Heute bin ich nach einer Unterbrechnung erst den zweiten Tag wieder im Büro. Für all das gibt es einen Grund: Coronavirus.
Öffentliche Feststellung |
Dem kollektiven The hammer and the dance kann ich so meine persönliche Variante hinzufügen: Erst der Holzhammer auf den Kopf, jetzt übe ich einen merkwürdigen Tanz mit meinen Genesungsfortschritten: vor-vor, seit-seit, rück. Es dauert!
Ab den ersten Minuten im Büro bin ich mit Corona-Folgen konfrontiert. Aufträge: Null. Anfragen: Null. Laufendes Projekt eines Großkunden: ruht beim Amt (Bauantrag). Daher plane ich, in der Zwischenzeit das Büro weiterzurenovieren (womit ich im Dezember angefangen hatte), und ich kümmere mich um Fortbildung.
Außerdem kann ich das Projekt weiterbetreiben, das ich schon letztes Jahr zaghaft angeschoben habe: Den Bau einer Sprecherbox, einer Dolmetscherkabine in der Office-Ausführung, für die Betreuung von Kunden aus der Wirtschaft bei Kurzeinsätzen sowie im juristischen und medizinischen Feld. Hier gibt es wohl noch Arbeit.
Streat art plus Ergänzung |
Wir können nicht nur nicht auf Vorrat dolmetschen, wir haben auch einen längeren Anlauf, den wir zudem nicht beeinflussen können. Nehmen wir mal an, dass ab dem 4. Mai wieder Konferenzen geplant werden würden, so hätten diese (wie in normalen Zeiten auch) einen Vorlauf von sechs bis zwölf Wochen und es ginge ab dem 15. Juni wieder los. Das wäre genau 14 Tage vor dem gewöhnlichen Saisonende.
Bei längerem Vorlauf könnte die erste Septemberwoche zur ersten offiziellen Konferenzwoche des Jahres werden. Wenn ich den Medizinern in meinem Umfeld glauben soll, wird das wahrscheinlich nur von kurzer Dauer sein oder sogar später stattfinden, denn ab dem Herbst rechnen diese Fachleute mit der zweiten Infektionswelle. Sie haben die Frage neulich diskutiert, Résumé: "Denkt bloß nicht dran, vor Ostern wieder in der Dolmetscherkabine zu sitzen. Ostern 2021."
Letzte Woche wurde mein Antrag auf Soforthilfe für Solo-Selbständige bewilligt. Das hilft mir, mein Büro aufrechtzuerhalten und an die Krisenzeit anzupassen. Ich kann jetzt Kolleginnen und Kollegen sowie den Techniker des letzten Einsatzes zahlen, meine "Lieferanten" für eine Konferenz, die auch noch nicht beglichen ist. Der Puffer ist klein, weil in meiner Krankenzeit das Büro brachlag mit allen Konsequenzen.
Die Investitionsbank Berlin-Brandenburg hat mir zwar sowohl Landes- als auch Bundes-Soforthilfegelder zugestanden und angewiesen, doch wurden bei mir (wie bei einigen anderen) diese Gelder jetzt gesperrt und prüft (EDIT: Die Überprüfung hat zehn Tage gedauert). Es muss viele missbräuchliche Anträge gegeben haben. Es war schon eine wunderbare Erfahrung, dass das Wort "Soforthilfe" derart wörtlich genommen wurde und es in Berlin mustergültig schnell ging.
Indes, der angehaltene Zustand ist nicht witzig. Die Büroarbeit geht weiter, und mit meiner Rekonvaleszenz laviere ich mich gesundheitlich noch ziemlich durch den Alltag (sprich: kleiner Rückfall), so dass ich nicht jeden Tag am Schreibtisch sitzen kann. (Die holprige Veröffentlichung meiner Tagebuchnotizen hier spricht Bände. Etliches ist geschrieben, aber unlektoriert.)
Unsere Zeit: Schlechte Fiktion |
Wenn ich das richtig mitgeschnitten habe, haben wir im Land Berlin bereits vor dem Zeitpunkt, zu dem der Bund die Hilfen bewilligt hat, unsere Anträge stellen können. Ich muss meine Screenshots prüfen, aber ich meine gelesen zu haben, dass die Soforthilfe für Solo-Selbstständige und deren Betriebskosten für den Zeitraum eines Viertel- bis halben Jahres bestimmt war.
Inzwischen ist nur noch von drei Monaten die Rede, die Regeln wurden verändert. Wichtige Frage: Gilt das auch rückwirkend?
Drei Monate sind nicht mein Zeitraum, sechs und mehr Monate schon eher. Normalerweise verfüge ich über Rücklagen, aber zwei Krisenjahre in Folge hatten sie abschmelzen lassen: Im ersten Halbjahr 2018 waren die meisten politischen Konferenzen ausgefallen, da wir über Monate keine neugewählte Bundesregierung hatten; 2019 bestand das Frühjahr vor allem aus Brexit-Debatten, für mich als Französischdolmetscherin war wenig los.
2020 ist für Berliner Französischdolmetscher mit Politikschwerpunkt das 3. Krisenfrühjahr in Folge. Da könnten wir doch mal ein wenig Wahrscheinlichkeitsrechnung betreiben: Wie wahrscheinlich ist so etwas?
Ich denke und suche weiter. Passend dazu mein Linktipp: "Überleben als Übersetzer", derzeit als kostenloses E-Book, von der geschätzten Kollegin Miriam Neidhardt, hier: klick.
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Fotos: C.E. (aus Kreuzberg und Neukölln)
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