Dienstag, 22. Oktober 2013

Schnellangriffsschlauch

Was Dol­­­met­­­scher und Über­­­setzer ma­­chen, ist der brei­­ten Öf­­fent­­lich­­keit oft nicht ge­­nau be­­kannt. Hier schrei­­be ich da­­rü­­ber. In me­i­ner Sprach­­ar­­beit ha­be ich mich auf die Be­­rei­­che Me­­dien, Po­li­tik, Kul­tur und Ge­sell­schaft spe­ziali­siert.

Wir Dolmetscher und Übersetzer sind Glückskinder, aber verraten Sie das bitte nicht groß weiter. Allein, wer dieses Gefühl teilen möchte, sollte als offener, an vielen Dingen des Lebens interessierter Mensch durch die Welt gehen — und Sinn für Kontraste haben.

Wie ich zu einer solchen Behauptung komme? Ganz einfach, ich nehme mal kurz meinen Berufsalltag als Beispiel. An einem Tag kann es vorkommen, dass ich mit französischen Streetworkern aus einem Pariser Vorort in Neukölln unterwegs bin, die sich über die Arbeitsweise ihrer deutschen Berufskollegen informieren möchten. Und am Tag drauf wiederum ist es möglich, dass ich mit französischen Haushaltsausschussmitgliedern bei deren Kollegen im Bundestag weile ... und wir dann auch noch im Bundeskanzleramt auf Staatssekretäre treffen.

Naja, derzeit geschieht das nicht, gerade ruht die deutsche Politik bzw. ihre Pro­ta­go­nisten verhandeln sich im Hinblick auf eine Große Koalition aufeinander zu. In den Fachreferaten scheint die Arbeit zu ruhen. Wenn der Dampfer dermaleinst wieder ablegt, wird, das ist anzunehmen, auf die Tube gedrückt. Aber mehr als soundsoviel Knoten schafft er nicht, auch wir Sprachmenschen kennen natürliche Grenzen. Das droht stressig zu werden.

Also freue ich mich erstmal an der großen Bandbreite meiner Einsatzfelder. Derzeit sitze ich an einem Tag bei einem französischen Konzernchef in der Charité am Kran­ken­bett, denn dort versteht niemand trotz des schönen Kran­ken­haus­na­mens die noch schönere Sprache Molières. An einem anderen Tag bin ich beim Dreh eines Magazinbeitrags über ein Wirtschaftsthema dabei und erkunde Werkhallen. Oder aber ich dolmetsche einen Asylbewerber bei seinem Gespräch mit dem Anwalt und einen Filmstar beim Hörfunkinterview.

Ja, wer neugierig ist, gerne liest und lernt, rasch in Kontakt mit den denkbar un­ter­schied­lichsten Menschen kommen kann und ein hohes Maß an Empathie und Sprach­ta­lent besitzt, der lebt als Dolmetscher das Leben eines Glückskindes. Der Rest ist lustvolles Puzzeln. Das Wort "Schnell­spann­plat­te" gehört in die Kameratechnik, die von Kollege A. |entdeckten| übersetzten "Schnellangriffsschläuche" hängen mit der "Steigleitung" zusammen.

Lieber A., was hast du aus diesen Schläu­chen im Spanischen eigentlich gemacht? Und gibt es noch einen schrägen Tech­nik­be­griff mit Schnell- als Vorsilbe?

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Foto: C.E. (Feuerwehr Wiener Straße. Das Wesen links war
einst das männliche role model des weltbesten Patensohns.)

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