Dienstag, 26. Februar 2019

Kuriose Begegnungen (1)

Seit mehr als zwölf Jahren beschreibe ich hier meinen sprachbetonten Alltag. Ich bin Kon­fe­renz­dol­metscherin und Übersetzerin, arbeite mit der fran­zö­sischen Sprache (und aus dem Englischen). Auch nach zwölf Jahren gibt's noch Neues: Eine neue Reihe: Kuriose Begegnungen.

Gespräch bei Kaffee und Kuchen
Dol­met­scher be­geg­nen allen Schich­ten der Be­völ­ke­rung, das ha­ben sie mit Ärz­ten, An­wäl­ten und Um­zugs­leu­ten ge­mein. Auf mei­nen zahl­rei­chen Rei­sen treffe ich noch mehr Men­schen. Zum Bei­spiel die End­zwan­zi­ge­rin bei einer Kaf­fee­pause auf einem Um­stiegs­bahn­hof. Sie war total happy, je­man­den aus Ber­lin zu tref­fen, denn sie kennt die deut­sche Haupt­stadt nur vom Hö­ren­sa­gen.

Ihr Ver­lob­ter, ein In­for­ma­ti­ker, war ge­ra­de dabei, nach einem Jahr in Süd­deutsch­land den ge­mein­sa­men Umzug des Paa­res und ihres kleinen Söhn­chens, wenige Monate alt, vor­zu­be­reiten ... nach Berlin. Die Familie stammt aus den USA.

Wie denn das Wohn­vie­rtel "Hocksee-it" so sei, will sie von mir wis­sen, das wä­re in et­wa der Na­me. Dort ha­be er eben ei­ne Woh­nung ge­fun­den.

Ich frage, ob sie Ho­hen­schön­hau­sen mei­nen wür­de, am Ber­li­ner Stadt­rand. Nein, der Na­me sei kür­zer. Au­ßer­dem sei das Vier­tel ziem­lich zentral. Irgend­wann tippt sie den Na­men in mein Han­dy, das auf dem Tisch liegt.

Keine Pointe.

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Foto: C.E.

Sonntag, 24. Februar 2019

Frühjahr!

Bonjour und hello und guten Tag! Was Dol­met­scher und Über­setzer so alles er­le­ben, können Sie hier ab und zu erfahren. Der Dol­met­scher­be­ruf ge­hört zu den stres­sigsten Be­ru­fen, die es gibt. Umso wich­tiger ist die Ent­span­nung. Das kann ich beim Gärt­nern und in der Na­tur. Hier mein Sonn­tags­bilder!

Hyazinthengläser ab in die Reserve!
Es ist so früh­lings­haft, dass ich meine klei­nen Saat­pflänz­chen fast schon ins Freie brin­gen möch­te. Die Hyazin­then sind ver­blüht, die Luft ist weich und warm, in die Trauer­weiden ist schon seit Wo­chen der Saft ein­ge­schos­sen, sie leuch­ten gelb in der Sonne. In Frank­reich werden diese Woche Tages­tem­pe­ra­tu­ren von 17 bis 27 Grad er­wartet.

Das Wet­ter ist so, wie es einst ei­nen Mo­nat spä­ter üb­lich gewesen wäre. Vor ei­nem Jahr war es zu Jah­res­an­fang ähn­lich, dann hatten wir im März nochmal Minus­grade im nied­rigen zwei­stel­li­gen Be­reich. Und vor zwei Jah­ren war es in Ba­den auch so, da gab es da­rauf­hin einer mei­ner Lieb­lings­ku­chen nicht.

Neben fran­zö­si­schem Scho­ko­la­den­ku­chen und Kä­se­ku­chen ist Walnuss-Apfel mein Favorit. 2017 wuchsen im südwest­deutschen Raum in man­chen Re­gio­nen keinerlei Äpfel und Wal­nüs­se an den Bäu­men. Die Blüten waren erfroren.

Vor zehn Tagen ka­men schon die ersten Kra­ni­che aus dem Sü­den zu­rück, das war mehr als drei Wo­chen zu früh. Und mir sind schon die ers­ten Bie­nen auf Sam­mel­tour be­geg­net. So früh wa­ren sie noch nie un­ter­wegs. Auch sie wür­de die Rück­kehr der Win­ter­kälte exis­ten­ziell be­dro­hen.

Mein zweiter Link der Woche ist https://de.co2.earth/, vor allem in der ur­sprüng­li­chen, englisch­sprachi­gen Form: www.co2.earth. Hier wird der CO2-Ge­halt der At­mos­phäre doku­mentiert. (Die Blog­bei­träge wer­den leider seit Jah­ren nicht mehr aktu­ali­siert.) Die deutsch­spra­chige Fas­sung ist übrigens ein Bei­spiel für „ma­chine trans­lation“, hier nur ei­n Bei­spiel: "Seit dem Be­ginn des 21-Jahr­hun­derts wur­de die globale Tem­pe­ra­tur fünf­mal ge­bro­chen, drei davon wur­den hin­ter­ein­an­der gesetzt (2014-2016)."

Sempervivum tectorum (stand zu warm)
... stand zu warm und in zu fetter Erde
Beim Gärt­nern lerne ich viel über die Na­tur, tat­säch­lich oft per trial & error. Auf glo­ba­ler Ebene dür­fen wir das nicht. Wir müs­sen alle un­se­ren Lebens­stil än­dern, wenn wir die Kli­ma­ka­tas­tro­­phe ver­lang­sa­men und auf­hal­ten möch­ten. Ei­ne fran­zö­si­sche Pe­­ti­­tion für ei­ne Po­li­tik ge­gen den Kli­ma­wandel ist übri­gens dort die Pe­ti­tion mit den al­ler­meis­ten Un­ter­stüt­zern, die es je gab.

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Foto: C.E.

Samstag, 23. Februar 2019

Berliner Himmel

Hallo beim ersten Web­log Deutsch­lands aus dem In­ne­ren der Dol­met­scher­ka­bi­ne. Hier mein "Link der Woche".

Noch bis Dienstag in der Arte-Mediathek: Der großartige Bruno Ganz zusammen mit dem großartigen Otto Sander in einem film­his­to­rischen Werk und Doku­ment seiner Zeit: "Der Him­mel über Berlin" von Wim Wenders.

Ich kann nur ra­ten: ansehen und wieder­sehen! Mit Berliner Mauer, dem wüsten Pots­da­mer Platz, der Brücke zwischen Neu­kölln und Treptow, der Victoria auf ihrer Ka­no­nen­säule, Curt Bois, Peter Falk und natürlich Solveig Dommartin ... sowie Off­kom­men­tar­text von Peter Handke.

Ein Must, das zwischen doku­men­ta­rischem Wert, Poesie und auch An­flügen von Kitsch schil­lert, so ha­be ich das je­den­falls da­mals empfun­den. Als ich den Film 1987 in Paris ge­se­hen habe, bin ich im Kino Saint-André-des-Arts schlicht sitzen­ge­blie­ben, um ihn gleich ein zweites Mal zu sehen.

Das muss der Bahnhof sein ... mit dem merkwürdigen Namen.
Der Ort, wo der Bahnhof anhält

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Bild: Road Movies u.a./Arte

Freitag, 22. Februar 2019

Deppengetrenntschreibung

Bonjour und will­kom­men! Als Dol­met­scher­in und Über­setz­er­in mit den Schwer­punkten Wirt­schaft, Po­li­tik, Kultur und Soziales arbeite ich in Berlin, Paris und dort, wo Sie mich brauchen. Hier schreibe ich (stets ver­all­ge­mei­nernd) über den Be­ruf.

Seit Beginn der Recht­schreib­re­form in Deutsch­land ha­ben im­mer mehr Men­schen Prob­le­me mit der Recht­schrei­bung, sogar pro­fes­sion­el­le Texter. Hier ein Bei­spiel aus meiner Arbeit:

Sie raten den heran strömenden Bewohnern, ihre Stadt um zu benennen.
Aus (übersetztem) Pressematerial
Lange, zusam­men­ge­setzte Wör­ter gel­ten als eine der Be­son­der­heiten der deut­schen Sprache. Dabei geht genau dieser Aspekt immer mehr verloren. "Stil­bildend" ist hier wohl das Eng­lische. Auch die richtige Ver­wen­dung des Kommas wird immer seltener. Fehler­hafte Nutzung färbt sogar auf frühere Könner ab — auch hier wirkt das englisch­sprachige Vorbild.

Immer häufiger sehe ich zudem in deutschen Sätzen Ge­dan­ken­striche, die nach englisch­sprachigem Modell gesetzt sind. Hier ein Beispiel für den engl­ischen Satz: He is afraid of two thingsspiders and senior prom. (Etwa: Vor zwei Dingen hat er Angst: vor Spinnen und dem Abschluss­ball.) Auf Deutsch würde hier eher ein Dop­pel­punkt verwendet. Außerdem gibt es zwei Leer­zeichen mehr, die den Ge­dan­ken­strich in die Mitte nehmen. Häufig findet sich der besonders lange Ge­viert­strich in eng­lisch­spra­chi­gen Dokumenten. Er ist als Ge­dan­ken­strich im Deutschen nicht üblich.

Der hier gewählte Hoster Blogger.com bildet Gedankenstrichlängen leider nicht akkurat ab. Daher empfehle ich den Wikipedia-Eintrag zum Halbgeviertstrich, der als Gedankenstrich verwendet wird.

Solche Typo­sa­chen lernen Texter und Kor­rek­toren normalerweise auch. Der ab­ge­bil­dete Satz lässt nur den Schluss zu, dass für einen offiziellen Texter- und Über­setzer­auf­trag mal wieder ein Nicht­profi (ver­mut­lich zu unterirdischen Ho­no­rar­sätzen) ver­pflichtet wurde.

Verwandtes Thema: Der Deppenapostroph.

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Illustration: Netzfund

Sonntag, 17. Februar 2019

Kürzestrückblick

Guten Tag oder guten Abend! Sie sind mit­ten in ein Ar­beits­ta­ge­buch hinein­ge­ra­ten, in dem sich al­les um Spra­che, Dol­met­scher (und Dolmetscherinnen) sowie um Kult­uren dreht. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­arbeiterin für Französisch (und aus dem Englischen) ar­bei­te ich in Pa­ris, Berlin, Marseille, Hei­del­berg und dort, wo man mich braucht. Heute rasch einige Sonntagsbilder!

Es sind 13 Grad Cel­sius Au­ßen­tem­pe­ra­tur in Ber­lin. Zu dritt hatten wir ersten Gar­ten­sub­botnik des Jahres. Ein Nachbar übt Klavier, Chro­matik, Bach. Es ist auch einer, der immer mit­summt wie Glenn Gould in der "Kunst der Fuge". Kra­ni­che ziehen durch den Him­mel. Alles ist wunder­voll und friedlich. Der Ber­linale­infekt ist fast überwunden.
In unserer Berlinale-WG ist es jedes Mal die große Frage, wen es wohl dies­mal erwischt.

Mein Ber­li­na­le­ré­su­mé ist ge­mischt: Es sind zu viele Fil­me, zu viele wenig in­no­va­tive, lang­wei­lige Stücke da­run­ter. Und in Sa­chen Spra­che hat sich ge­nau das ver­stärkt, was vor fünf Jah­ren be­reits er­kenn­bar war (Link).


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Fotos: C.E.

Freitag, 15. Februar 2019

Spoiler Alert

Im zwölften Jahr führe ich hier mein öffentliches Arbeitstagebuch. Ich dol­met­sche und übersetze in Paris, Berlin, München und Cannes — und (fast) überall dort, wo meine Kunden mich brauchen.­

Der Tanz um den Goldenen Bären
Das Verb di­vul­gâ­cher habe ich sofort ver­stan­den, als ich es das erste Mal in ei­nem In­ter­view gehört habe. Das Ge­spräch ging zu einem Film, der Inter­view­te kam aus Qué­bec. Um das Verb zu bilden, wur­den die Wörter divulguer und gâcher, "ver­raten" und ver­derben", einfach an­ein­an­der­ge­koppelt.

Wenn ich je­man­dem den Spaß an ei­nem Film ver­derbe, weil ich ihr oder ihm vorab das Ende ver­rate, habe ich genau das ge­tan, was auf Englisch to spoil heißt. Als Verb, "spoilern", und als No­men ist es im deut­schen Sprach­ge­brauch seit ca. zehn Jahren be­kannt: "Jetzt kommt ein Spoi­ler ..." oder, als kom­plette Über­nahme des Warn­hinweises, "Spoiler Alert".

Ich muss­te sehr grin­sen, weil mit dieser Art "Lego­wörtern" sonst nur das Deut­sche ar­bei­tet. Das tran­si­tive Verb di­vul­gâ­cher [di.vyl.ɡɑ.ʃe] wird wie das Wort gâcher konjugiert.

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Foto: C.E.

Donnerstag, 14. Februar 2019

Interviews interpretieren

Seit fast zwölf Jahren führe ich hier mein öffentliches Arbeitstagebuch als Dol­met­scherin und Über­setzerin. Als frei­be­ruf­li­che Sprach­mitt­lerin ar­bei­te ich in Paris, Berlin, Heidelberg und Marseille — und (fast) überall dort, wo Sie mich brauchen.­

Was das Dolmetschen von Interviews so anstrengend macht, sind die Schleifen, die Wiederholungen und damit eigentlich genau das, was leicht erscheint.

Press Junkets: Alle 20 bis 30 Minuten kommen neue Pressevertreter in den Raum, ein Journalist oder eine kleine Gruppe von Men­schen, die dann im Wechsel Fragen stellen. Fragen und Ant­worten ähneln sich. Die Performance von Regie und Dol­­met­schen ist nun darauf ausgerichtet, originell, klug und über­ra­schend zu sein. So ein Interview­ter muss stets wie spontan antworten, darf nie gelangweilt oder an­ge­strengt wirken — und wir Dol­met­scher auch. Und dabei keinesfalls Teile aus der Antwort von der letzten Runde über­tragen, selbst wenn der Satz­­an­fang in beiden Fällen gleich war.

Stenoblock, Hände, Getränke
Subjektive der Dolmetscherin mit Ersatzblock
Manche Regisseure 'dirigieren' in echter Re­gis­seurs­art dabei auch ihre Dol­met­scher. Das habe ich vor vielen Jahren bei Claude Cha­brol erlebt. Mit­un­ter dolmetsche ich auch Schau­spieler. Da beob­ach­te ich an mir selbst mi­me­tische Effekte, das ist lustig. "Aus einem Atem" war ein an­de­res Mal, als ich einem Dreh­buch­autor meine Stimme geliehen hat, der Kom­men­tar des Ver­an­stal­ters.

In ei­ner Pause hat mir heute eine Journalistin meine Arbeit gespiegelt. Das, was ich als "beginnende mi­me­tische Effekte" an mir selbst verspüre, be­schreibt sie als Nach­tur­nen von Gesten an den entsprechenden In­ter­view­stel­len. Will sa­gen: Je­mand macht an einer bestimm­ten Stelle eine wegwerfende Hand­be­we­gung oder an einer anderen Stelle rollt er oder sie mit den Augen. Ohne, dass ich derlei Ges­tik in meine Notizen schreiben würde, scheine ich sie in an genau den Stellen meiner Ver­dol­met­schung ein­zu­bauen.

Die Jour­na­lis­tin hat übrigens mal beim Film gearbeitet, und zwar im Bereich Con­ti­nuity, wo auf genau diese Details geachtet wird. Ich war mir meiner "Ver­to­nungs­kunst" bis in dieses Detail nicht be­wusst. Wirklich nicht.

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Foto: C.E.

Mittwoch, 13. Februar 2019

Lesen, lesen, lesen

Hier bloggt ei­ne Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin, die mit­un­ter auch mo­de­riert. Vie­le Auf­trä­ge ähn­eln sich. Und das meiste bereite ich im eigenen Büro vor.

Die Arbeit ist ähnlich: Vor den meis­ten Dolmetsch­ein­sätzen darf ich lesen, lesen, wei­ter­lesen. Vor der Ar­beit auf dem Fes­ti­val: Lesen, lesen ... und manch­mal, wie diese Wo­chen, auch sehen.

Stehlampe aus geschnitztem Objekt und alter Atelierlampe
Leseecke mit Jugendstilkachelofen
Vor­be­rei­tungs­in­ten­si­ve Momente sitze ich gerne im Lesesessel aus. Fürs Wohl­fühl­mo­ment sor­gen gutes Licht und das be­son­de­re Design.

Dabei erfreue ich mich in Sa­chen Ge­stal­tung re­gel­mä­ßig der Un­ter­stüt­zung durch François Rossier, www.upcycling.mobi, der mich beim Ein­rich­ten mit kre­at­iven Impul­sen und den ent­schei­den­den Hand­grif­fen wundervoll be­glei­tet. Ich habe sein Prinzip derart ver­in­ner­licht, dass in der schräg ge­schnit­te­nen Woh­nung eini­ges auf Maß im Pinpong­ver­fahren entsteht. Wie zum Bei­spiel diese Lam­pe. Ich liebe Ob­jek­te, die nützlich und Kunst zu­gleich sind.

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Foto: C.E.

Montag, 11. Februar 2019

Roundabout

Will­kom­men auf den Sei­ten des di­gi­ta­len Log­buchs einer Dol­met­sche­rin und Über­set­ze­rin. Meine Arbeits­spra­chen sind Fran­zö­sisch, Deutsch, Eng­lisch als Aus­gangs­spra­che ... und Film. Hier be­rich­te ich über den Berufs­alltag. Das ge­schieht so, dass man nicht die Be­tref­fenden, wohl aber manche Si­tuatio­nen er­ken­nen kann. 

Parsley served dumplings | Petersilien Servierten Knödel (Schild vom Catering)
Was auf der Berlinale so "Servietten" wird
Da wäre sogar noch ein Extra-Screening auf der Berli­nale, lässt mich eine Mail wissen, "first come, first serve". Und je nach­dem, wann das Q & A des Films im Slot davor fertig sei, wür­de das Scree­ning dann round­about um ... an­fan­gen.

Ach ja, Englisch als Fremd­spra­che ist nicht je­dermanns Sache. (Je­der­fraus auch nicht.) Ich wür­de ja lie­ber le­sen: "first come, first serveD."

In Deutschland hat sich an etlichen Orten Pseudo-Englisch durchgesetzt. So sehr, dass viele gar nicht mehr merken, was richtig ist und was nicht. Etwa in der Art, wie wir dieser Tage alle Filmleute nahezu muttersprachlich am Potsdamer Platz ihre Filmgespräche führen hören! Und dann mit dem Handy rasch noch einige Pics. Und auf dem Weg ins zum nächsten Get together das Line-up des nächsten Projekts besprechen.

Ich weiß auch nicht, warum sich diesen dummglischen Versionen in Deutschland durchgesetzt haben.

Roundabout heißt übrigens Kreisverkehr. Nichts für ungut.

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Foto: folgt

Sonntag, 10. Februar 2019

Videothek für Filmklassiker

Willkommen auf den Seiten des digitalen Logbuchs einer Sprachmittlerin. Meine Arbeitssprachen sind Französisch, Deutsch ... und Film. Derzeit bin ich viel in Sa­chen Film in Berlin unterwegs.

Cédric Klapisch und Laurent Cantet
Cédric Klapisch und Laurent Cantet
"Darauf habe ich 20 Jahre ge­war­tet",  sagt Wim Wenders zu seinen französischen Kol­le­gen Laurent Cantet und Cé­dric Klapisch. "Wo seid ihr denn gewesen?"
Die Angesprochenen sitzen auf einem Podium in Berlin (und Wen­ders ne­ben ihnen), wir sind auf einer Presse­kon­ferenz, eben gerade wird LACINETEK vor­ge­stellt, eine Online-Kine­mathek aus Frank­reich.

Denn ab heute kann diese auch in Deutsch­land und Öster­reich genutzt werden. Am Anfang dieser Entwicklung steht La Société des Réalisateurs des Films (SRF). Dieser französische Zusammenschluss der Film­re­gisseure Frankreichs organisiert in Cannes mit der Quin­zaine des Réa­li­sa­teurs eine Fes­ti­val­sek­tion der dortigen Film­fest­spie­le. Vor etlichen Jahren hatten einige der befreundeten Regisseurinnen und Re­gis­seu­re am Ende einer Veran­staltung die Idee, eine digitale Video­thek der besten Spielfilme zu gründen.

Voraus­ge­gan­gen war dem die Analyse, dass viele der ganz alten bis hin zu den mo­der­nen Klas­si­kern von den Fernseh­sendern kaum noch ausgestrahlt werden, dass sie sich aber auch nicht in den diversen Video­theken, die das Internet an­bietet, finden lassen.

So entstand die Cinémathèque des Réalisateurs, kurz LACINETEK.com/fr, die seit 2015 auf dem Markt ist. Gedacht ist sie für echte Kinofans, die vielleicht zu weit weg von einer Kinema­thek wohnen, aber auch für junge Menschen, bei denen oft das Schul­system Grundlagen für eine Filmkultur gelegt hat (der französische Film­bil­dungs­kanon ist beispielhaft).

Das Grund­prinzip der Filmauswahl: Regis­seure benennen 50 Filme, die für sie am wich­tigsten gewesen sind. Anschlie­ßend werden von vielen Titeln Filmlizenzen er­wor­ben  auch mit Unter­stützung etlicher Kine­ma­theken, darunter die Deutsche Kinemathek, sowie einiger Film­för­der­ein­rich­tun­gen. Die Filme sind dann (gegen Gebühr) abrufbar oder sogar herunterzuladen. In Frankreich gibt es zusätzlich ein Abon­nement, das in Deutsch­land auch geplant ist.

Auf einer Pressekonferenz am Potsdamer Platz wurde das Filmerbe-Projekt vor­ge­stellt, bei einer Galavorführung im Kino Babylon gestartet. In der Berlinale­woche laufen sechs Fil­me von Regis­seurinnen aus der Retrospek­tive unter LACINETEK.de.

Quel film? Welcher Film?
Vor der Pressekonferenz
Für alle, die meh­re­re Spra­chen lernen und täglich verwenden: Hier laufen es viele Filme in Original­fas­sung mit Un­ter­titeln.
Und vor einer solchen Presse­kon­ferenz schreibt unsereiner natür­lich eine um­fang­rei­che Liste mit den zahl­rei­chen Ab­kür­zun­gen der Kinema­theken, Filmför­der­be­hör­den wie das CNC, das ausge­schrieben Centre national du cinéma et de l'image animée heißt.

Für Veranstalter ist wichtig, in Presse­mappen gewisse Fragen schon vor­weg­zu­neh­men, bei­spiels­weise die Fragen nach Zahlen, Daten und Fakten.

Es ist geplant, die Online-Videothek auch in anderen europäischen Ländern verfügbar zu machen.

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Fotos: C.E.

Freitag, 8. Februar 2019

Kulisse zum Quadrat

Bonjour und guten Tag auf mei­nen Blog­sei­ten aus der Welt der Spra­che. Meine Fach­ge­bie­te sind Wirt­schaft, Politik, Soziales, Kultur und Film. Dieser Tage habe ich viel mit der Berlinale zu tun.

Immer gut, wenn ein Arzt zur Hand ist — und sei es ein an­ge­hender. Es ar­gu­men­tiert sich ele­gan­ter mit Fach­begrif­fen in Neben­sätzen: Das wären dann La­te­ral­flexion und Ro­ta­tion, seitlich gedreht und ge­beugt das Kreuz beim Be­flüs­tern einer Regisseurin auf der Bühne, wenn ich direkt neben ihr sitze. Außerdem sehe ich wie­der­holt das Mund­bild der Per­son nicht, die am anderen Ende des Po­diums sitzt. Das strengt über Ge­bühr an.

Als "Wortfeld" mit Zusammenhängen: Urheberrecht und das frz. Hadopi-Gesetz (2011)
In ein 2. Fenster geladen vergrößerbar
Die Berlinale­planung geht voran. Da der Ver­an­stalter fast nur noch auf Eng­lisch setzt, bezah­len wiederholt Dritte die Dol­metscher für "exotische" Sprachen. Bei die­sen Dritten  müs­sen wir (fast) jedes Mal aufs Neue un­se­re Arbeits­weise erklären. Der ärztliche Rat verfängt. Ich muss mich nicht verbiegen, um direkt in ein Ohr hinein mit der oben be­schrie­b­enen Fehlhaltung zu flüstern, son­dern kann das wunschgemäß per Mi­kro­fon mit Funk­ver­bindung und Kopf­hörer machen.
Heute also: Statt im Berlinalekino Filme zu sehen, darf ich Themen wie Video on de­mand, Ki­ne­ma­the­ken und Urheber­recht pau­ken. Ich greife dabei zunächst auf alte Un­ter­la­gen zurück, denn "Wiedersehen macht Freude!" Übersetzt heißt das: Was das Hirn kennt, mag es.

Dann erst be­schäf­ti­gte ich mich mit dem neuein­ge­trof­fenen Material. Es ist nicht nur ein inhaltliches Wiedersehen, sondern auch eines von Menschen. Am Wo­chen­en­de werde ich eine Regisseurin wie­der­sehen, für die ich bereits mehr­fach ge­dol­metscht habe. Kurz: Das wird personell und in­halt­lich ein Heim­spiel. Ich freue mich.

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Illustration: C.E.

Donnerstag, 7. Februar 2019

Kollege Maschine?

Will­kom­men auf mei­nen Blog­sei­ten aus der Welt der Spra­che. Meine Fach­ge­bie­te sind Wirt­schaft, Politik, Soziales, Kultur und Film. Die Berlinale geht heute los. Noch ist es ruhig für mich.

Allgemeine Texte in der Presse seien ebenso re­le­vant wie wenn eine be­kannte Frau­en­zeit­schrift über das Lie­bes­le­ben der Pinguine schreiben würde, urteilt eine Kol­le­gin über die ir­re­füh­rende Wie­der­ga­be von Zita­ten, die aus dem Kon­text ge­ris­sen sind. In diesem Fall wird aller­dings kein Re­cher­che­in­ter­view zitiert, sondern die Online-Dis­­kus­­sion eines Fachar­tikels. Konkret geht es um sach­lich Fal­sches, das eine Tages­zeitung veröf­fent­licht hat.

Medien prägen durchaus das Bild, das sich die Bevöl­ke­rung von un­se­rem Berufs­feld macht.

Vor Inbetriebnahme Handbuch lesen!
Auf den Grup­pen­sei­ten eines so­zia­len Netz­werks de­bat­tie­ren wir über DeepL, ein Über­setzungs­an­ge­bot, das aus Linguee hervorgegangen ist. Das wie­der­um ist eine Seite, die Be­griffs­ent­spre­chun­gen im Kon­text auf­fin­det und ein­an­der ge­gen­über­stellt. DeepL geht weiter. Die Web­seite bie­tet gratis Übertragungen an, die besser sind als das, wozu Babelsfish und Google bislang imstande waren.

„DeepL ist inzwischen oft besser als manche Humanübersetzer“, wird heute Über­setzer­kol­le­gin Andrea Bernard in einem Artikel zitiert, den der „Tagesspiegel“ ge­bracht hat. Dass sie dabei in der Diskussion unter einem Fachartikel gerade keine Profis gemeint hatte, daher der etwas verkrampfte Begriff „Hu­man­über­setzer“, sondern Schüler, Studenten oder Menschen, die ihren Alltag mit Lernen, Haus­halts­füh­rung oder Pfle­ge verbringen und vielleicht am Abend über dubiose „Agen­turen“ noch den schnel­len Taler zu machen hoffen, wird indes nicht wiedergegeben. Das Zitat ist also ent­stel­lend. Hier schreibt ein Jour­na­list mit über­raschend ge­ringer Re­cher­che- und Re­flexions­tiefe.

Andrea Bernards Beitrag hatte auf der Blogseite des Verbands DVÜD ex­akt die ge­gen­tei­li­ge Schluss­fol­ge­rung gehabt, dass nämlich die vermeintliche Eleganz und Verständ­lichkeit man­cher „Lö­sun­gen“ maschineller Über­set­zung die Nutzer blen­den würde, sodass sogar schwer­wie­gende Ent­stel­lun­gen und Ver­keh­run­gen mög­li­cher­weise un­ent­deckt blieben.

Aber auch wir nutzen Dienste wie Linguee und DeepL zwi­schen­durch: Um unsere Neu­ronen zu lockern, um vielleicht auf Muster­über­setzungen zu stoßen oder als eines unter meh­reren Wörter­büchern. Ersetzen wird uns sowas in abseh­barer Zeit nicht. Dafür ist Sprache viel zu komplex, zu emotions­geladen und unvollständig, zu wech­sel­haft, grup­pen­ge­bunden und im­pro­visiert.

En un tour de manivelle — im Handumdrehen
Lustig las sich für mich noch ein Zitat im Ta­ges­spie­gel­ar­tikel. DeepL-Entwickler Ku­ty­lows­ki definiert Dol­metscher als jemanden, der/die „sich mit ge­spro­che­nen Texten be­schäf­tigt ...“ Vor meinem geis­tigen Auge scheinen jetzt eckige Sprech­blasen in DIN-Format mit Esels­oh­ren und Rand­no­tizen auf, die ra­scheln, wie Pa­pier eben raschelt. Hier äußert sich ein Profi mit über­raschend ge­rin­ger verbaler Trenn­schärfe.
Ich nutze die Ge­le­­gen­heit, um einen Link nachzutragen. Ralf Lemster, Vizepräsident des Bundesverbands der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) wurde neulich von der Süd­­deut­schen Zei­tung interviewt. Der Ex­per­te für maschinelle Übersetzung meint: "Die Tex­te sind zu komplex und den Pro­gram­men fehlt der Kontext."

Kontext, der ewige Schlacht­ruf der Sprach­ar­bei­te­rin­nen und Sprach­ar­beiter! Und Lemster weiter: "Der Horizont der gängigen Über­set­zungs­systeme ist der Satz und endet mit dem Punkt. Ein Mensch weiß, was drei Sätze zu­vor stand und kann einen Zu­sam­men­hang herstellen."

Was war sonst heute? Ter­mi­ne ma­chen, ler­nen, erster Ber­li­na­le­empfang, dort Be­ra­tung zum Umgang mit gedrehtem, fremd­spra­chigem Material. Die Frage nach einer Publi­ka­tion zum Thema kommt auf. Gut, jetzt habe ich also ein Buch­pro­jekt für die Industrie und gleichermaßen für die For­schung. Noch ein Buch­pro­jekt ... Ich weiß jetzt, was ich dieses Jahr haupt­beruflich neben dem Dol­met­schen ma­chen werde: schreiben!

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Foto: C.E.

Montag, 4. Februar 2019

Schaumbeton

Welcome, guten Tag, bonjour ... auf den Blogseiten, die in der Dol­­met­­scher­ka­bi­ne und am Übersetzerschreibtisch entstehen. Ich arbeite in den Bereichen Po­li­tik, Kultur, Wirt­schaft und Soziales. Meine Arbeitssprachen sind Deutsch, Französisch (Ausgangs- und Ziel­spra­che) und Englisch (meistens nur Aus­gangs­spra­che).

"Zwischen den Blasen werden kleine Stege gebildet, die winzige Fasern ver­stei­fen. Im trockenen Zustand wird das Ganze dadurch weniger rissanfällig.“

Schaumbeton, etwas höhere Viskosität
Ich tauche aus den dich­ten Sät­zen auf und fra­ge mich, über wel­che Grö­ße wir hier ei­gent­lich spre­chen. Es geht um Schaum­be­ton und den Mi­kro­mil­li­me­ter­be­reich. Über ma­ge­res Vor­be­rei­tungs­ma­te­rial hi­naus ha­be ich kei­ne tie­fer­ge­hen­de Kennt­nis. Ich bin bei ei­nem Fach­ge­spräch zu Bau­ma­te­ria­lien, Porenbeton und Schaumbeton, ak­tu­el­le Ei­gen­schaf­ten  und was die Zukunft bringen könnte.

Hintergrund dessen, was in diesem Sektor ansteht: Im Kapitalismus wird der Sand knapp ... und die Betonherstellung zählt leider zu den CO2-intensiven Bereichen. Es geht also um Alternativen in der Produktion und um andere Füllstoffe, die auch Staub aus den Bereich Stein-, Marmor- und Glasbearbeitung sein können. Dass wir als Dol­met­sche­rin­nen seit Jah­­ren im Bereich Bergbau tätig sind, hat sich gleich aus­ge­zahlt, in Frank­reich werden Füll­stof­fe les fillers ge­nannt. An­sons­ten war ich zuvor nicht sehr ver­siert in Bau­che­mie.

Schwimmend oder wasserdurchlässig
In die techni­schen Analy­sen und das Fach­ge­spräch baut der Ber­li­ner Gast­ge­ber sym­pa­thi­scher­wei­se im­mer wie­der klei­ne Erklär­pha­sen für mich ein. Er mo­de­riert das auch so an: "Das sag' ich jetzt mal für Sie!" Ich dol­met­sche: Quelques informations de fond pour l'interprète. 
In den Ta­gen da­nach ar­bei­te ich alles nach und lasse es noch von Fach­leuten ge­gen­lesen.

Wer weiß, ob ich beim nächsten Termin über­haupt ver­füg­bar bin oder ob nicht ei­ne Kol­le­gin/ein Kol­le­ge ein­sprin­gen muss. In etli­chen Be­rei­chen er­ar­bei­ten wir uns so un­ser ei­ge­nes Grund­la­gen­ma­te­rial.

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Fotos: C.E.

Freitag, 1. Februar 2019

In der Übersetzerkiste

Seit fast zwölf Jahren ver­su­che ich hier, meinen Alltag zu beschreiben. Ich bin Kon­fe­renz­dol­metscherin und Übersetzerin, arbeite mit der fran­zö­sischen Sprache (und aus dem Englischen). Auch nach zwölf Jahren gibt's noch Neues.

In der Dolmetscherkabine: Rechner, Pult, Kopfhörer, Mikro und viele, viele Vokabellisten
Nach der Schlacht
Die Dank­sa­gun­gen am Ende von Ver­an­stal­tun­gen sind stets das schöns­te Mo­ment. Nicht immer be­kom­men wir öf­fent­li­che Dank­sa­gungen. Man­che Kun­den ver­ges­sen das in der Auf­re­gung. Heu­te gab es sie da­für dop­pelt.

Zwei for­dern­de Ta­ge und Rechts­ge­bie­te bzw. die Fra­ge, in­wie­weit die Di­gi­ta­li­sie­rung die Ar­beit von An­wäl­ten ver­än­dert, lie­gen hin­ter uns.

"Ein herz­liches Danke­schön an die Da­men in der Über­set­zer­kiste!" plus lang­an­hal­ten­den Applaus hat uns so­gar zwei­fach er­reicht, am An­fang und am En­de der Dank­sa­gun­gen.

Wir ha­ben uns hin­ter­her in der "Kiste", den Aus­druck hat­ten wir noch nicht, noch ein wenig ge­sam­melt und dann mit allen zusam­men auf den Erfolg der Ver­an­stal­tung angeschlossen. Die nächs­ten Tage wird erstmal ge­schla­fen und zu­hau­se rum­ge­puz­zelt, dann wer­den unsere Vokabel­listen à jour ge­bracht, der ganze Kram aus­ge­druckt und sor­gfäl­tig ab­ge­hef­tet.

Denn nach dem Ein­satz ist im­mer auch vor dem Ein­satz.

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Foto: C.E.