auch das Lernen von Redewendungen, das Lesen und Verwalten von Dokumenten wie Zeitungsausschnitten oder eigens erstellten Datenbanken einschließt, mag einleuchten. Dass viele unserer Kunden sich dieser Vorarbeiten nicht bewusst sind, leider ebenso.
Wir sind ja in der Vorbereitungszeit nicht für sie sichtbar. Aber es wie mit diesem abgebildeten Wortschatz hier, der mir vor einiger Zeit in einem Hamburger Schaufenster auffiel: Mit Schlagschatten ist nur Wortsatz lesbar, normal belichtet ist der Wortschatz erkennbar, das Bild oszilliert aber in Richtung Wortsatz. Mit sehr viel Licht, ja einer Überbelichtung, sind die sonst hellen Teile zum Teil wie ausgefressen, das Wort ist aber eindeutig.
Mit der Lernerei ist es wie mit den Kontrasten: Je mehr wir wissen, desto mehr können wir das Gehörte in der anderen Sprache als Eindruck rekonstruieren, hier: den schillernden Effekt nachbauen. Bei einer oberflächlichen Beschäftigung mit einem Thema, wenn die akustischen Bedingungen des Einsatzes schlecht sind oder der Redner in Rekordtempo durch ein geschriebenes Manuskript eilt, gibt es allerdings nur einen flüchtigen Eindruck wie von einem unterbelichteten Bild, oder aber es fehlt die Zweideutigkeit und die hellen Partien sind hässlich verfärbt bzw. nicht erkennbar.
Manchen Kunden lässt sich diese einfache Erkenntnis allerdings nicht vermitteln. Letztes Beispiel: Eine 1,5-stündige Talkshow zu einem aktuellen politischen Thema, im Rahmen von Theaterarbeit soll die Debatte über einen Internetkanal verbreitet werden, es werden zwei Leute für je 375 Euro angefragt.
Das Vorgängerteam bekam insgesamt 250, "leider war das Ergebnis nicht verwendbar!" Wir wundern uns, dass man so viel Großzügigkeit und "nur" 1,5 Stunden netto nicht einen Vierteltagessatz aufgerufen hat.
Profis rechnen so: Voller Dolmetschtag, 750 Euro je Person, da eine Woche Vorbereitung nötig ist. Dieses Honorar müsste zudem je Nase mal zwei gerechnet werden — für die Übertragung der Nutzungsrechte. Für den Kunden wären das 3000 Euro statt der beim ersten Einsatz bezahlten 250 Euro, also mehr als zehn Mal so viel, wie die Veranstalter ursprünglich veranschlagt hatten.
Der Job inklusive richtiger Vorbereitung macht ca. 43 Stunden Arbeit nötig. Bei den anschließend angebotenen 375 Euro pro Person kommen wir auf 8,72 €. Das liegt schon mal über Mindestlohn für Nicht- oder Geringqualifizierte, super!
Abgesagt. Irgendein Berufsanfängerteam wird sich da wohl leider reinreiten.
So, weiterlernen für den nächsten gutbezahlten Dolmetscheinsatz. Tagsüber habe ich Kostenvoranschläge geschrieben, mich gewundert ... und Kernthesen eines Interviews exzerpiert. Am Rande hier noch der Tagesumsatz: Null Euro, weil es Vorbereitung bzw. Nacharbeiten waren.
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Foto/Montage: C.E.
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