Montag, 29. September 2008

Mediendolmetschen - ein Beispiel

Mediendolmetschen - das ist zum Beispiel, wenn der französische Star einer Fernsehshow in Deutschland auch auf Deutsch aus dem Lautsprecher zu hören ist, selbst, wenn es nicht seine eigene Stimme ist - oder wenn die Presse­kon­ferenzen über das nord­ame­ri­ka­ni­sche Politik- oder Bör­sen­ge­schehen zeit­gleich übersetzt werden. Auch die Verdolmetschung eines Interviews ist Medien­dol­metschen.
Heute war ich mit fran­zö­si­schen Fern­seh­kol­le­gen in einem Büro Unter den Linden Nr. 50 zum Interview eines Politikers. Die Ab­läufe beim Dol­met­schen von Inter­views ähneln sich von Mal zu Mal.

Dieses Mal sind sie dadurch bestimmt, dass ich im Erstberuf gelernte Journalistin bin.

1. Phase (ohne Foto): Vorbereitung. Der Dreh ist vereinbart, ich lese das Konzept des Films, dann das Konzept der ganzen Sendereihe und vorbereitete Fragen bzw. Notizen zum gewünschten Einsatz des zu drehenden Materials. Hinzu kommt Recherchematerial - und meine eigene Bibliothek. Thema sind die deutsch-französische Freundschaft und die Zusammenarbeit von Jacques Chirac, damals französischer Präsident, und Gerhard Schröder, damals deutscher Bundeskanzler.

2. Phase: Vorgespräch und Aufbau des Drehs. Wir gehen das Thema durch, ergänzen - und wir klären unsere jeweiligen Erfahrungen, Ansätze und Arbeitsweisen ab. Der Kameramann richtet währenddessen den Dreh ein und setzt das Licht.

3. Phase: Interview. Direkt neben der Kamera sitze ich und stelle die Fragen, die währenddessen leicht von Redakteurin und mir variiert werden. Wir haken nach. Ich versuche es mit emotionaleren Einstiegen, als der Interviewte auch auf die erste Nachfrage technisch geantwortet hat. Die Redakteurin versteht das meiste, was auf Deutsch gesagt wird, ab und zu dolmetsche ich stichwortartig zurück.

4. Phase: Musterdurchsicht mit simultaner Verdolmetschung. Auf ca. 40 Minuten Interview folgen 60 Minuten Übertragung des Interviews. Meine Stimme wird auf einem anderen Datenträger mitgeschnitten, hier: aufs Mobiltelefon. Wir brauchen mehr Zeit, weil wir die Antworten gleich einschätzen, schauen, was an für das Konzept Brauchbarem dabei ist - und weil ich mir den Luxus erlaube, bei drei von zwölf Fragen nochmal neu anzusetzen, weil ich es noch genauer fassen will. Es ist auch Unerwartetes, Überraschendes dabei, was uns freut.

5. Phase (ohne Foto): Der Schnitt und parallel dazu der Übersetzungscheck. In den nächsten Wochen werde ich die Dateien per Mail erhalten. Auf den Filmen ist ein Time Code (TC) eingeblendet, der jedem Einzelbild durch Zeitmarkierung und "Frame-Nummer" seine eigene, unverwechselbare Kennziffer zuteilt, so kann am Ende auf das Frame genau die Übersetzung abgenommen werden.


Ein kurzer Text über die Arbeit mit Nicht-Profis hier: Timing and trimming
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Un grand merci aux photographes ! Danke, liebe Fotografen!
Und noch ein Wort für Céline: die Einblendung — l'incrustation (f)

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