Mittwoch, 23. Oktober 2013

F-Word

Bien­ve­nue beim Web­log aus der Dol­met­scher­ka­bi­ne für die fran­zö­si­sche Sprache! Oft schrei­be ich mei­ne Ein­trä­ge aber auch am Über­setzer­schreib­tisch. Mei­ne Fach­ge­bie­te: Po­li­tik, Wirt­schaft, Soziales und Kino. In den nächsten Wochen bringe ich immer mittwochs eine erläuterte Filmvokabel.

Licht und Folien vor verhängtem FensterDas Team dreht in einer Bar, es macht nicht die Nacht zum Tage, sondern den Tag zur Nacht. Alles wird abgehängt, bei der rauschenden Party blin­zelt von außen eine Stra­ßen­la­ter­ne herein. Nächstes Bild: Zerzaust früh­stücken die Helden, Ka­me­ra­fahrt von in­nen nach außen. Für solche Einstellun­gen wer­den Licht­fo­lien verwendet.

Ganz offiziell heißen sie "Farbfilterfolien", auf Französisch la gélatine, offiziell: les filtres correcteurs. Diese Vokabel lernte ich vor vielen Jahren eher durch Zufall.

Am Vorabend einiger Berliner Drehtage mit einem Dokumentarfilmteam aus Paris ging ein Notruf auf meinem Anrufbeantworter ein. Diese Vokabel gibt schon den entscheidenden Hinweis: Es war die Zeit vor der Popularisierung der Mo­bil­te­le­fonie, damit auch die Zeit vor Popularisierung des weltweiten Netzes, in dem sich heute derlei rasch recherchieren lässt.

Folie wird auf Rahmen aufgezogenDie aufgezeichnete Stimme informierte mich nervös, dass das Team les gélatines im Kof­ferraum des Taxis vergessen habe. Vor dem nächsten Mor­gen, dem Dreh­be­ginn, durf­te ich das or­ga­ni­sie­ren. Kleines Problem: Ich wusste noch nicht, was eine gélatine war, aber es hat auch im ana­lo­gen Zeitalter ge­klappt. Hier steht was darüber.

Gleich noch eine Anekdote: Dem Vernehmen nach soll das Privathaus Erich Ho­neckers in der "Waldsiedlung Wandlitz" über einen Schrank mit Pornofilmen verfügt haben, natürlich alles Importware. Der Schnack kursierte nach der Wende in Bür­ger­rechts­krei­sen. Und inmitten dieser "Werke" stand völlig einsam ein ein­zi­ger Art-house-Film, der Streifen la nuit américaine ("Die amerikanische Nacht") von Fran­çois Truf­faut. Honecker hatte das mit dem "amerikanisch" wohl für eine se­xu­elle Spielart ge­hal­ten, dabei wird hier nur mit Lichtfolien Nacht simuliert. Ob ihm beim Sehen etwas aufgefallen ist? Ob das Video mit­ten­drin ge­stoppt worden war? (Karasek hat Mitte der 1990-er Jahre im "Spiegel" die Episode auf­ge­grif­fen und spricht von knapp 5000 Softpornos.)


Vor der Sommerpause habe ich hier den Weißabgleich vorgestellt.
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Fotos: C.E.

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