Dienstag, 22. Januar 2013

Happy birthday!

Heute jährt sich die Unter­zeichnung des Elysee-Vertrags zum 50. Mal. Herzlichen Glückwunsch! Joyeux anniversaire !

Viel ist noch zu tun, denn in Sachen gegenseitigen Verstehens befinden sich unsere Völker leider wohl eher auf dem Rückzug. Und da die Worte "Verstehen" und "Verständnis" ja verwandt sind ...

Die Zahlen der Schüler, die die Sprache des Nachbarn lernen, stagnieren seit Jahren bzw. schrumpfen sogar. In Frankreich wurden unter Sarkozy die Stundenzahlen für die 2. Fremdsprachen drastisch reduziert, in vielen deutschen Schulen wird Frühfranzösisch gar nicht angeboten oder in direkter Konkurrenz zu Sport- oder Musik-AGs.

Insgesamt wird dem Gros der Schüler in beiden Ländern zu spät ernstgemeinter Sprachunterricht angeboten, und zwar oft genau dann, wenn sich durch die hormonellen Veränderungen der Puber­tät das "Zeitfenster" für optimales Sprachenlernen gerade schließt. Dass sich dieses Drama seit meiner Schul­zeit nicht geändert hat, seither sind zwei Jahrzehnte vergangen, kann ich nicht verstehen.

Heute Morgen, nach einem kleinen politischen Frühstück, das ich dolmetschen durfte, bei einer kunstorientierten Besichtigung des Bundestages: französische Volksvertreter fotografieren die Grafitti russischer Soldaten von 1945. Auf die Frage nach ihren Reisegewohnheiten stellt sich heraus, dass einige nach dem Mauerfall ein- oder zweimal in Berlin waren, etliche aber noch gar nicht. Die regelmäßigen Konsultationen, die im Elysée-Vertrag festgeschrieben worden sind, finden statt, ihre Begrenzungen sind offensichtlich. So, wie Studenten heute Austausch alltäglich erfahren, wäre das für die Politiker auch wünschenswert.

Ich fange an zu träumen: Freunde laden einander doch auch nach Hause ein, in Berlin mit den großen Wohnungen sollte das kein Problem sein, und französische Parlamentarierer gehören auch eher zu jenen, die sich ausreichend Wohnraum leisten können. In fünf Jahren Jahren fällt der 22. Januar auf einen Montag, in zehn Jahren auf einen Sonntag. Da könnte man es ja so machen, dass die Gäste am Freitag ankommen, bei Kollegen und sonstigen am Austausch interessierten Bürgern einquartiert werden (Sprachlehrer, Dolmetscher, Gewählte aus den Regionalparlamenten, mein Apotheker ist sehr frankophil, der wäre sicher auch bereit) und dass den offiziellen Festakten echte Begegnungen vorausgehen.

Die Mehrzahl der Reisenden bleibt dieses Mal nicht einmal über Nacht. On n'est pas amis, on le devient, sagte François Hollande dieser Tage, "niemand ist per se Freunde, Freunde wird man".

Ach, und im Radioprogramm France Inter zitierte Dominique Seux heute in der live aus Berlin gesendeten Morgensendung Le 7/9 nicht nur: "Der Weg ist das Stil" (anstatt 'das Ziel'), er schrieb den Ausspruch auch noch Goethe zu. (*)

Naja, WZBW — CQFD.

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Illustration: offizielles Logo
*: Ich hatte mal gelernt, dass der Ausspruch auf Konfuzius
zurückgehen soll. In der 23. Minute der Sendung, wie sie
online nachgehört werden kann, oder aber am Ende hier.

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