Dienstag, 15. März 2011

Interview dolmetschen

Jetzt sitze ich also im Wintergarten der Wolfs. Drei Zimmer weiter hat das fran­zö­si­sche Team drei Kameras aufgebaut, die Maskenbildnerin geht ans Werk, let­zte Kabel werden versteckt. Noch nie habe ich bei einem Dokumentardreh mit so vielen Leuten gearbeitet. Rasch über­flie­ge ich zwanzig Seiten Notizen und Fragen.

Es ist das Material der Interviewerin, das mir die Leiterin der Arte-Reihe, die Au­to­ren verschiedener Länder vorstellt, zögerlich geliehen hat. Ich tippe Zitate ab, krame in den Hirnwindungen, Ab­tei­lung Abiturzeit: Was hat Thomas Mann nochmal über Talent gesagt?
(Ach, wenn ich dieses Papier 24 Stunden vorher bekommen hätte! Aber keine Zeit für Selbstmitleid.)

Eben noch hatte ich als Lichtdouble in Christa Wolfs Arbeitszimmer gesessen. Viel Aufwand für fünf Minuten, die am Ende übrigbleiben, befand denn auch augenzwinkernd die Grande Dame der deutschen Literatur. — Schnell wei­ter­le­sen, noch ein Originalbuchtitel raus­ge­sucht, mit den Zitaten ist das schon schwie­riger, dennoch: es lebe das In­ter­net! Dann geht's los.

Anderthalb Stunden Fragen und Ant­wor­ten ... leider sitze ich hier ohne Kol­le­gin, dafür ist es das einzige Interview des Tages. (Im Schnitt sind es drei In­ter­views täglich.) Zwi­schen­durch muss ich husten — und das Gerät zum Umschalten der Kanäle, übder das mich Autorin und Interviewerin hören, hat be­dau­er­li­cher­wei­se keine Räuspertaste.

Die Schriftstellerin bewegt sich ... und hinter ihr rutscht das Kabel vom "Knopf im Ohr" in den sichtbaren Bereich. Wie sag' ich's meinem Team? Und ist das nicht der Job der Kameraleute? Die sind ja so zahlreich ... Muss ich denn alles machen?, der Hinterkopf rödelt und ver­liert unnötig Energie. Ich halte erstmal die Klappe — in sehr beredter (dol­met­scher­ty­pischer) Weise.

Irgendwann merkt das Team die Sache mit dem verrutschten Kabel dann doch. Mit Gaffer-Band wird es Madame auf den Rücken geklebt.

Und noch am Abend soll ich die Fragen der nächsten Interviews zugemailt be­kom­men.
Geht doch.


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Fotos: C. Elias (zum Vergrößern Bilder anklicken)

3 Kommentare:

Silke hat gesagt…

Na und, haste die Fragen im Vorfeld dann immer bekommen? Liest sich spannend, Deine Reportage! Schön, dass Du ab jetzt auch wieder selbst mehr schreibst, als Autorin meine ich.
Schön war das, Dich gestern zu sehen! Viel Erfolg beim Dreh noch und lass Dich von den Berühmtheiten nicht zu sehr stressen! LG Silke

Anonym hat gesagt…

Habe soeben die Reportage gelesen und muss gestehen, dass diese echt sehr lebhaft verfasst wurde ;) Hast du schon mal darüber nachgedacht E-Books zu verfassen und diese anzubieten? Ein Freund hat mir bei einem Bier davon erzählt, daher frage ich. Unter der folgenden Seite findest du erste Infos zu der Thematik:

http://www.ebooksven.de/tipps-und-how-tos/ebooks-verkaufen-geld-mit-ebooks-verdienen.html

Es würde mich zumindest freuen mehr von dir zu lesen und deinen Blog nehm ich jetzt mal in meine Favoriten auf ;)

Viele Grüße Peter

caro_berlin hat gesagt…

Hallo Peter,

nun, ich denke, es wird eines Tages eher ein echtes Buch werden, ich überlege noch am Konzept rum, weil ich inzwischen auch noch größere Stories habe und Schrilles und Texte, die ich wegen problematischen Inhalts noch nicht veröffentlichen kann ...

Viele Grüße,
Caroline