Montag, 3. November 2008

Freie Sicht (2)

Der "Philosophenweg"
Guten Tag oder gu­ten Abend! Sie le­sen in ei­nem Ar­beits­ta­ge­buch, das den The­men Spra­che, Dol­met­schen, Über­set­zen und Kul­tu­ren ge­wid­met ist. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­le­rin ar­bei­te ich dort, wo ich ge­braucht wer­de, oft am Film­set, bei Kun­den oder in der Dol­met­sch­ka­bi­ne. Bei den Ka­bi­nen gibt es gro­ße Un­ter­schie­de.

Es war ein­mal ein eu­ro­pä­i­scher Staat, der be­auf­trag­te ei­nen sei­ner be­rühm­tes­ten Söh­ne, im Nach­bar­staat ei­ne Bot­schaft zu bau­en. Die­ser bau­te, und es ka­men sehr schö­ne Vo­lu­mi­na her­aus - au­ßen wie in­nen. Zum Bei­spiel der so­ge­nann­te "Phi­lo­so­phen­weg" als Dach­be­grü­nung ei­nes Sei­ten­flü­gels. Hier möch­te ich mich gern ein­mal er­ge­hen, der Blick reicht si­cher weit.
Der Blick aus dem Sitzen

Ein an­de­res Vo­lu­men du maî­tre ist der gro­ße Ver­an­stal­tungs­saal: Lei­der ist es hier im Ne­ben­ge­lass, der ein­ge­bau­ten Dol­met­scher­ka­bi­ne, mit dem frei­en Blick alles an­dere als gut be­stellt. 

Wir ha­ben hier ei­nen wirk­lich ein­wand­frei­en Blick auf die Zu­schau­er­reak­ti­onen! 


Der Blick, nach vor­ne ge­beugt, ge­dreht


Das Set­ting er­in­nert ein we­nig an das Ins­ti­tut Fran­çais am Kur­für­sten­damm. Zu un­se­rer Arbeit ist al­ler­dings wich­tig zu wis­sen, dass wir im Zwei­fels­fall von den Lip­pen ab­le­sen.

Nor­ma­ler­wei­se jedenfalls. Hier ist al­ler­dings nicht viel zu se­hen, nicht ein­mal die PPTs. Nicht im­mer er­rei­chen uns al­le Prä­sen­ta­tio­nen im Vor­feld.

Mit der Na­se fast an der Glas­schei­be
Was tun? Wir ste­hen auf, beu­gen uns nach vorn, ver­dre­hen den Ober­kör­per, ver­suchen, in der aus or­tho­pä­di­scher Sicht frag­wür­di­gen Hal­tung ge­nug Luft zu be­kom­men und spre­chen weiter. Lange geht diese Haltung natürlich nicht gut, wenn die Na­se fast die ers­te Glas­schei­be der Dop­pel­ver­gla­sung be­rührt, man prak­tisch auf dem Tisch sitzt (sie­he zum Ver­gleich den Rah­men des Com­pu­ters). 

Im Ste­hen keine volle Sicht!

Mir fällt ei­ne Lö­sung ein. Lei­der gibt es in mei­ner Bran­che sowas wie die Ver­pflich­tung, nicht zu kla­gen. Daher ist das gan­ze Pos­ting hier ei­gent­lich ein Un­ding. Zum Glück ha­be ich so gut wie kei­ne Leser:in­nen, nur Euch Stu­die­ren­de.

Sollte mich mal je­mand direkt darauf an­spre­chen, würde ich ant­wor­ten, dass eine Ka­me­ra und Mo­ni­to­re für Ab­hil­fe sor­gen könnten, einen Mo­ni­tor fürs Büh­nen­ge­sche­hen, einen für die Prä­sen­ta­tio­nen. Mit dem Lip­pen­ab­le­sen dürfte es wei­ter­hin schwie­rig wer­den, aber die­se Ver­bes­se­rung wäre schon ein­mal phä­no­me­nal.




Dolmetscherin mit Laptop in der Kabine
Ei­ne strah­len­de Kol­le­gin!
Merci beau­coup, chère Mi­chèle, dass Du für mich kurz die Hal­tung für die "hal­be Sicht" ein­ge­nom­men hast. (2. Bild aus der Ka­bi­ne).







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Fo­tos: C.E.

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