ab sechs Stunden netto) von 120 Euro pro Dolmetscher(in) vor Steuern plus Nebenkosten (Technik, Reise, Kost/Logis), Reisezeitvergütung am 12.11.


In Berlin koste die Stunde Wahrsagen bei der beliebtesten Glaskugeldame hun­dert Euro, so die Kolleginnen, und man müsse acht bis zwölf Wochen auf einen Termin warten. Ich weiß schon gleich und ganz kostenlos, dass sich auf die Suchmeldung da oben kein Profi melden wird.


P.S.: Die Tagessätze sind nur ein Beispiel und können bei sehr anspruchsvollen Themen auch darüber liegen. Bei längeren oder regelmäßigen Einsätzen sowie weniger gut dotierten Kunden oder für Projekte, die aber wichtige und span­nen­de Ziele verfolgen, geben wir Nachlässe.
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Illustration: eigene Tabelle

11.11.

Hallo! Sie haben zu­fäl­lig oder ab­sicht­lich eine Seite meines digitalen Ar­­beits­­ta­­ge­­buchs auf­ge­schla­gen. Ich bin Dol­metscherin und Übersetzerin für Politik, Wirt­schaft, Me­dien, Soziales und Kultur.

Gleich noch ein Gedenktag, dieser 11. November, und nein, ich meine nicht "elf Uhr elf", den Beginn des Karnevals und der "fünften Jahreszeit". In Frankreich ist heute Feiertag zum Gedenken an den Waffenstillstand des Ersten Weltkriegs. Für mich ist und bleibt dieses Aufeinandertreffen merkwürdig.

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Foto: folgt

Montag, 10. November 2014

Filmtipps

Bonjour, guten Tag! Sie lesen im ersten Dolmetschweblog aus dem Inneren der Dolmetscherkabine. Derzeit hält Deutschland inne und gedenkt der Geschichte. Dazu einen Medientipp.

Vor genau 76 Jahren bekam die Judenverfolgung durch die Nazis zum ersten Mal an vielen Orten gleichzeitig eine eindeutige, brutale Gestalt. Kurios, dass sich die Reichsprogromnacht und so viele andere Ereignisse in Deutschland das Schick­sals­da­tum 9. November teilen müssen.

Die französische Fernsehprogrammzeitschrift Télérama zeigt dieser Tage einen Do­ku­men­tarfilm im Netz über die Geschichte einer jungen jüdischen Frau im von den Deutschen be­setzten Paris. (Leider ist der Film nicht untertitelt. Er zeigt aber viel Foto- und Filmmaterial aus der Zeit und sehr behutsam gefilmte "Subjektiven", die vor allem aus Blicken auf architektonische Details bestehen.)

Hélène Berr, une jeune fille dans Paris occupé via Telerama_Doc, Regie: Jérôme Prieur.

Hélène Berr (1921-1945)
Hélène Berr, sie studierte damals Li­te­ra­tur und Sprachen, war einige Jahre älter als Anne Frank und ist im selben Lager gestorben, ebenfalls kurz vor der Be­frei­ung.

Der Film basiert auch auf einem Tagebuch, das vor einigen Jahren auch auf Deutsch vorgelegt worden ist.


Sprung in die Gegenwart, gleich noch ein Filmtipp: Von Marie-Monique Robin äuft noch bis morgen am frühen Abend "Wachstum, was nun?" im Arte-Wie­der­ho­lungs­ka­nal Arte+7. In Zeiten, in denen die Anfälligkeit unseres Lebensraums längst au­gen­fäl­lig geworden ist, rufen viele weiterhin ständig nach mehr Wachstum. Was wäre ein alternatives Wirtschaften jenseits der Größer-weiter-schneller-Logik?

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Foto: Hélène Berr

Sonntag, 9. November 2014

Sebastianstraße gestern Nacht

Guten Tag oder guten Abend! Hier bloggt eine Berliner Spracharbeiterin.

Wegen eines Baugerüsts konnte ich nicht exakt den gleichen Standort einnehmen, wie im Herbst 1989.


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Foto: C.E.
Idee der Lichtgrenze: Christopher und Marc Bauder

Samstag, 8. November 2014

25

Bonjour, guten Tag! Hier schreibt eine Dol­met­scher­in und Über­setzerin für die fran­zösische Sprache. Themen, die mit deutscher Geschichte zu tun haben, be­ar­bei­te ich meistens gerne. Das hat seine Gründe.

September vor 25 Jahren war ich mit meinem Vater zu Besuch in Berlin, wir mach­ten einen langen Spaziergang die Mauer entlang. Er erzählte mir von seinem Ber­liner Leben, das Jahrzehnte zurücklag, er hatte den Mauerbau in Berlin erlebt; ich war damals erfüllt von meinen Anfängen im Hörfunk. Als blutjunge Studentin hatte ich das Glück gehabt, ein Praktikum beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu er­gat­tern und anschließend frei weiterarbeiten zu dürfen. So pendelte ich in diesem Jahr 1989 viel vom Studienort Paris zum Sender Freies Berlin.

Die Westberliner sahen die Mauer damals kaum noch; sie schien sie auch nur wenig oder gar nicht zu bedrücken. Für das Gros der Westdeutschen gehörte die DDR längst nicht mehr zu Deutschland, und das nach dem Mauerfall schnell aufgelöste "Bun­des­mi­nis­te­ri­um für innerdeutsche Beziehungen" war weit von den ost­deut­schen Realitäten ent­fernt.

Zwei Filme habe ich damals belichtet. Einer ging verloren, weil das Fo­to­fach­ge­schäft, das den zweiten Film zur Entwicklung angenommen hatte, nach dem 9. November geschlossen war. Der andere zeigt nur Mauerabschnitte auf unserem Weg durch Kreuzberg und fremde Menschen auf einem Hochstand. Meinen Vater habe ich nicht portraitiert, und er auch mich nicht.


Ohne die Verquickung meiner Familie mit der deutschen Teilung und wenn ich nicht in der Nacht des Mauerfalls in Berlin gewesen wäre, würde ich heu­te in Frankreich oder Spanien leben. Mit meiner gesamtdeutschen Identität war ich im alten Westdeutschland immer ein wenig fremd, was mir das Auswandern nach Frankreich und das Ankommen in Paris erleichtert hatte. Heute wundere ich mich manchmal, wieviel Ignoranz mich in Deutschland fortgesetzt umgibt. (Wenn die aus dem Ausland kommt, tut es zwar weh, ist aber weniger überraschend.) 


Hier (fast) die gleiche Stelle, aber 25 Jahre später: klick.
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Foto: C.E. (Archiv)

Freitag, 7. November 2014

Aufwachen im Hotel

Geplant oder zufällig sind Sie mitten in meinem digitalen Arbeitstagebuch ge­lan­det. Ich habe beruflich mit Sprache zu tun. Unsereiner leidet nicht selten an über­schar­fer Wahrnehmung, was Idiome angeht.

Auch die Blüte ist ein Blickfänger
Ein früher Morgen: Die auf­wa­chen­de Sprach­ar­bei­ter­in in der "Herberge auf Zeit" glück­­lich zu machen, ist ab und zu einfach. Hier ein klei­nes Mad­ley aus Zi­ta­ten von vor Ort, abgerundet durch Netzfunde.

Zu Kontinentalfrühstück wer­den un­se­re Kunden jeden Mor­gen von 5:00 bis 7:00 Uhr in die Buffet gegen Gebühr an­ge­bo­ten.

Frühstück Express für diejenigen, die nicht so stark Frühstück brauchen  kon­­zi­piert. Hier ist die Chance, etwas zu schnell, aber komplett, bevor Sie Ihren Ar­beits­tag oder Sightseeing in Paris zu packen.

Es bietet auch die Möglichkeit, das Frühstück zu genieben. Das Royal Hotel **** Europa Frühstück (7:00 bis 10:00 Uhr) wird alle Ihre Be­dürf­nis­se helfen Ihr Speisen zu komponieren:
Sind Sie Frühstück eher "salzig" oder eher "Zucker" ? Französisch traditionellen Ge­bäck ? Backene Kartoffeln ?
Scheiben Brot (Normalpapier, vollständige ...), Zwieback ? Oder einer Flasche des Champagner?
Die verschiedenen Rottöne der Konfitüre Auswahl nehmen Ihre Blicke gefangen.

Auf Wunch bringen wir auch das Früstück in Ihr Zimmer.

Eine große Auswahl an warmen und kalten Getränken wird Ihre Momentaufnahme zu begleiten.

!! Gute momento !! Unser bester Preis für Ihren Aufenthalts, XYZ Euros.

Die aufmerksame Ausstattung und ein freundlicher Service sorgen dafür, dass Sie garantiert wiederkommen!

Heute kann ein großer Tag sein, so verpassen Sie nicht Ihre Chance und genießen Sie ein gutes Frühstück im Royal Hotel **** Europa. 

"Hotel Moderne" steht drauf, aber der Eindruck vermittelt sich, als würde der Leuchtkasten mit der Inschrift die ganze Fassade zusammenhalten ...
Die Textbeispiele sehen so aus, als würden sie von hier stammen
Solche 'über­set­ze­ri­schen' Glanz­leistun­gen sind ja lustig, aber sie er­in­nern an irgendwelche Pi­nö­kel aus Plastik für drei Cent asia­ti­scher Provenienz, die kein Mensch braucht und deren Be­die­nungs­an­lei­tung sich so liest, als hätte sie ein Computer übersetzt. Traurig, dass es sowas bei renommierten Hotels heute noch gibt.

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Fotos: C.E. (Die Namen der Hotels
wurden, sofern möglich, geändert.)