Vor drei Jahren wurde die steuerliche Absetzbarkeit von häuslichen Arbeitszimmern für viele Berufstätige gestrichen, was mich sehr
ärgerte; jetzt wird das teilweise rückgängig gemacht werden. In Karlsruhe hat das Bundesverfassungsgericht gesprochen - und dem Gesetzgeber aufgegeben, für solche Berufsgruppen die steuerliche Relevanz eines eigenen Arbeitszimmers wieder einzuführen, die sonst über keinen Arbeitsbereich verfügen. Das betrifft Lehrer, Stadtführer, Nachwuchsanwälte ohne externe Kanzlei, Vertreter im Außendienst - und Dolmetscher.
Selbst wenn wir den sichtbaren Teil unserer Arbeit in der Kabine oder auf der Bühne erledigen, so ist das doch nur die berühmte Eisbergspitze: Einem Arbeitstag draußen entsprechen im Normalfall zwei (bis in Krisenzeiten drei) Arbeitstage, die mit Akquise, Vor-/Nachbereitung sowie Verwaltung zugebracht werden.
Zum Beispiel das Lernen: Es gibt Aufträge, die entsprechen der eigenen Fachrichtung, da ist die Vorbereitungszeit minimal. Für andere muss ich aber wieder fünf Tage pauken - und diese Tage teilen sich meist in halbe Tage auf. Die Arbeit mit Sprachen ist sehr anstrengend. Niemand kann sich zehn Stunden pausenlos konzentrieren, also vermischen sich intensive Lernphasen mit Weiterbildung, Ablage und Hintergrundrecherche. Diese Arbeit sieht niemand. Damit bereiten wir uns auf den Einsatz vor.
Anderen Berufen geht's ähnlich. Eine Anwältin hat ihren großen Moment bei Gericht, ein Stadtbilderklärer, wie der Stadtführer auf Ostdeutsch hieß, zwischen historischem Mauerwerk. Ohne die Vorbereitung, die ja nicht auf dem Kaffeehaustisch oder dem klappbaren Flurtischchen stattfinden kann, läuft das nicht. (Dass das Gesetz nicht wasserdicht war, ging schon daraus hervor, dass bei Freiberuflern das Arbeitszimmer von etlichen Ämtern weiter anerkannt wurde, während es bei Angestellten gleicher Berufsgruppen meist aberkannt wurde, so der Tenor im Kollegenkreis.)
Die Regelung wird jetzt rückwirkend zum 1.1.2007 geändert, was sich nur bei noch nicht rechtskräftigen Steuerbescheiden auswirkt.
In einem Punkt bleibt es indes beim Alten. Bis Ende 2006 konnte man sein heimisches Arbeitszimmer grundsätzlich absetzen, wenn außerhalb ein Arbeitsplatz vorhanden war, und zwar auch dann, wenn die/der Berufstätige dort nur einen Teil seiner Arbeitszeit verbrachte.
Beispiel: die alleinerziehende Mutter, beeidigte Übersetzerin und Dolmetscherin mit Publikumsverkehr im externen Büro, die abends im Heimbüro das nachholt, was seit Kindergarten-/Schulschluss liegengeblieben ist. Nach dem Richterspruch soll dieses separate Arbeitszimmer in der eigenen Wohnung, das (in der Außendarstellung) nicht den Arbeitsmittelpunkt bildet, möglicherweise aber doch der Ort ist, an dem mehr als die Hälfte der Arbeitszeit verbracht wird, weiterhin nicht steuermindernd geltend gemacht werden dürfen.
Richtig schnucklig liest sich Begründung des Richterspruchs: "Die vom Gesetzgeber mit der Neuregelung beabsichtigte Haushaltskonsolidierung könne für sich allein die Abkehr vom Veranlassungsprinzip nicht rechtfertigen. Förderungs- oder Lenkungszwecke, die Grundlage einer sachlichen Rechtfertigung für eine Abweichung vom Veranlassungsprinzip sein könnten, lägen nicht vor."
Übersetzt heißt das in etwa: Das Wort "Steuer" kommt von
steuern, und wenn der einzige Grund für eine Berechnungsänderung Mehreinnahme
n des Staates sind, reiche das nicht aus.
Hier mehr: Beschluss des Zweiten Senats des BVG vom 6. Juli 2010, AZ: 2 BvL 13/09
P.S.: Übersetzer, die Texte schriftlich übertragen, arbeiten fast ausschließlich im Arbeitszimmer und haben erhöhten Bedarf an Staufläche für Wörterbücher, Fachbücher und spezifische Dokumentationen.
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Foto: Die Arbeitsecke im Wohnzimmer
ist nicht absetzbar