Oft werden wir gefragt, warum wir meist zu zweit in der Dolmetscherkabine sind. Von Sebastian Weitemeier, einem Berliner Kollegen, der heute (wieder) in Nizza lebt, stammt die Antwort: "Der eine dolmetscht, der andere hört zu!" Das mag verunsichern, klingt es doch so, als hörte der dolmetschende Kollege nicht mit. Wir arbeiten im Wechsel, die Übergänge müssen passen, "auf Anschluss sein" (raccord) - und der/die Zweite schreibt für den-/diejenige(n), der/die "dran ist", oft Zahlen, Akronyme oder Fachtermini auf.
Es gibt Tage, an denen ist einem aber zum Weghören und es geht nicht. Ich denke an einen grausamen französischen Film, den ich nie und nimmer zuende gesehen hätte, wäre da nicht das Publikumsgespräch zu dolmetschen gewesen. Das war im Berliner Kino Arsenal vor neun Jahren.
Oder heute, als Kirsten Heisig, eine Berliner Jugendrichterin, aus ihrer Arbeit berichtet hat. Die Grausamkeit der Straftaten, die in der Statistik weiterhin lediglich unter "schwerer Raub" geführt wurden, habe signifikant andere Ausmaße angenommen, erzählt die Richterin, und führt aus. So detailliert wollten wir das gar nicht wissen, aber uns Dolmetscherinnen ist Weghören verboten. Der Arbeit und dem passenden Übergang wegen. Und meistens vergessen wir auch rasch, was wir am Tag so alles erzählt haben. Hier wird es schwer fallen. Zum Glück sind wir zu zweit und können das Gehörte auch gemeinsam verarbeiten.
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