Mittwoch, 15. November 2023

Der Hop­plahoppismus

Wie Über­setzer:in­nen und Dol­metscher:in­nen ar­bei­ten, er­fah­ren Sie hier. Meine Ar­beits­spra­chen sind Fran­zö­sisch und Deutsch (Mutter­spra­che) so­wie Eng­lisch (als Aus­gangs­spra­che). Ich bin Teil ei­nes in­ter­na­tio­na­len Netz­werks, die Büro­kol­le­gin über­setzt ins Eng­li­sche.

Straßenbahn­strom­kabel und Kon­dens­strei­fen im Him­mel, an­ge­schnit­ten das Dach ei­nes Alt­baus
Eines Mor­gens in Mitte

Er ist schon wie­der da, der ver­schärfte Hop­plahoppismus! Und ja, wir ma­chen auch Kom­pli­zier­tes mög­lich, denn ers­tens wol­len wir un­sere Kund:in­nen zu­frie­den­stellen, zwei­tens le­ben wir da­von.
Ein­schub zur Spra­che: Das Wort "Hop­plahoppismus" steht nicht im Du­den. Es lei­tet sich ab von dem Be­fehl "Hop­pla hopp!", der nach Zir­kus klingt. Er meint: "Los, spring schon durch den bren­nenden Rei­fen, Lö­we!"

Ge­rade ging eine Woche mit Fach­leuten aus der So­zialen Ar­beit zu­ende, schon ruft die Ha­fen­welt. Ei­gent­lich hätte ich eine Woche Pause ge­habt, die keine ist, aus­ruhen, Vo­ka­beln nach­tra­gen, denn nach dem Ein­satz ist vor dem Ein­satz, Kon­takte pfle­gen und mit freund­li­chen Nach­richten ver­sehen, Kos­ten­vor­an­schläge und Rech­nungen schrei­ben, die nächs­ten Mit­men­schen er­freuen und sich lang­sam, aber wirk­lich ganz lang­sam auf den nächs­ten Ein­satz ein­schwin­gen.

Lang­sam ist das Stich­wort, denn der Kunde einer Kol­le­gin brauchte zu viel Zeit, um auf ein An­ge­bot zu ant­wor­ten, sie hatte in der Zwi­schen­zeit wo­anders zu­gesagt und ich sprin­ge löwin­nen­gleich ein. Hinzu­kommt ein Tagm an dem ich einen an Co­vid-19 er­krank­ten Kol­le­gen er­set­ze. Mit Let­ze­rem geht es los, ich trage wei­ter­hin Mund-Na­sen-Schutz in den Öf­fis, in Nah- und Fern­ver­kehr, ein­fach, um die Ge­fah­ren zu ver­rin­gern und an je­nem Kran­ken­ersatz­tag auch au­ßer­halb der Ka­bine, will ja die dünne Per­so­nal­decke nicht wei­ter durch­löchern.

Viele von uns ro­tieren die­sen Herbst. Wir mer­ken, dass sich einige Kol­le­gin­nen an­dere Auf­ga­ben ge­sucht ha­ben und der Nach­wuchs es drei Jahre lang ul­tra­schwer hatte mit dem Be­ru­fseinstieg.

Ähn­li­ches hatte ich ja schon bei der Tech­nik be­merkt.

Et­li­che Tech­nik­fir­men muss­ten pan­de­mie- und im­mo­bi­li­en­spe­ku­la­ti­ons­be­dingt die Innen­stadt ver­las­sen, ha­ben da­bei den Be­stand ver­klei­nert und nun in der Herbst­sai­son nichts mehr übrig, wenn ein Kunde uns erst im letz­ten Mo­ment an­fragt. Wir be­hel­fen uns mit einem "Tourist Guide System", an dem mich nur stört, dass es mit Ein­weg­bat­te­rien ar­bei­tet. Zum Glück ha­ben wir viele Ter­mine in Mi­nis­te­rien und dür­fen dort die Ka­binen nut­zen. Und zum Aus­gleich werde ich et­li­che Bäume pflan­zen las­sen, denn wir sind ein um­welt­be­wusstes Netz­werk.

Der Hop­plahoppismus strengt trotz­dem an. Wir sind ja keine Lö­win­nen, die durch bren­nen­de Rei­fen sprin­gen. Im Zir­kus ist der­lei üb­rigens auch pas­sé. Oft geben un­se­re Kund:in­nen da nur die Hek­­tik wei­ter, die sie selbst er­­lei­den. Ich freue mich über und für alle, die lang­fris­tig pla­nen können.


Voka­bel­noti­zen
Die "Öf­fis" sind die öffent­lich-recht­lich fi­nan­zi­erten Ver­kehrs­mittel, auch ÖPNV ge­nannt, die Ab­kür­zung steht für 'öf­fent­li­cher Per­so­nen­nah­ver­kehr'.
ro­tieren — sich dre­hen, ein­an­der ab­wech­seln; hier: viel ar­bei­ten

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Foto:
C.E.

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