Letzte Woche ein Halbsatz in der "Zeit", Montag ein Artikel in der "Saarbrücker Zeitung", Dienstag das große Rauschen im Blätterwald: Angeblich solle der einstige VW-Personalvorstand Peter Hartz den französischen Präsidenten François Hollande darin beraten, wie bei der französischen Sozialpolitik "gespart" werden könne.
Das französische Dementi kam sehr schnell. Es erschien Dienstagfrüh um 5.39 Uhr in "Le Monde". Die Herren hatten sich eine Stunde lang während eines geheimgehaltenen Treffens gesprochen, mehr nicht. Da blähte sich das deutsche Medienrauschen gerade in Richtung Tosen auf. Es ist den Tag über kaum abgeflaut.
Mir bereitet das ungute Gefühle, es ist, als könnten die Journalisten nur noch abschreiben. Vermutlich können eben (fast) alle kein Französisch lesen oder verstehen. Und sie sind offenbar auch nicht dazu imstande, Sprachkundige zu beauftragen mit der Frage, was denn nun in diesen oder jenen offiziellen Verlautbarungen steht. Nee, die Blöße gibt sich hierzulande kaum einer mehr. Dann lieber Sturm im Blätterwald.
Einige Ausnahmen finden sich in den deutschen Medien. "Die Zeit" ergänzt am frühen Nachmittag ihre Infos, die SZ auch (siehe unten). Heute, Mittwoch, stehen an weniger prominenten Stellen mancher Zeitungen Widerrufe, die Story wird aber auch stellenweise so kommentiert, als handele es sich um eine Tatsache. Anderenorts keine Spur von Selbstkritik oder gar Rücknahmen in einem Umfang, dass sich die Ergebnisse der Suchmaschinen nennenswert ändern würden.
Und wo sind die ganzen Mitstudentinnen und -studenten hin, mit denen ich in den 1980-er, 90-er Jahren im deutsch-französischen Bildungsapparat steckte zwischen zweisprachigem Studienprogramm und Redaktionspraktikum? Haben die wie ich auch alle aufgegeben, weil die Honorare in keinem Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten standen?
Und nach welchen Kriterien landeten die happy few am Ende in der Festanstellung?
Not amused. Schon wieder. Okay, ich eile eine Runde ans Licht mit einer literarischen Radiosendung von France Culture auf den Lauschern, dann geht's mit Berlinale-Buchungen weiter, im Anschluss Vertragsübersetzung.
P.S.: Laut Radio France Internationale (RFI), dem französischen Auslandsrundfunksender, sollen sich die Herren Hartz und Hollande am Dienstag in Paris wiedergesehen haben.
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Illustrationen: Le Monde, startpage.com
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