Montag, 17. Dezember 2012

Restmüll

Hallo! Sie lesen hier im Arbeitstagebuch einer Dolmetscherin und Übersetzerin für die französische Sprache, die in den Bereichen Politik, Wirtschaft, Politik, Kultur und Bildung tätig ist.

Andere Länder, andere Sitten ... Die letzten Tage dolmetschte ich bei einem Öko­design­work­shop für Studenten aus Frankreich und Deutschland.

Mülltonne mit einem Einwurf
Dass manches Umweltproblem in Frankreich erst später ins allgemeine Bewusstsein dringt, wurde mir schlagartig klar, als April 1986 die Tscher­no­byl­Wolke hochgradig politisch korrekt an der fran­zö­si­schen Gren­ze halt machte und nur die deutsche Bevölkerung beunruhigte.
Auch "Asbest" ist so ein The­ma.

Vogelperspektive: An einem Tisch wird per Computer und Zeichenstift das Thema analysiert
Lange kannte ich dafür keinen französischen Begriff.
In mei­ner Teenagerzeit wussten in Deutschland sogar schon Schü­ler, dass das Zeug extrem gefährlich ist. Heute sind Wort und Problematik auch bei den links­rheinischen Nachbarn bekannt — amiante (m) "oder auf altem Fran­zö­sisch asbeste" schreibt Wikipedia.

Vogelperspektive: An einem Tisch wird mit Zeichenstift das Thema analysiert
Der Übergang vom passiven Sprachgebrauch ("Hör­ver­ständ­nis") in den aktiven ist ein Marker für die Veränderung von Sprachen und der da­hin­terstehenden Kultur.

"Restmüll" ... dafür gibt es in Frankreich heute auch noch nicht wirklich ein Wort, das von allen auf Anhieb ver­wen­det werden würde.

So sind die Begriffe dé­chets résiduels, wörtlich: "übrigbleibender Müll", und déchets non recyclables, "nicht recyclingfähiger Müll", derzeit eher noch Fach­ter­mini. Das spiegelt die Tatsache, dass dort die Mülleimer im städtischen Raum  meist nur einen Einwurfschlitz haben. (In Deutschland ja bis auf die Flächen der Bahn ja auch meistens so.)

Hausmüll wird auch in Frankreich oft getrennt, aber bei weitem nicht so selbst­ver­ständ­lich und systematisch wie hierzulande, wobei zu unserem großen Erstaunen beim westlichen Nachbarn Plastik und Papier in ein- und dieselbe Tonne kommen. Könnte mir das bitte mal jemand erklären?

Warum Deutschland solch ein Vorreiter in Sachen Umwelt ist, lässt sich schnell erklären, dazu genügt ein Blick auf die Landkarte. Deutschland hat nur wenig natürliche Grenzen, bekam oft den Dreck von den Nachbarn ab (Luft, Regen ...), und Frankreich war nicht nur seltener den Umweltverschmutzungen der direkten Nachbarn ausgesetzt, es gibt nach Norden und Westen und in manchen Teilen des Südens einfach schlicht niemanden, der sich be­schweren würde ...

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Fotos: C.E., Analyse des Bestehenden. Die Ergebnisse
des Workshops werden im April auch in Berlin ausgestellt,
die Fotoreihe ergänzt. Hinweis folgt an dieser Stelle.

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