Willkommen auf den Seiten eines digitalen Arbeitstagebuchs aus der Welt der Sprachen. Ich übersetze und dolmetsche in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Kultur und Film, Französisch und Englisch sind meine Arbeitssprachen.
Ob ich in drei Tagen ein 90-seitiges Drehbuch übersetzen könne, werde ich gefragt.
Es gebe da einige Actionszenen beim Dreh eines französischsprachigen Teams in Berlin, und die Berliner Verwaltung sowie eine deutsche Versicherung müssten sich einen Überblick über das Geplante verschaffen.
Ich zögere und erzähle von meinen sonstigen Zeiträumen (ab einer Woche habe ich sonst Zeit je Drehbuch, lieber noch vierzehn Tage inklusive Korrektorat).
Der Aufnahmeleiter meint's sicher gut mit mir: Ich müsse doch nicht alles auf den Punkt übersetzen, halt nur so den Inhalt, also ganz ungefähr würde ja auch reichen.
Ganz ungefähr? Für eine Versicherung und die Stadt Berlin, die mehr als nur eine Straße sperren muss? Es ist von pyrotechnischen Mitteln die Rede. Sprengstoff, aber nur Pseudo, für Film halt. Samt einer Schießerei im Hafen.
Der Vertrag letzte Woche war so eilig zu übersetzen, weil er von beiden Partnern aus Frankreich und Deutschland in Berlin unterzeichnet und vor dem Trocknen der Tinte an offizieller Stelle innerhalb der Nachreichungsfrist abgegeben werden musste. Das wäre anders nicht gegangen. Aber hier? Weiß das Team erst seit wenigen Stunden, was geplant ist?
Der Aufnahmeleiter legt nach: Wir könnten es ja zu zweit, zu dritt oder zu viert übersetzen. Ich schlage vor, nur die ausgewählte Passage zu bearbeiten. Nein, es müsse schon das ganze Buch sein. Und man könne 400 Euro für den Job anbieten, das sei ja wohl schnell und leicht verdientes Geld. Ja, ich bin so frei und sage: "400 Euro am Tag? Das liegt leider unter meinem Satz."
Und ganz grundsätzlich: Genausowenig, wie ich ungefähr Auto fahren kann (und dabei Straßenlaternen und Ampeln ramme) oder man ein bisschen schwanger sein kann, genauso wenig kann ich ungefähr übersetzen. Und schon gar nicht für 133 Euro am Tag.
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Foto: C.E.
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