Bienvenue auf der Blogseite einer Dolmetscherin und Übersetzerin. Französisch ist meine zweite Arbeitssprache, Englisch meine "passive" Sprache. Hier erhalten Sie Einblicke in die Berufswelt von Sprachmenschen. Heute: Alltagsärger.
Beim Geldbeutelausräumen und Belegesortieren fiel mir neulich dieses Prachtstück von Kassenbon in die Hände:
Dass sich der Plural von Apfel so schreibt, war mir neu, dabei hatte ich nur ein harmloses, vorgepacktes Apfelnetz gekauft.
Und dass hier das Rot in das Rund muss, scheint ja wohl klar!
Im Ernst, die kleinen, roten Pflaumen und die uneckigen Tomaten, die esse ich lieber selbst, anstatt mit ihnen Fußball zu spielen!
Bei einigen Beratungen mit anderen besserwisserlichen Sprachmenschen mutmaßte der eine, Apfels sei die unbeholfene Abkürzung für Apfelsine. Aber mir zeige bitte jemand den "heimischen" Orangenbaum. Ein anderer meinte, dass "Apfels" einfach "Apfelsorte" heißen könne.
Warum wurde die Kasse so schlampig programmiert? Und überhaupt, inzidentelles Lernen findet ja auch beim Einkaufen statt, so dass Kinder und Zugereiste auch bei falscher Großschreibung fehlerhaftes Deutsch lernen. Wenn's mal nur die wären! Jeder 6. erwachsene Mensch hier in "Deu" (siehe Bon) verfügt, der neusten Bildungsstudie der OECD zufolge, über die Lesefähigkeit von Zehnjährigen. Schlimm genug. Aber warum dürfen gerade die entscheiden, was am Ende auf den Kassenbons steht?
Nennt mich kleinlich, aber Lernen ist nun mal eine lange Strecke, die aus Milliarden kleiner Schritte und viel Achtsamkeit für die Mitmenschen besteht! Wenn der weltbeste Patensohn seinen Turnbeutel sucht, sage ich doch auch: "Der liegt auf dem Klafünf!", nicht ohne anschließend zu fragen, warum ich "Klafünf" gesagt habe. Wer wirklich lernwütig ist, und das sind Menschen eigentlich von Natur aus, lässt keine Chance aus.
P.S.: Anders, als einer der Kollegen annahm, stammte der Einkaufsbeleg nicht vom Vietnamesen an der Ecke, sondern von einer in Berlin ansässigen Biomarktkette.
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Foto: C.E.
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