Dienstag, 22. April 2008

Interview dolmetschen

Willkommen auf den Seiten meines digitalen Arbeitstagebuchs. Hier schreibe ich über meinen Berufsalltag. Ich arbeite mit Sprachen.

Beim Dolmetschen von Interviews gibt es so viele "Versuchsanordnungen", dass kaum ein Einsatz dem anderen gleicht.

Ist ein richtiges Gespräch zwischen Interviewtem und Fragendem gewünscht, dol­met­sche ich simultan. Dazu sitze ich im Nebenraum und habe das Kamerabild auf dem Monitor. Wenn nichts danebengeht wie einst beim Interview mit Uli Wickert, das ein Team aus Frankreich drehte: Das Design-Hotel am Berliner Gen­dar­men­markt, das die Produktions­fir­ma ausgesucht hatte, war akustisch eine Katastrophe, also fand ich mich auf dem Hotelflur wieder und sah nur die Hotelgäste und die Putzfrauen, die an mir vorbeiliefen.

Bei den Kollegen aus Kanada saßen wir hintereinander wie im Bus — und ich über­trug alles konsekutiv, also in die Sprechpausen hinein, unterstützt von No­ti­zen. Hier hatten wir großes Glück, denn trotz Berlinmarathon und langem Zögern der Gesprächspartner war es möglich, eine verbindliche At­mos­phä­re auf­zu­bau­en, die dann neue Erkenntnisse und Einblicke brachte. Im Vorfeld hatte ich zusammen mit einer Kollegin viel recherchiert.

Auf eine Dachpfanne gemalter Kutter
An der Wanderdüne
Für den Berliner Kollegen Achim Tschirner habe ich schon auf einem Kutter Int­er­views geführt und gedolmetscht. Wir wa­ren für Arte mit Austernfischern in der Bucht von Ar­ca­chon unterwegs, ich hatte auch mit recherchiert und konnte mich dank der Ar­beit auf dem schlingernden Gefährt in der Mini-Führerkabine gut ablenken. Besser so als anders, mir wird nämlich auf See sonst übel. Den Besuch der Austernbänke empfand ich indes wie einen Spa­zier­gang. Die Dreharbeiten waren für den Film "Giftige Schiffe", ein Umwelt­thema über Anstrichfarben von Schimpfsrümpfen, die wie Hormone gewirkt haben und einige Jahre lang die Austern verdorben haben.

Anspruchsvoll ging es auch beim Interview im Bordell und im Folterkeller zu, wir haben fürs kanadische Fernsehen über das Prostitutionsgesetz gearbeitet. Of­fen­ge­stan­den waren mir auf dieser Drehreise am Ende die WM-Fußballfans doch lie­ber.

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Foto: C.E.

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