Arbeitsgerät des Zwischenhandels |
Nein, "meine" Dolmetscher sind Freiberufler, wir arbeiten im Netzwerk zusammen. Die meisten Dolmetscherinnen und Dolmetscher sind Freiberufler, nur wenige Kolleginnen und Kollegen sind bei öffentlichen Einrichtungen wie Ministerien festangestellt.
Diese Arbeitgeber können einander bei Extrabedarf untereinander über die sogenannte Amtshilfe regelmäßig Arbeitskräfte zur Verfügung stellen. Ist der Bedarf größer kommen wir Freien ins Gespräch, die wir aber auch für Kunden aus Wirtschaft und Handel, aus der Kultur, der Veranstaltungsindustrie und für Privatkunden tätig sind. (Also normalerweise, ohne Corona.)
Wir sind ähnlich wie Fachärzte oder Fachanwälte spezialisiert, erweitern aber ständig unsere Bereiche. Andere arbeiten als Gerichtsdolmetscher und im medizinischen Bereich. Darüber schreibe ich ein anderes Mal.
Aus dem Dolmetschen wird dann ein Gewerbe, wenn sich jemand entschließt, eine Agentur zu gründen, also eine Firma. Der Begriff "Agentur" ist irreführend. Bei einer Schauspielagentur kümmert sich ein Büro um eine feste Gruppe von Schauspielerinnen und Schauspielerin, vertritt sie, versucht, sie für sie Aufträge zu den für die Darsteller bestmöglichen Konditionen heranzuziehen und bekommt einen festen Prozentsatz dafür.
Im Bereich Sprache arbeiten Agenturen allerdings nicht wie Agenten, sondern eher wie Makler: Billig einkaufen, teuer verkaufen. Sie ahnen, welche Abgründe diese Logik birgt. Dolmetscherinnen und Dolmetscher sind hier per se nicht festangestellt, nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die Bürotätigkeit erledigen.
Eine größere Struktur ist nicht unbedingt schlagkräftiger, besser, professioneller und der bessere Dienstleister, nur weil sie sich mit einer großen Firma einer anderen Branche vergleichen lässt. Aus der Perspektive von uns Freiberuflern, die von diesen Strukturen angefragt werden, ist meistens sogar das Gegenteil der Fall. Repräsentative Büroräume, viele Mitarbeiter, IHK- und Gewerbesteuerbeiträge und dann die obenstehende Definition macht die Zusammenarbeit mit diesen Firmen nicht unbedingt lukrativ.
Wer erfahren und gut im Geschäft ist, wird sich darauf eher nicht einlassen. Leider ist dieses Wissen in der Allgemeinheit nicht weit verbreitet. Wir haben sogar schon Gewerkschaften und Firmen der Sozialwirtschaft erlebt, die über die Makler mit den ... allerschicksten Adressen gegangen sind, um die Chose diplomatisch auszudrücken.
Dabei ist die Sache logisch: Wenn der Zwischenhandel eine Ware nicht teurer macht, wird wohl der Lieferant die Zeche zahlen müssen. Oder die Lieferantin.
Und mit Statussymbolen ist es es mit dem Wohnen: Wohnwertentscheidend ist letzten Endes nicht das Marmorwaschbecken nebst güldenem Wasserhahn, sondern die richtige Lage, ein guter Schnitt, solide Architektur, gerne etwas Gartengrün, freundliche Nachbarn, die Kosten sowie eine zuverlässige, effiziente Verwaltung. Da kann einem ein Makler sonstwas erzählen!
Außerdem arbeiten wir schon lange mit Computern und anderen Gegenständen, die bis vor kurzer Zeit noch für manche Menschen "Neuland" waren; wir dolmetschen jetzt manchmal sogar online und arbeiten eben nicht überwiegend mit der Technologie vergangener Zeiten wie Telefonie, Fax oder Brieftaube.
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Foto: C.E.
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