Dienstag, 29. April 2025

Museum der Wörter (39)

Bien­ve­nue auf den Sei­ten ei­ner Sprach­ar­bei­te­rin. Wie Über­set­ze­rin­nen, Über­set­zer, Dol­met­scher­in­nen und Dol­met­scher ar­bei­ten, kön­nen Sie hier in lo­ser Fol­ge mit­le­sen. Mei­ne Spra­chen sind Fran­zö­sisch und Eng­lisch (Letz­te­res nur als Aus­gangs­spra­che). Heu­te schau­en wir kurz ins Wör­ter­mu­se­um und be­trach­ten ein be­son­de­res Ex­po­nat!

Der Be­griff heu­te ist ein Ex­po­nat der Zu­kunft. Ich hof­fe, dass der Be­griff sehr schnell ver­schwin­det. Vor­hang auf für:
             
                 
Das Null­summ­en­spiel
 
Ge­hört ha­be ich den Be­griff zum ers­ten Mal in den 1990-er Jah­ren. Mit dem Mau­er­fall, der Treu­hand, dem Wie­der­auf­bau und Syn­er­gie­ef­fek­ten wuch­sen vie­le Be­grif­fe aus der Öko­no­mie in die All­tags­spra­che hin­ein. Da­ran er­in­ne­re ich mich noch sehr gut.

In Ber­lin wird der Haus­halt ge­kürzt. Ich ha­be Nach­ba­rin­nen und Freun­de, die ar­bei­ten im Frei­zeit­be­reich und in der Schul­so­zi­al­ar­beit. Die be­trof­fe­nen Schul­so­zi­al­ar­bei­ter:­in­nen ha­ben sich in­zwi­schen an die El­tern­schaft ge­wen­det, aber das reicht wohl nicht. Vor al­lem die Ver­trä­ge der Krea­tiv­en, die für ihre wert­vol­le Ar­beit mit den Kin­dern oft nur sehr be­schei­de­ne Sum­men er­hal­ten ha­ben, be­kom­men der­zeit ihre Ver­trä­ge nicht ver­län­gert. Eine nicht na­ment­lich ge­nann­te Di­rek­to­rin soll ge­sagt ha­ben: "Sie dür­fen na­tür­lich ger­ne wei­ter­ma­chen, aber eben oh­ne Ho­no­rar!" 

80 Pro­zent der Ex­ter­nen, die an der Schu­le mit­ar­bei­ten, Mu­sik­a­te­liers an­bie­ten, Schul­thea­ter, Haus­auf­ga­ben­be­treu­ung, Pro­jekt­wo­chen or­ga­ni­sie­ren und Se­mi­na­re an­bie­ten, sind üb­ri­gens Frau­en. (Auch ich ha­be dort schon mit­ge­ar­bei­tet.) Den Kom­men­tar ei­nes der männ­li­chen El­tern­ver­tre­ter aus ver­mö­gen­den Ver­hält­nis­sen, von dem ei­ne Freun­din be­rich­tet ha­t, möch­te ich hier nicht zi­tie­ren, er klingt nach "Trad­wife­s" und 1950-er Jah­re. Auch be­trof­fen ist das Ma­nage­ment von nicht­kom­mer­ziel­len Kul­tur­or­ten, al­so Kin­der- und Ju­gend­thea­ter­spiel­stät­ten, man­che Schul­so­zi­al­ar­bei­ter:­in­nen "wer­den auch ge­gan­gen", nichts gleich­zei­tig, im­mer schön mit Wo­chen und Mo­na­ten Ab­stand, da­mit kei­ne Un­ru­he ent­steht.

Der Be­griff Null­summ­en­spiel be­sagt, dass am En­de ge­nau­so viel oder we­nig Geld aus­ge­ge­ben wor­den ist wie zu­vor. Al­ler­dings muss ich zu den Ber­li­ner Um­trie­ben sa­gen: Das sieht rein öko­no­misch nach Ein­spa­run­gen aus und ist viel­leicht mit­tel­fris­tig ein Null­summ­en­spiel, lang­fris­tig ist es ein Ver­lust­ge­schäft! 

Kin­der, die kei­ne gu­te Aus­bil­dung ha­ben, wer­den spä­ter schlech­ter ihr Geld ver­die­nen, ge­ra­ten in Ab­hän­gig­kei­ten wo­von auch im­mer, letz­ten En­des viel­fach des Staa­tes. So­zi­al­ar­beit, Zu­schüs­se zum Le­bens­un­ter­halt, Ge­rich­te und Ge­fäng­nis­se sind un­ter dem Strich teu­rer als ei­ne ver­nünf­tige So­zi­al- und Bil­dungs­ar­beit. Auch hier soll­ten uns die USA ein war­nendes Bei­spiel sein.

Wer an Kin­dern der Ar­men spart,
ver­sün­digt sich an der Zu­kunft al­ler.

Wir brau­chen wie­der Po­li­ti­ker:­in­nen, die sich für al­le Schich­ten der Ge­sell­schaft en­ga­gie­ren. Denn in den rei­chen West­be­zir­ken kön­nen Schul­ver­ei­ne, Spen­der:­in­nen und die El­tern­schaft die Kür­zun­gen ab­fe­dern. Ent­schei­dun­gen wie je­ne, die ge­ra­de in Ber­lin ge­trof­fen wor­den sind, sind un­so­zi­al und ma­chen Men­schen oh­ne gro­ße öko­no­mi­sche Macht noch är­mer!

Sechs, set­zen!

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Idee: H.F.

1 Kommentar:

Vega hat gesagt…

Vor allem haben viele der Theaterleute sich durch ein Extrastudium der Theaterpädagogik dafür qualifiziert und finanzieren so ihren Lebensunterhalt mit, weil in der hauptberuflichen künstlerischen Tätigkeit in der Off-Szene nur projektbezogen (wenig) Geld verdient werden kann, der ganze Bereich ist unterfinanziert. Es bricht also mit den Kürzungen in der Jugendkulturarbeit Geld zum Lebensunterhalt von Kreativen weg, ohne die ein Teil der Kulturszene nicht denkbar ist. Einer Kulturszene, die mehr Geld mobilisiert, als sie an Förderungen erhält, die Touristen anzieht und den Ruf der Stadt ausmacht. Wirtschaftlich die komplett falschen Entscheidungen.
UND DIE BEHÖRDEN WISSEN DAS!
Gruß, Bine