Willkommen beim Blog aus der Arbeitswelt. Wie Dolmetscher und Übersetzer arbeiten, ist oft nicht gut bekannt. Seit die Pandemie ausgebrochen ist, hat sich unsere Arbeit stark verändert.
Warum ein zweiter Monitor, hat mich eine Kundin gefragt. Sie meint das Bild von gestern.
Die Sache ist schnell erklärt. Wir haben hier auf einer Konferenzseite gearbeitet, die nicht von den Bedürfnissen von uns Spracharbeiterinnen her gedacht worden ist. Die Kunden greifen in der Regel auf Seiten zurück, die sie kennen, die bekannteste ist wohl Zoom. Bei dieser Seite gibt es keine Funktion zur Stafettenübergabe, also den Wechsel zwischen uns Dolmetscher/innen, wir hören dort auch nicht, was die Kollegin/der Kollege sagt, wenn sie oder er dolmetscht. Und das Mithören dort ist wichtig. Darüber später mehr.
In einer Kabine geschieht der Wechsel mit Blicken und Handzeichen, jetzt sitzen wir aber meistens an verschiedenen Orten. Das macht die Arbeit komplizierter.
Wir melden uns einmal als Dolmetscher/in zu den Veranstaltungen an, ein zweites Mal als Teil des Publikums: Auf dem Rechner habe ich dann die Veranstaltung mit den "Kacheln", auf denen ich so groß es irgend geht die Redner/innen sehe, hier schalte ich mich als Dolmetscherin zu, und über das andere Gerät höre ich meine Kollegin der digitalen Kabine. Es ist wichtig, dass ich das zweite Mikrofon auf "stumm" stelle, sonst gibt es einen bösen Echoeffekt.
Was für Hinweise und Tipps gibt es noch aus der Praxis? Für alle Teilnehmenden ist es wichtig, vor jedem Einsatz die Software zu aktualisieren, bei einem mehrtägigen Event am besten täglich, denn die Software wird ständig verbessert. Sonst kann passieren, dass die angebotene Dolmetschfunktion aus Sicht des Publikums, eine Weltkugel, über die die gesuchte Sprachversion ausgewählt werden kann, bei veralteter Software nicht angezeigt wird.
Links (sehr klein) das Handy als zweiter Monitor |
Auch kann ich aus Erfahrung empfehlen, vor Beginn einer Ferndolmetschsitzung den Rechner neu zu starten, denn nicht alle Programme kündigen vorab an, wenn sie auf die Soundkarte zugreifen.
Und um die volle Leistung der Soundkarte und der Internetbandbreite zu verfügen, öffne ich anschließend auch nur die Fenster, die ich für die Arbeit wirklich brauche.
Für Präsentationen, Vokabellisten und zum raschen Nachschlagen habe ich letztes Jahr sogar ein drittes Gerät verwendet. Ein Technikdienstleister hatte die Kabinen in einer Halle aufgebaut und uns statt normaler Dolmetscherpulte Computer hingestellt, daneben einen kleinen Monitor für die Standleitung zur Kollegin, die in einer eigenen Bos saß. Dann kam noch der eigene Rechner fürs Material hinzu und schon war die Sache ein wenig |eng| unübersichtlich.
Bei externen Einsätzen finde ich es übrigens positiv vorab zu klären, ob und welche Technik genau vor Ort angeboten wird, PC oder angebissen' Obst, weil sie nicht die gleichen "Shortcuts" haben (Tastenkombinationen für Sonderzeichen und besondere Funktionen). Beim Dolmetschen machen meine Hände ihre Arbeit automatisch: Vorlagen oder Wörter suchen, irgendwo einloggen, Multitasking halt. Da hab ich kein Neuronenfitzelchen frei um mir zu überlegen, wie dies oder das bei "den anderen" nochmal war.
Lustig ist, dass eine Firma wie Zoom derart weit entfernt ist von der Spracharbeit, dass sich ein Übersetzungsfehler in der Software jetzt über Monate hält. Wenn der Host der Veranstaltung unsereinen zu Dolmetschpersonen erklärt hat, ploppt auf unserer Seite ein Fensterchen auf: "Ihnen wurde ein Dolmetscher zugewiesen." Das ist die korrekte (automatische) Übersetzung eines fehlerhaften Satzes, der eigentlich heißen müsste: You have been assigned as interpreter, Sie sind als Dolmetscher eingeteilt (und nicht an).
Insgesamt müssen wir bei Ferndolmetschen eine höhere Frustrationstoleranz haben. Wir sehen nur einen Teil der Kunden, die Zusammenarbeit ist nicht so eng auf besonderen Dolmetscherseiten oder vor Ort, wir bekommen kaum Feedback. Es ist ein wenig wie in einen leeren Raum hineinzufunken.
Jetzt muss ich noch den oben angekündigten Gedanken zuende bringen: Dolmetschen ist grundsätzlich Teamarbeit, wir schreiben füreinander auch Begriffe, Daten
und Zahlen auf. Das fällt bei Ferndolmetschen, bei dem die Doppelkabine räumlich getrennt ist, bislang auch weg. Daher sollte bald eine Tabletfunktion kommen, wo wir mit einem Stift etwas auf den Monitor (noch einen!) schreiben können, was dann nahezu zeitgleich auf dem Tablet der Kollegin/des Kollegen zu sehen sein würde. Mit einem Fingertippen ließe sich die Notiz aus der Handschrift heraus schließlich als getipptes Wort in eine Vokabelliste einfügen, die sich am besten von alleine alphabetisch aufsteigend sortiert.
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Foto: C.E.
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