Grand Place |
Oder beim Blick auf Münchens bunt illuminierten U-Bahn-Wagen spontan zu denken: "Sieht ja aus wie der Marktplatz von Brüssel kurz vor Weihnachten!" War doch Brüssel? Oder Heidelberg, Paris, Basel, Hannover?
Nee, schon richtig, war Brüssel.
Die "Türkantenbeleuchtung" der Münchener Untergrundbahn illuminiert den Zug seit Dezember jeweils passend zu seinem Halte- oder Wegfahrstatuts. Das hat der Marktplatz von Brüssel nicht, dort war es nur eine spontan wechselnde "Festbezündung". Schick ist ja irgendwie beides, auch wenn in den dazu heller beleuchteten Wagen in Bayern jetzt die Augenringe besser auffallen, heißt es.
A propos Augenringe: Gezeichnet sind wir dieser Tage wohl alle vom Stress des Jahresanfangs. Und dann kommen diese zähen Viren ins Spiel. Um wenig Einfallstore für derlei zu bieten, bemühe ich mich seit Jahren um einen entspannten Lebensstil: So oft es geht gesunde Lebensmittel aus der Region, selbst genussvoll zubereitet, positiven Stress bewusst erleben, ebenso bewusst für Ausgleich sorgen, Selbstbefragung ob das, was ich mache, sinnvoll ist oder nicht, bei entgangenen Jobs den Blick auf das Stattdessen richten.
Und dann schlägt es doch zu. Denn zwischendurch kann ich, vor allem in Zeiten gehäuft auftretender Dienstreisen, ja nicht immer kontrollieren, ob das, was ich zu mir nehme, gesund ist. Dann sind die Tagesrhythmen im freien Wechsel, dann stecke ich schon mal länger in gefilterter Luft fest, die ich als feindlich erlebe.
Die Klimaanlagen habe ich immer wieder schnell vergessen, wenn ich zuhause ankomme. Einige Tage später: Meine Sprechstimme hat ihren eigenen Basso Continuo, und statt hoher Orgelpfeifen tönt zwischendurch das reduzierte Volumen der Nebenhöhlen mit. Kopfkonzert, ich kann mit mir selbst im Chor singen. Die Philharmoniekarten verschenke ich.
Auch deshalb überlege ich gerade, das Wörtchen "Gesundheit!" als Reaktion auf öffentliches Niesen wieder einzuführen. Ich hatte es nie völlig abgelegt, nur an eindeutig "ruhigen" Orten, in der Ruhezone der Bahn zum Beispiel, beim Hotelfrühstück inmitten lauter Morgenmuffel mich den neuen Manieren angepasst, die von einem wollen, dass man derlei schlicht ignoriert.
Ein Sprachguru, ich hab leider vergessen, wer es war, hat mal gesagt, dass das "Gesundheit"-Sagen von einst wie ein Schutzschild gewirkt habe, um die eigenen Abwehrkräfte zu mobilisieren. Sprache ist und bleibt ein Mysterium.
Und hier noch für alle, die sie nicht kennen, die Geschichte über den Indianer in Nordamerika und die Eisenbahn. Als er dieses riesige Strahlross zum ersten Mals in seinem Leben nutzt, setzt er sich am Zielort an den Schienenstrang und wartet. Einer der andere Passagiere fragt nach den Gründen. Der Indianer darauf: "Ich sitze hier und warte, dass meine Seele nachkommt." Vielleicht ist der Infekt nur eine Art Übersetzung dieser Wartezeit. Ich nehme das an. Im doppelten Wortsinn.
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Foto: C.E. (Brüssel)
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