Mittwoch, 16. September 2020

COVIDiary (156)

Was Dol­met­scher und Über­setzer umtreibt (und Dol­met­sche­rin­nen und Über­set­ze­rin­nen), können Sie hier mitlesen. Dabei beschreibe ich auch, wie Corona unseren Alltag verändert. Die Pandemie legt unsere Stärken und Schwächen offen und wirkt grundsätzlich für alle Phänomene als Verstärker.

Besser ohne Apostroph
Und heute dann so: Doku­men­ten­über­set­zung (doch mal aus­nahms­weise), das W-Lahm der letzten Tage ist wieder zum W-Lan geworden, daher Buch­haltung, Schreib­arbeiten in Richtung Sach­buch (Über­setzung, Neuzu­schnitt der deut­schen Fassung), Termin­planung von fast ehren­amtlichen Ein­sätzen abstimmen (Kino­mo­deration), Planung der Un­ter­titelung eines Films: Die eng­lische Unter­titeldatei an­fordern, einlesen in Begleit­material, Film nochmal sehen.

Wem dieser Tage der Hals kratzt, zieht sich zurück, jedenfalls in meinem Umfeld. Selbstgewählte Quarantaine, es gibt tat­säch­lich Schlimmeres.

Doch plötzlich mutiere ich zu der Besser­wisserin, vor denen mich meine Eltern immer gewarnt hatten. Mein Vater: "Ich kenne einen Lek­tor, der korrigiert sogar die ein­gehende Post!" Ich setze dem eins drauf und schreibe in der Antwort auf einer Mail von 2873 Anschlägen (natürlich nur als Teil meiner Antwort): "Kleines Lektorat Ihrer Mail: für’s ist falsch, bei der Verschmelzungen von Präpo­sition und Artikel wird kein Apostroph gesetzt. Das Apostroph zeigt an, dass ein E oder etwas mit einem E ausgefallen ist — oder aber eine Auslas­sungen im Wortinneren (Bei­spiel: Ku’damm)." [Es hat sich um eine Lektorats­anfrage gehandelt, lieber Papa im Jenseits, da darf ich das.]

Eine Anfrage, die ich am Ende leider absagen muss, weil's die falsche Zielsprache ist. Die Antwort folgt auf dem Fuße: "Danke fürs (nicht für’s) Ansehen!"

So mag ich das. Doch die Chose wird noch besser: Ich reiche die Anfrage weiter. Der Auf­trag ist leider-leider-leider-leider coronabedingt sehr schlecht dotiert. Ein künstle­risches Projekt, das lobenswert ist und ohne Förderung auskommt. Ich gebe ihn an eine junge, sehr talentierte Kollegin weiter, bei der ich auch eine künst­lerische Begabung sehe. Die Antwort kommt rasch. Sie schreibt: "Das Honorar war ja nicht der Rede wert. Ich habe verhandelt, dass er mir seine Ferien­wohnung in Meck­lenburg ausleiht, anstatt mich zu bezahlen. ;-)"

Leben in Zeiten von Corona. Und mit dem Wissen ist es wie mit der Liebe: Derlei vermehrt sich, wenn wir es teilen!

______________________________  
Foto: C.E.

Keine Kommentare: