Donnerstag, 9. Februar 2012

1. Berlinaletag: Öffentlichkeit

 Willkommen auf den Logbuchseiten einer Französischdolmetscherin und -übersetzerin. Ich lebe in Berlin mit Freunden, Büchern und Filmen, freue mich über freundliche, kompetente Kunden und spannende Aufträge ... und ansonsten heißt es leider immer öfter: Nicht ärgern, nur wundern!

Schlechte UTs, leider ein altes Problem
Wenn sich Promi-Paare auseinandertun, nachdem sie sich jahrelang vor den Augen aller Welt und der Presse öffentlich zugeneigt waren, dann ist der "Preis der Öffentlichkeit", dass ihnen Paparazzi auflauern, oder?

Letztens las ich in einer Pressemeldung "Der Preis der Öffentlichkeit wird am soundsovielten anlässlich einer festlichen Gala vergeben ..." Moment mal, die meinen wohl le prix du public, den Publikumspreis?

Ich würde mich jetzt nicht so ausführlich wundern, wenn der Pressetext nicht von einer großen Institution der Kulturindustrie in Auftrag gegeben worden war, die sich wirklich Profis leisten könnte. Ich weiß, wie sowas zustandekommt: Alle meinen, Übersetzen könnte ja jeder — und außerdem ist ja das Geld knapp, weil das repräsentative Gewese so arg teuer ist (zu dem ich, welch' Paradox, auch gern eingeladen werde).

Wir haben schon mal für eine vergleichbare Institution gearbeitet, nahmen den Auftrag natürlich so, wie er auf dem Papier stand, ernst. Wir waren eher kurzfristig für Korrektorat und Übersetzung angeheuert worden und fingen unglücklicherweise, weil der Job unterfinanziert war, nicht in der Stunde nach Auftragserteilung an, ihn zu erledigen, denn wir mussten erst noch die Grundkosten für die folgenden Wochen in der Dolmetscherkabine "reinholen" (dieser Auftrag war seit langem gebucht). Was wir vorher nicht wussten: Auch ohne diese Tage in der Kabine war der Auftrag in der zur Verfügung stehenden Zeit kaum zu erledigen, denn die Textvorlagen waren stellenweise so schlecht, dass wir sie nach Rücksprache zunächst umschreiben mussten, bevor wir sie übersetzen konnten.

... heißt übersetzt: "Von Luft und Liebe"
Ergebnis: Wir investierten mehr Zeit als geplant, die am Ende doch nicht reichte, so dass schließlich alle enerviert waren: Wir, weil uns ein Pauschalpreis angeboten worden war (der am Ende nicht zum Aufwand passte), die andere Seite, weil wir laufend um mehr Zeit nachsuchten (was dann vom eher großzügig geplanten Zeitbedarf fürs Layout abging).
Zu guter Letzt durften wir uns anhören, dass wir den Auftrag zu ernst (sic!) genommen hätten. Dabei hatten wir doch die ganze Zeit gebeten, eine verbindliche "Guideline" fürs Korrektorat zu erhalten oder gemeinsam zu erarbeiten (allerdings ohne Reaktion).

Wenn, wie mit nämlichem Kunden in einem anderen Fall geschehen, dann auch noch die Honoraranweisung anderthalb Jahre unterwegs ist ...

Nein, ich verbiete mir jetzt alles weitere Kommentieren, davon wird nur meine Laune schlecht. Schluss, aus, Ende für heute.

Und auf zur Berlinale, die heute Abend losgeht. Die ersten Filme habe ich schon bei den Pressevorführungen gesehen und den ganzen Vormittag war ich mit dem Terminplan bis einschließlich Dienstag beschäftigt. Das ist nicht einfach, weil sich offenbar alle auf zweieinhalb "halbe Tage" verständigt haben, an denen Französisch-Deutsch gebraucht wird. On verra, wir werden's erleben.

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Illustration: Untertitel und Filmankündigung
(leider echt). Inhalt des Eintrags und Bilder
stehen in absolut keinerlei Zusammenhang!

2 Kommentare:

Vega hat gesagt…

Liebe Caro, dass die Leute nicht mehr wissen, was Qualität ist, beobachte ich in meiner Branche auch. Lass' Dich nicht nerven. Die Zeiten ändern sich auch wieder. Derzeit haben wir ein Höchstmaß an Nepotismus und Verachtung der Kultur und des Sozialen. Wart' ab, in nicht allzu ferner Zeit ...
Dir wünsche ich eine gute Berlinale, schöne Filme und spannende Begegnungen.
Von Herzen grüßen:
Bine & Co.

caro_berlin hat gesagt…

Danke :-)