Mittwoch, 16. Oktober 2013

Mediendolmetschen (4., die Zwote!)

Will­kom­men, bien­ve­nue & hel­lo beim ersten deut­schen Web­log aus dem In­ne­ren der Dol­met­scher­ka­bine. Hier lasse ich unsere Arbeit Revue passieren. Ist diese für die Öffentlichkeit bestimmt, denke ich auch über Inhalt und Form nach.

Hier die Fortsetzung meiner Drehgeschichte von gestern. Freitagnachmittag wa­ren wir drehen, anschließend eilten die Protagonistin und ich erschöpft und hung­rig ins nächste Restaurant. Montagvormittag ging es fürs Team weiter, wäh­rend sich unsere Heldin auf dem Rückflug nach Afrika befand. Der Ka­me­ra­mann hat­te inzwischen alle Bilder eingespielt, der Journalist seinen Bericht geschrieben, nur die französischen O-Töne (Originaltöne) fehlten noch.

In-Punkt, Out-Punkt
Meine ersten Schnitterfahrungen durfte ich in den 1990-er Jahren in Frankreich sammeln. Damals hatte uns die Software immer nach "Point IN" und "Point OUT" gefragt. Ich lerne also gleich In-Punkt und Out-Punkt, bestes DEnglish.

Da der Journalist die Reihenfolge seiner Argumente schon festgelegt hat, braucht er jetzt die passenden Stellen. Je nach Auswahl verändert sich wiederholt der auf das Interviewzitat hinführende Kommentar. Beim Sichten verdolmetsche ich die takes simultan. Außerdem tippe ich meine Übersetzungen parallel dazu in den Laptop.

Blick auf den Arbeitstisch
kreative Arbeitsstimmung,
drei Menschen,  vier Computer
Jedes Mal, wenn uns die Passagen der In­ter­view­ten zu lang erscheinen, schreibe ich in Klammern auch im­mer die französischen Ori­gi­nal­zi­ta­te mit auf, um späteres Schnei­den zu erleichtern, denn ich bin nur am Vor­mit­tag mit von der Partie.

Mi­cha­el, der Journalist, spricht inzwischen leise sei­nen Text und prüft, ob der Rhythmus stimmt.

Der Kameramann-in-Per­so­nal­union-mit-Cutter "trimmt" derweil die Töne. Dann ruft der Sender an, unser Beitrag soll gleich am Abend laufen, er darf etwas mehr als zwei Minuten lang dauern. Aber zwei Minuten sind nicht viel. Entsprechend kurz und prägnant müssen die einzelnen Zitate sein.

Ausgerechnet bei ihrem letzten Satz hatte die Interviewte mitten im Sprechfluss die Idee geändert und die Aussage ganz leicht verstolpert. Das hatte ich beim Dreh nicht gehört. Gesprächspartner so lange zu triezen, bis alles perfekt an- und aus­ge­spro­chen ist, ist nicht der Stil aller Redaktionen. Es gibt allerdings Medienleute, die so arbeiten. Bei ungeübten Sprechern empfiehlt sich derlei jenseits aller me­dien­ethi­schen Bedenken meistens schon deshalb nicht, weil diese immer schneller werden, ins Leiern kommen ... oder die Sätze erst richtig verstümmeln. (Kleine Erinnerung in dem Zusammenhang: Lottogewinner Erwin Lindemann von Loriot.)

Bevor ich mich von den Kollegen verabschiede, erbitte ich eine Kopie unseres Interviews, einiger zugehöriger Auf­nah­men sowie des fertigen Beitrags, denn ich werde irgendwann auch hierzu unterrichten. Nächstes Sommersemester kehre ich als freie Lehr­be­auf­trag­te erstmal in Sachen Französisches Kino an die Universität zurück. (Ich freue mich darüber. In den Nuller Jahren war ich sieben oder acht Jahre lang "in der Leh­re".)

Hier geht's zum Filmbeitrag von Michael Reiter für die dänischen Haupt­abend­nach­rich­ten: Klick! Er soll für ca. sechs Monate online stehen.

Schnittsituation und Ransprung
Das Bild kennen Sie schon? Wir auch! Filmarbeit besteht zum Großteil aus Wiederholungen!

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Fotos: C.E.
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