Mittwoch, 19. Februar 2014

Klassischer Bürotag

Bon­jour! Sie sind ab­sicht­lich oder zu­fäl­lig auf den Sei­ten einer Dol­met­scherin und Über­setzerin für die fran­zö­si­sche Sprache gelandet. Ich berichte hier über den All­tag der Französischdolmetscher und anderer Spracharbeiter — aus meiner streng sub­jek­ti­ven Perspektive. 

Zeiten wie nach der Berlinale und vor der Kongresssaison sind wunderbare Mo­men­te, um neue Routinen einzuführen. Dazu etwas am Ende. Hier, wie ein klassischer Bürotag außerhalb der Saison aussieht.

Vorbereitung: Besprechung mit Moderator
Berlinale nachbereiten. Notizen auswerten und noch einige verpasste Streifen bei den Mitarbeitervorführungen nachholen.

Auf dem Laufenden bleiben. Meine üb­li­chen Fachgebiete weiterlesen, ver­schlag­wor­ten, ausdrucken/Zeitung kaufen und Artikel bearbeiten und ablegen, ab und zu eine alte Lexik hervorkramen und durch­ge­hen. In meinem Bibliotheksflur stehen al­lein zwei Meter Akten und Fach­zeit­schrif­ten zu den verschiedensten Themen.

Inhalte vertiefen. Noch von Weihnachten liegen hier Bücher über Wirtschaft, Ar­chi­tektur und Bildungspolitik. Außerdem: Aktu­elle Europapolitik, Bankenkrise.

Sprachen aktivieren. Etwas zu lesen und zu verstehen bedeutet nicht au­to­ma­tisch, et­was aktiv auf der Platte zu haben. Daher sind jeweils eine Stunde Englisch und eine Stunde Französisch Teil meines Stun­den­plans, über die normale Le­se­zei­ten hinaus, denn ich lese natürlich auch in drei Sprachen.

Termin vorbereiten. Manchmal haben wir sogar das Glück, in der di­gi­talen Tee­küche im Vorfeld mehr zum Thema einer Veranstaltung erfahren.

Ablagen sortieren, ausmisten, Verwaltung. Das steht eigentlich an allen Ar­beits­ta­gen im Büro auf dem Programm, jetzt aber besonders, da es hektische Wochen gibt, in denen un­ser­ei­ner nur auf Achse ist und derlei notwendigerweise un­ter­blei­ben muss.

Kostenvoranschläge schreiben. Ein Drehbuch, ein Treatment, dessen Übersetzung es zu korrigieren gilt, zwei Konferenzen, vier Tage Begleitdolmetschen (Bil­dungs­rei­se) sowie eine sprachliche Baubetreuung, es geht um die behindertengerechte, energieeffiziente Sanierung einer historischen Remise in der Nachbarschaft für ei­ne belgische Bauherrin, die ihren Lebensabend in der Nähe von Tochter und Enkeln verbringen möchte, das könnte alles auf uns zukommen.

Entspannungstechniken lernen. Hier erlebe ich gerade eine Revolution. Nach zwan­zig Jahren mit Schlafstörungen lerne ich schlafen. Bei mir auf der anderen Uferseite (in Blickrichtung keine 30 Meter vom Arbeitszimmer entfernt) liegt ein Zentrum, in dem ich etwas trainiere, das sich sounder sleep system nennt: Hier wurden neurologische Erkenntnisse und Methoden der Alexander-Technik zu einer für mich höchst stimmigen und wirkungsvollen Einschlafhilfe verbunden. Ich be­rich­te an dieser Stelle demnächst ausführlicher darüber. Die Ent­span­nungs­me­tho­de wird mir sicher auch in der Kabine helfen, wenn die Saison wieder startet.

Das sind alles Arbeiten oder Aufgaben, die mit dem Berufsalltag eng verknüpft sind, die keiner sieht und die ich auch niemandem gesondert in Rechnung stellen kann. Sie müssen durch meine Honorare abgedeckt sein und fließen in dieselben ein, so, wie beim Kauf eines Designersofas der Preis natürlich nicht nur Material, Herstellung und Vertrieb abdeckt, sondern auch Entwicklung und Entwurf.

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Foto: C.E.

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