Im Internet gibt es Webseiten, die Übersetzungen für 0,02 Dollarcent das Wort verticken oder so, Liefertermin für große Volumina: Morgen früh um neun. Gerne wird hier auch in Rupien gezahlt, denn so solchen Sätzen können und wollen wir Europäer nicht arbeiten.
Neuer Berlinale-Spielort: Meine Küche |
Leider fühlt sich das Berliner Filmfestival exakt genauso an, zum Glück zu deutlich besseren Honorarsätzen. Die Berlinale schläft nie. So zumindest der Eindruck, den sie vermittelt. Wir Sprachmittler werden daher zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten einbestellt. Donnerstag: Dolmetschen bis in die Nacht, der Schlaf kam am Freitag gegen 3.00 Uhr. Nach vier Stunden Schlaf wieder raus, in die Pressevorführung eilen, dann Pressegespräche dolmetschen, der Einsatz endet zum Glück früh.
Teil zwei des Arbeitstages findet nach einem Spätmittagsschlaf statt. Ich warte Stunden darauf, dass das Video der Pressekonferenz zu meinem Samstagsfilm hochgeladen wird, die am Nachmittag stattgefunden hat. Die beste Vorbereitung auf Einsätze ist, neben dem Film auch viel zu lesen und zu hören, was in dem Kontext verlautbart wurde — und wie. Ich lese und höre mich auf Jalil Lespert ein, den Regisseur des Films über Yves Saint-Laurent.
Zwischendurch coache ich eine filmaffine Kollegin, die noch nicht so viele 1000 Stunden wie ich mit Film zugebracht hat und die parallel zu mir Termine übernimmt.
Zu einer sehr vertretbaren Uhrzeit lande ich in der Koje; der Schlaf ist gnädig und stellt sich sofort ein, auch wenn ich völlig neben meinem Rhythmus bin.
Eingeklemmt zwischen Neubauten: Haus Huth |
Neben dem Zoo-Palast, der im Anschluss an seine Restaurierung als Spielort (wieder) zu den Berlinalekinos hinzugekommen ist, hat die Berlinale dieses Jahr noch eine neue Spielstätte gewinnen können, tataaa, proudly presents: meine Küche! Der Abend gehört diesem Film, ich darf sehen, einlesen, einhören, dann so früh ins Bett wie möglich. Die Mitbewohner meiner Berlinale-WG berichten mir immer beim Frühstück, was auf dem Festival eigentlich los ist.
Die Macher von "Jack und das Kuckucksuhrherz" |
Zum Spätnachmittagsnickerchen lege ich mich in einem sonst leeren Berlinalebüro unter einen Tisch. Am frühen Abend sehe ich meinen nächsten Film dann wieder im Kino. Als ich kurz vor Beginn ankomme und in das ausgebuchte Kino reingelassen werde, motzt jemand aus dem Warteschlange für den Nacheinlass, der leider ausfallen wird. Die Abendspielleitung klärt auf: "Sie ist eine Mitarbeiterin und muss den Film aus dienstlichen Gründen sehen." Im Saal stehe ich den Film über neben dem Schalterkasten und kann im Bedarf die Lautstärke korrigieren (was ich in den Jahren als Kinoleiterin gelernt habe). So hat auch die Feuerwehr nichts gegen "ausverkauft + 1", falls sie denn vorbeischauen sollte.
Nach dem Film treffe ich Produzenten aus Paris zu Apéro und Restaurant. Später eile ich für ein Stündchen auf eine Party. Es ist mein erste Berlinaleparty dieses Jahr. Dann schnell wieder in die Heia.
Denn anders als der Nagelfakir in der Überschallmaschine brauche ich meinen Schlaf — in echten Stunden gemessen.
______________________________
Fotos: C.E.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen