Bonjour beim ersten deutschen Blog, das in einer zwei Quadratmeter kleinen Box entsteht — oder am Übersetzervschreibtisch. Die Welt der französischen und deutschen Sprache beschäftigt mich täglich, auch jenseits der Dolmetscherkabine. Hier notiere ich kleine und größere Episoden aus dem Arbeitsleben.
Die besten Jobs kommen gerne zur Unzeit. Das Angebot, als TV-Redakteurin zu arbeiten, erhielt ich einst kurz nach dem Studium an einem Sonntagabend gegen sechs Uhr. Vor einem Monat klingelte das Telefon auch in der Nacht zu Montag, allerdings kurz vor Mitternacht. Der Anrufer hielt sich in einer anderen Zeitzone auf.
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Im Hintergrund: Neukaledoniens Arbeitsminister |
Für den Mann an der Strippe und seine Behörde habe ich bereits gearbeitet. Einen Minister aus Neukaledonien durfte ich damals bei Berliner Terminen dolmetschen. In solchen Telefonmomenten ist das
feed back zum letzten Einsatz immer schön. Es ist von einem neuen Termin die Rede, ich darf eine Kollegin mitbringen. Der Anrufer erwähnte in dem Zusammenhang den Namen einer Dame, die ihm von nicht genannter Seite empfohlen worden war. Ich musste tief durchatmen. Ich hatte ein fettes diplomatisches Problem.
Denn bei der Erwähnten handelt es sich um eine Frau, die sich einmal als extrem unfair erwiesen hat.
Der Begriff "unfair" trifft es nicht. Denn vor einigen Jahren hat diese
|Kollegin| Unkollegin die Frechheit besessen, die Liste unserer Kunden abzutelefonieren. Doch damit nicht genug: Auf die Info, dass man weiter mit mir zusammenarbeiten wolle, sagte sie unwahrheitsgemäß, dass ich jetzt über sie zu buchen sei.
Damit war der nächste Einsatz futsch, und nicht nur der! Es gab natürlich keine schriftlichen Beweise, die Dame hatte den Betrug perfekt eingefädelt. Direkt darauf angesprochen, hat sie übrigens alles geleugnet. Aber hier glaube ich eher meinem etwas vertrauensseligen Kunden (der sich danach nicht mehr vertan hat), sowie anderen gleichlautenden Berichten.
Zurück zum nächtlichen Spätsommertelefonat und Flucht nach vorn: Ich fädelte mich ein als jemand, die unangenehme Erfahrungen am liebsten vergisst, deutete den Vorfall aber doch an. Die Antwort kam prompt: "Sie sollen ihre Kollegin selbst auswählen, jene, mit der sie sich bei der Arbeit wohlfühlen!" Das tat schon mal gut.
Dann ging es um die Zahlungsmodalitäten. Es fiel das Wort "Agentur". Prompt war ich wieder kurz davor zu hyperventilieren ...
... denn Agenturen unterscheiden sich in einem zentralen Punkt von Dolmetschernetzwerken wie den unseren: Agenturen verdienen ihr Geld mit der Vermittlung von Dolmetschern, wir aber mit dem Dolmetschen selbst. Und weil bei internationalen Events ich am Ende das, was aus der Italienischkabine an Deutschsprachigem produziert wird, ins Französische wuppen darf, liegt mir die Qualität der Italienischkabine sehr, sehr am Herzen.
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anderer Tag, anderer Ort |
Viele Agenturen spielen indes nur Flaschenhals. Vor allem die neuen, die als Internetportal auftreten, und manche große mit Renommieradresse sind nicht selten fachfremd und verhökern die Jobs im schlimmsten Fall nur auf blöden
My-hammer-my-voice-Webseiten. (Ich bin jetzt böse, aber digitale Minijobzentralen gibt's auch für Spracharbeiter. )
Angesichts der späten Stunde war ich dann wohl nicht mehr ganz so diplomatisch wie zuvor. Jedenfalls machte ich kurz den Unterschied zwischen Agentur und Netzwerk klar und dass wir nicht für 30-70 % unseres Honorars arbeiten würden. Und wieder reagierte mein Gegenüber, wie ich es mir immer gewünscht hatte. Nein, sagte der Mann am Telefon, es gehe nicht um eine Dolmetscheragentur, sondern ein Eventveranstalter würde alles in Berlin abwickeln, es gehe doch schließlich um eine Delegationsreise von fünf Tagen für 30 Personen. Und ergänzte: "Nein, Sie sollen ihr übliches Honorar bekommen, wir werden die Haie nicht füttern! Ich kenne das selbst, in meinem Becken schwimmen auch welche mit."
Meine Erleichterung war groß. Und sie ist inzwischen wieder verflogen. Derzeit flattern mir nur schriftliche Ankündigungen der Buchung aus London, hier sitzt ein Berater, und Neukaledonien in den Briefkasten, die Bitte um etwas Geduld, der Terminplan sei noch wacklig, war auch wiederholt dabei. Gestern fragte ich wieder nach, großes Erstaunen auf der anderen Seite: Man habe die Buchung doch längst rausgeschickt ... bzw. die Stelle, die sich um die Abwicklung der Organisation kümmere.
Mir wird mehr als flau im Magen. Wo kann die hingekommen sein? Wer hat sie abgefangen, wer hat meinen Mailaccount gehackt oder in der Berliner "Eventagentur" etwas 'fehlgeleitet'?
Das sind Situationen, die mir Nachtschlaf rauben, weil der Kontakt mit den Menschen auf der anderen Erdhalbkugel nachts geschieht. Weiter mit dem Warten geht's
hier.
P.S.: Wie gut, wenn Anwälte in der Familie sind.
Konkludent ist aufgrund des Schriftverkehrs längst ein Vertrag geschlossen. Das beruhigt mich jetzt ein wenig.
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Fotos: Reinhard Mader, C.E.