Was verbindet Dolmetscher und Hochschulprofessoren? Wenn sie nicht zur geplanten Zeit erscheinen, fällt es auf. Und zahlreiche Zeugen gibt es obendrein. Nichts ist also schlimmer für mich als Dolmetscherin für die französische Sprache, als von höherer Gewalt am Pünktlichsein gehindert zu werden.
Dass dies in Ausnahemfällen vorkommen kann, beschrieb ich unlängst mit der Pariser Taxi-Episode. Das ist alles nichts, dessen ich mich rühmen würde. Im Normalfall komme ich äußerst zeitig zur Arbeit, um entspannt loslegen zu können, wenn die Veranstaltung beginnt. Aber es gibt Momente, da klappt das einfach nicht. Hier mehr davon. Was nach den schrägsten Ausreden klingt, sind Episoden, die das Leben spielt.
Einmal ist bei den Nachbarn morgens das kleine Kind vom Wickeltisch gefallen. Während sie mit dem Mini ins Krankenhaus geeilt sind, habe ich das größere Kleinkind beaufsichtigt. Der Kindsonkel wurde herbeidepechiert und dazu aus dem Bett telefoniert - nur, dass er in dieser Nacht ausgerechnet nicht in seinem Bett in der Nachbarschaft genächtigt hatte, sondern auswärts. Daher sah ich mit Bebs am Rockzipfel, der Zeit beim Verstreichen zu.
Ein anderes Mal ist mein Bruder sehr früh zu einem Termin in Frankfurt/Main aufgebrochen. Mein Bruder ist Anwalt und hat eines seiner drei auf Deutschland verteilten Zimmer bei mir. Wir legen nachts immer die Kette vor, damit uns keiner klaut. Als er da im Winter vor Tagesanbruch die Wohnungstür hinter sich zumachte, meinte er es nur gut, als er das Sicherheitsschloss betätigte. Einige Stunden später versuchte ich die Tür aufzuschließen - und war Gefangene in der eigenen Wohnung! Das Schloss wurde vor ewigen Zeiten verkehrt herum eingebaut - und war blockiert, als ich versuchte, von innen aufzuschließen. Bislang hatten wir das nicht gewusst ...
Nicht zu vergessen auch das Moment mit der Bahn. Ich war extra einen Zug früher gefahren, dann verkündete der Zugführer per Durchsage: "Wir haben eine Verspätung von fünfzig Minuten infolge unerwartet hoher Streckenauslastung, wir bedanken uns für Ihr Verständnis." Erstens bin ich mit meinem Bruder einer Meinung, dass man das Verständnis der anderen nicht voraussetzen kann, also besser daran täte, erst einmal darum zu bitten. Zweitens überrascht mich die unerwartet hohe Streckenauslastung der Bahn. Gibt es keinen Fahrplan? Sind alle Privateisenbahnen gleichzeitig in den Urlaub aufgebrochen und haben an der Schnellstreckenzufahrt einen Stau ausgelöst?
Wie kam ich aus den Situationen wieder raus? Das Kleinkind durfte mit zur Arbeit (wir waren zwei Minuten verspätet), der Onkel hat es dort abgeholt. Die Gäste auf der Tagung waren entzückt; auf einen Schlag hatte das Mini viel zu tun, um für die vielen Opis und Omis Bilder zu malen. Die Haustür hat einen Briefschlitz, mit dem ließ sich klappern, durch den warf ich Zettel und später den Schlüssel. Ein Nachbar hatte zum Glück auch einen Morgentermin, er konnte von außen aufschließen, ich kam fast noch pünktlich. Bei der Bahn half leider nichts. Die Kollegin verdolmetschte die Begrüßungsrunde und ich übernahm, nachdem ich drei Minuten durchgeatmet hatte, die zweite halbe Stunde.
Seither gehe ich noch früher los.
2 Kommentare:
Hi Caro,
schön beschrieben, an die Sache mit dem Nachbarkind erinnere ich mich gut. Du bist aber auch die gute Seele, die zur Stelle ist, wenn man sie braucht :)
Schöne Woche noch, bis Samstag!
Deine
Paula
Danke für die Einschätzung, aber das ist doch normal, den anderen zu helfen, wo es geht.
Zu Samstag: tarte au citron oder gâteau au chocolat ?
Herzlich, Caro
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