Donnerstag, 29. Januar 2015

Luxusherberge

Hallo beim ersten Web­log Deutsch­lands aus dem In­ne­ren der Dol­met­scher­ka­bi­ne. Hier schreibe ich in loser Folge über Eigentümlichkeiten des Berufsalltags. 
Heute: Arbeitsverhinderung.

Ein Sack Deutsch
Gerade flatterte eine kuriose Absage rein. "Wegen Verdreifachung der Preise für Anmietung von Dolmetschkabinen und Technik entfällt die Verdolmetschung". Hier, was bisher ge­schah: Ein externer Dolmetschkunde fragt uns für eine große Berliner Konferenz an. Wir erstellen wunschgemäß einen Kos­ten­vor­an­schlag, telefonieren die Kollegen durch, bis zu drei Teams parallel, der Kun­de optioniert, die Vertragsunterzeichnung scheint eine reine Formsache. Dann kommt die Absage.

Das Kongresshotel habe gemeldet, dass die Buchung der Dolmetschkabinen samt Technik leider 300 % teurer sei als in der Kostenübersicht ursprünglich vermerkt.

Nun sei auf ihre Anmietung verzichtet, der Einsatz von Dolmetschern gestrichen wor­den. Konferenzteilnehmer ohne Sprachkenntnisse hätten leider Pech gehabt, sie stellten nur weniger als zehn von 175 Kongressteilnehmern.

Wegen ihnen dürfen jetzt übrigens alle "BSE" sprechen, bad simplified english. Mir tut es um meine verlorene Arbeitszeit leid. Die erste Anfrage kam am 4. Advent, am zweiten Weihnachtstag verbrachte ich knapp zwei Stunden mit der An­ge­bots­er­stel­lung, bis ich mich durchs Kongressprogramm durchgearbeitet und die Liste der noch offenen Fragen geschrieben hatte, zwischen den Jahren und zu Jahresanfang kam dann die Kollegenanfragerei per Mail und Telefon hinzu. Kurz: In der Summe zwei Arbeitstage für die Tonne. Einfach so.

Das Hotel wird einen erklecklichen Aufpreis für die Aufstellung der Kabinen ver­langt haben. Auf mein Angebot, ich könnte doch mal mit den dortigen Managern telefonieren und parallel einige unserer Lieferanten anfragen, ging der Kunde leider nicht ein. (Die Mails über das sprachlich reduzierte Angebote vor Ort waren wohl bereits verschickt.)

Die erste Absicht des Kunden ist ja nicht, Umsatz in die Hauptstadt zu bringen, sondern Wissen an seine Teilnehmer zu vermitteln. Dazu gehört auch professionelle Be­glei­tung. Die Entscheidung, wofür ein naturgemäß begrenztes Budget investiert wer­den soll, würde ich mir von einem Dienstleister durch Preistreiberei jedenfalls nicht aus der Hand nehmen lassen. Das Hotel verdient schon an der mehr­tä­gi­gen Beherbung und Beköstigung von 175 Gästen.

Noch ein Aspekt des Ärgerns: Die Beherbungsstätte der obersten Kategorie macht so Ne­ga­tiv­wer­bung für Berlin als Kongressstadt. Ich möchte schlicht nicht, dass Berlin in einem schlechten Licht dasteht! Mehrmals jährlich darf ich für halb- bis einwöchige Ver­an­stal­tun­gen mit zwischen 50 und 200 Teilnehmern Kongresshotels auswählen, nachdem wir einmal bei der Buchung durch Ortsunkundige mit di­rek­tem Bau­stel­len­lärm im hochsommerlichen Konferenzraum konfrontiert waren.

Statt Inspiration Licht auf dem Tisch
Den Namen des Hotels, um das es hier geht, habe ich inzwischen erfahren und mir gut gemerkt.

Kurz: Dolmetscher sind keine Kostenfaktoren, liebes Ho­tel­ma­na­gement, auf das einfach verzichtet werden kann, son­dern Dienstleister unter Dienstleistern und Mul­ti­pli­ka­to­ren!

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Foto: C.E.

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