Dienstag, 6. Dezember 2011

Advent

Dieser Tage höre ich viel Radio beim Sortieren der Ablagen im Büro, und immer wieder sagen die Moderatoren: "Die Weihnachtszeit hat begonnen, und passend dazu ..." oder "Jetzt in der Weihnachtszeit ..."

Hab ich da etwas missverstanden, oder ist das einfach nur grundfalsch? Wenn ich mich richtig erinnere, heißt die Phase, in der wir uns derzeit befinden, Advent, ist also die Zeit vor etwas, die Vorweihnachtszeit, so nannte man das "früher" (bis vor wenigen Jahren).

Französischer Weihnachtskitsch in einem
Pariser Haushaltswarenladen
...
In Frankreich wird der Advent traditionell nicht so wie in Deutschland begangen, wobei die Geschäftsleute dort den ökonomischen Vorteil der Wochen vor dem, was meine Patchworkschwester Annette einst wegen ihrer schwäbischen Oma "Päcklesfest" genannt hat, seit etlichen Jahren auch kennen. Auch das Wort "Advent" ist auf Französisch kaum gebräuchlich. Mir kommt französische Adventsdeko daher immer ein wenig prätentiös und pompös vor. 

Aber auch in Deutschland beginnt die Weihnachtszeit strenggenommen erst mit dem 24. Dezember. Zur Begriffsverwirrung gehört auch, dass Weihnachtsgebäcke und Stollen hierzulande praktisch seit dem Verstauen sommerlicher Kleidung in den Läden gekauft und spätestens ab Ende November auch aufgetischt werden. Noch ein flash back: In der sächsichen Heimat meines Vaters wurde der Stollen erst am 24.12. angeschnitten. Aber eine so kurze Weihnachtszeit, also eine Woche bis Sylvester, ist natürlich für den Handel viel zu kurz, daher die Erweiterung der heimeligen Wochen, die auch Atheisten einen schönen Kuschelfaktor verschaffen, in die Wochen des Advents.

... und im Monoprix
Und so wundert es mich nicht, wenn (mein alter Kumpel) der RFI-Korrespondent Pascal Thibaut — er berichtet jetzt sicher auch schon seit 103 Jahren aus Berlin — die Sache aus französischer Sicht so beschreibt: Pour les Allemands, Noël commence un mois plus tôt. L'Avent avec ses marchés, son vin chaud, ses gâteaux traditionnels, ses couronnes de sapin et ses bougies et autres rencontres familiales et professionnelles rend la grisaille de fin d'automne plus supportable. — "Für die Deutschen fängt Weihnachten einen Monat früher an. Der Advent bringt Weihnachtsmärkte, Glühwein und traditionellen Kuchen, Advenzkränze, Kerzen und macht auch mit Begegnungen in Familien- oder Kollegenkreis den grauen Spätherbst erträglicher."

Dieser Gedanke gefällt mir, er versöhnt mich mit dem ganzen Weihnachtsklimbim. Merci beaucoup, Pascal !

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Fotos: C.E.

2 Kommentare:

Alexander hat gesagt…

Also bei uns (auch Familie mit sächsischem Hintergrund) gibt es Stollen immerhin ab dem 1. Advent. Vielen Dank übrigens für den Blogtipp "L'Allemagne hors les murs", der ja neulich schon hier stand. Hab's gleich abonniert.

caro_berlin hat gesagt…

Freut mich. Und ich esse Stollen auch gern ab dem 1. Advent, sofern es dann schon schön kalt ist ;-)