Donnerstag, 11. Dezember 2014

Im Maschinenraum

Bonjour, bienvenue, welcome ...! Was mich als Dolmetscherin und Übersetzerin so umtreibt, können Sie hier regelmäßig verfolgen.

Eine Bekannte von mir hat neulich ihren Aktenschrank ausgemistet. Ganz zuunterst entdeckte sie einen Ordner, auf dem stand in Großbuchstaben das Wort "IN­TER­NET". Und ein Freund hatte unlängst auf die Frage, wann wir denn losgehen woll­ten, den Scherz parat: "Gleich, ich muss nur noch rasch das Internet fertiglesen."

Eindeutige Objektnamen sind immer wichtig
Kleine Stories über das anfängliche Frem­deln mit dem inzwischen nicht mehr neu­en Medium sind das. Wer in die Arbeit als Dolmetscher und Übersetzer parallel zum entstehenden Netz hineingewachsen ist, erinnert sich noch an Zeiten mit sich nur langsam auf­bau­en­den Internetseiten (oder an die ersten elektronischen Schreib­ge­rä­te mit Speichermedien, von Computer möchte ich da nicht sprechen, mein erstes Teil hatte ich mit 16).

Meine Kenntnisse und die meiner engsten Kol­le­gin­nen scheinen sich analog zum Entstehen der digitalen Welt entwickelt zu haben. Ich kann blog­gen, Webseiten bauen, Fotoshop und Ton­schnitt­­pro­gram­me bedienen.

Ein alter Freund bastelt sich und uns gerade einen Online-Verlag; wir alle können Router einrichten, kleinere Fehler erkennen und beheben, und unser Bewusstsein über die Risiken im Bereich Datensicherheit oder Manipulation der Inhalte ist groß.

Ich lebe täglich mit dem Medium, weil es mir als Dolmetscherin und Übersetzerin jeden Tag aufs Neue hilft. Ich füttere es auch fast täglich, damit es später anderen weiterhelfen kann. Demnächst brauche ich für die Restaurierung eines Möbels ein Dingsbums, den Namen des Bauteils kenne ich in allen drei Sprachen nicht, aber ich weiß, wie ich mit Kontext- und Bildersuche nachher exakt das richtige be­stel­len werde.

Meine Recherchefähigkeiten sind berüchtigt. Oft darf ich für nicht so netz­ver­sier­te Freunde Informationen suchen, einfach, weil ich die Suchalgorithmen und die Va­ri­a­ti­o­nen so verinnerlicht habe, dass sie mir gar nicht mehr auffallen. Sie be­rich­ten etwas am Telefon, ich tippe drei, vier Worte, klicke einige Male und kann das Ge­such­te fertigerzählen und dann den ent­spre­chen­den Link mailen.

Lange Vorrede, sicher. Aber Gelegenheiten wie diese sind selten. Mich erfüllt tiefe Dankbarkeit.

Zum Kämmen von Baumwolle
Und mich erfüllt das kalte Grau­sen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es Kolleginnen und Kollegen geben soll, die nicht so arbeiten. Denen die grundlegenden Begriffe und Gedanken des Internets fremd sind, obwohl sie täglich in der Dol­met­scher­ka­bi­ne mit In­for­ma­ti­o­nen, Begriffen und kom­ple­xen, auch wi­der­sprüch­li­chen Bezügen dieser Sphäre zu tun haben.

Hier noch einige Übersetzungsvorschläge, die neulich gesucht wurden, wobei sich Suche und Antworten in den Kommentarzeilen abgespielt haben, also für viele Leser gar nicht sichtbar waren. Leider fehlt in den Mitschriften der Kollegen eines Be­kannten, der sich mit dem Protokoll abmüht, manchmal der Kontext. Ich muss also rätselraten.

Figer le contenu du web könnte "Screenshot der Seite" bedeuten oder "Sichern des Contents" ("sichern" von "Sicherungskopie anfertigen"), denn das französische con­te­nu kommt vom englischen content, auf Deutsch verwenden wir den eng­li­schen Begriff auch. Das dann mit "Inhalte" zu übersetzen, ist innerhalb dieses se­man­ti­schen Feldes nur halb richtig (als Synonym allerdings OK). Im Zusammenhang mit Ar­chi­ven kann es schlicht auch bedeuten: "Webcontent archivieren".

Für travail éditorial würde ich etwas mit "redaktionell bearbeiten", "redaktionell einbinden" (von Links) nehmen. Ich habe bei einem der Notizenschreiber nach­ge­fragt, es ging wohl um das Zugänglichmachen von verstreuten Webseiten, die in einem Portal zusammengefasst, von dort verlinkt und "mit redaktionellen Bei­trä­gen erschlossen" werden sollen.

Bleibt noch le flux des conversations. Hier könnte je nach Sinnzusammenhang möglicherweise das "Chatprotokoll" gemeint sein.


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Fotos: C.E. (Textilmuseum Crimmitschau)

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