Hallo und bonjour auf den Seiten eines Blogs aus der Sprachenwelt. Ich schreibe hier regelmäßig über den Berufsalltag und wie wir Dolmetscher und Übersetzer diesen mitunter erleben. Heute: Blick auf den Schreibtisch.
Im Galopp wechsele ich die Themen: Eben noch Mülltrennung, energieeffiziente Renovierung (wobei ich fürchte, dass wir uns damit oft das nächste Müllproblem einfangen), Stadtplanung, Massenwohnungsbau, Grafik/Design von Zeitungen, soziale Situation am Berliner Stadtrand und meine Weigerung, den Rapper Sido zu übersetzen.
(Ich sage nur Masurenurlaub 2004: ein pubertärer Knabe schob dreiste Musik ins Kassettenfach — und ich hatte im Fond des Wagens Mühe, die Ohren einer Neunjährigen zu schützen).
Diese Woche habe ich die malische Krise und Marketingfragen für einen französischen Kunden auf dem Schreibtisch. Zwischendurch war Ruhe angesagt. Ich habe viel geschlafen, habe mich über Blumen und gebratenes Gemüse gefreut (Merci, Nicolas !), mal wieder eine nahezu ungelesene ZEIT ins Altpapier entsorgt (Heiner, ich freue mich über jeden Lesetipp) und etliche Freundinnen nicht erreicht, die, wie ich später dann auch, in der Frühjahrssonne waren.
Auf meinen Mali-Einsatz lerne ich so: Mein Rechner hat für mich viele Sendungen zum Thema in den letzten Monaten automatisch aufgenommen, diese Podcasts höre ich am Schreibtisch an (für Mitschriften) oder beim Spazierengehen, Wäscheaufhängen usw. Zur Verstärkung des Lernens lese ich (Material vom Kunden und Clippings, d.h. passende Zeitungsberichte). Dazu klebe ich mir die Seiten auf oder kopiere Texte aus dem Netz in Word-Dateien, die ich mit Anmerkungen, Farben usw. versehen kann. Das Drinrumschreibenkönnen ist für mich sehr wichtig.
Aus diesen Quellen "destilliere" ich eine Lexik. Die Ko-Kabine erstellt sich auch ihre Lexik, wir schieben beide vor dem Dolmetscheinsatz zusammen, sortieren die Begriffe alphabetisch, werfen Dopplungen raus. Hier stehen dann z.B. in der linken Spalte die deutschen Vokabeln, in der rechten die französischen. Dann "drehen" wir eine Kopie dieser Lexik nochmal so um, dass Französisch links ist und rechts Deutsch. Anschließend sortiert die Maschine mit der alphabetischen Sortierungsfunktion nochmal die französischen Spalte.
Am Ende haben wir zwei Listen, die jeweils wie ein Wörterbuch funktionieren. Da ich auch ein fotografisches Gedächtnis habe und am besten im Zusammenhang lerne, übe und wiederhole ich allerdings mit den von mir im Kontext erstellten Listen. Meistens kann ich zum Termin meine Begriffe dann aber auch.
Das Papier hat auch eine psychologische Wirkung: Die Lexiken mit alphabetischer Sortierung sind auf jeden Fall etwas, an dem ich mich im Einsatz gut festhalten kann.
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Fotos: C.E. (Archiv)
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