Gerade klinge ich älter als meine "Omma" aus Unna, denn die hat sowas nie gesagt. Oder klinge ich ähnlich jung wie das Käthchen von Schluppenburg, die einst mit gerade mal acht Lenzen, du haut de ses huit ans, gerne ihre Frau Großmama nachgemacht hat, und das auch noch in bestem Bayrisch: Frrrühah, ja, frrrühah, da woa ois bessah! (Gerne folgte darauf eine Einlage rustikalen Schenkelklopfens.)
Vogel- oder Küchenlampenperspektive |
Denn auch schöne Konstanten gibt es in diesen Jahren. Die Berlinale-WG ist eine davon. In Zeiten, in denen ich 30 bis 50 Einsätze pro Filmfestival hatte, war ich abends einfach durch. Extreme Müdigkeit wirkt sich auf den Bewusstseinszustand wie Alkoholkonsum aus, also war es der Job der Mitbewohner von Rhein und Ruhr, mich vom letzten "Gig" abzuholen und heil wieder nach Hause zu geleiten. Außerdem erfuhr ich von ihnen, was ich in der Einsamkeit der Dolmetscherkabine sonst nicht erfahren hätte: Wer, was, wie, wo, warum und wann.
Jetzt, wo die Berlinaleleitung auf Globish setzt und sehr viele Dolmetscher nichts mehr zu tun haben, ist meine Berlinale weitaus entspannter: Es gibt weniger Einsätze, die dafür besser bezahlt werden. (Wo es drauf ankommt, ist plötzlich wieder Geld da.) Der nächtliche Escort-Service entfällt damit.
Nach dem Nachhausekommen, jeder disponiert selbst, sitzen wir nachts meist noch in unseren WG-eigenen Programmkonferenz zusammen, die Abteilungen und Fachrichtungen Filmton, -mischung, Ausbildung, Jazz, Festivalleitung, Programmmanagement, Saalleitung, Sprache (und zunehmend auch Dramaturgie), IT und strategische Planung, Verzahnung von Geistes- zu Naturwissenschaften. Viele Gewerke und Gebiete, dabei sind wir nur zu viert, gendermäßig einigermaßen paritätisch besetzt — und generationenübergreifend sowieso, denn zwischen dem Jüngsten und dem Ältesten liegen vier Jahrzehnte.
In der zweiten Berlinalehälfte wird es ruhiger. Die Kölner Tonkollegin ist schon wieder abgereist, Moonboots und "Plümmoh", wie sie ihre daunengefüllte Jacke freundlich nennt, sind am frühlingshaften Rhein, wo es dem Vernehmen nach heute 16° C. warm war, wieder im Schrank verstaut. Auch in Berlin ist der Frühling schon zu spüren. Der Winter (und auch die Zukunft) waren früher auch besser! (Danke, Karl Valentin.) So, ab mit mir ins Kino!
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Foto: C.E.
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