Es soll Firmen geben, da übersetzt die Praktikantin. Hier das Beispiel eines Angebots vom 21.11.2007 aus Frankreich:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, daß wir die Rechte einer neuen Verfassung des littärarischen Werkes "HIER STAND MAL DER TITEL" erworben haben. Das Szenario wird gerade auserarbeitet. Der Esprit der Verfassung wird ausgesprochen modern und wird viel mehr im Kern dem dramatischen Sinn der ursprünglichen Ausgabe entsprechen. Der rhetorische Styl wird an den Film « HIER TITEL ZWO IN FRANZÖSISCHEN KLAMMERN « erinnern.
Die Bücher wurden erstmalig in Deutschland veröffentlicht. Die erstmalige filmische Übersetzung dieses Stoffes hatte schon damals in Deutschland ein gutes Echo empfangen.
Wir bleiben Ihnen zur Verfügung, gesetzt den Fall Ihres Interesse an einem solchen Projekt.
Mit freundlichem Gruß (...) "
Derlei findet sich leider auch bei staatlich subventionierten Kultureinrichtungen statt, nur gibt es da noch ein Korrektorat, und wenn's die wenigen Honorarkräfte sind, die dafür ihre Freizeit opfern ...
Wie aber gehe ich mit solchen Mails um? Löschtaste! Zuvor schicke ich eine Korrektur an den Absender, die Änderungen in blauen Buchstaben, nicht in roten, den schulmeisterlich wirkt das Ganze von alleine. Und empfehle uns kommentarlos, denn die Kollegen übersetzen und lektorieren.
Oder?
Was ich anbiete
Donnerstag, 29. November 2007
Mittwoch, 28. November 2007
Baden gehen
"Subpatellare Bogenvenen" erwähnte ich unlängst. Letztens wollte ich mit einer Freundin ins Schwimmbad gehen. Sie hatte zur Neueröffnung eines großen Hotels Einladungen für den health spa erhalten. Es war Freitagnachmittag, wir durchquerten nichtsahnend die Lobby. Zwei auf Freizeit eingestellte Frauenzimmer bleiben nicht unbemerkt.
Leider wurden wir auch von "der Falschen" gesichtet. Einer Dolmetscherkollegin, die verantwortlich für ein Team war ... und diesem Team fehlten auf einen Schlag beide Französischkolleginnen, die unfallbedingt im Stau steckengeblieben waren. Und flugs saß ich in der Kabine im angrenzenden Tagungsbereich, denn der Kongress wollte nicht warten. So kam ich auf diese Bogenvenen, die nach Kniescheiben-Reflex klangen. Hier musste ich passen; da aber sinnigerweise der deutsche Redner eine PPT mit englischen Begriffen an die Wand warf, musste ich nur den Fachterminus entziffern und sprechen - die Mediküsse werden ja wohl ihre eigenen Begriffe in einer Fremdsprache wiedererkennen. Beim Rest kam ich manchmal ganz schön ins Rudern, schien aber nicht wirklich baden zu gehen, was allerdings nichts als großer Zufall war. Ich beschäftige mich gerne gelegentlich mit Neurologie und Hirnforschung, da, wo es um Sprachenlernen geht, aber wie ging es vom Kopf zum Knie? Fragen Sie mich bitte keine Details, ich hab mir nichts gemerkt.
Was typisch ist für den Job. Den Wasserdurchlauferhitzer verändert das Wasser ja auch nicht, das durch ihn hindurchrauscht.
Nach zehn ewig langen Minuten sind die die Kolleginnen dann eingetroffen. Der echte Schreck kam erst jetzt: Als ich in die Tasche sah, entdeckte ich dort statt eines Wörterbuchs ... meine Badelatschen!
Auch das ist typisch: das Kurzzeitgedächtnis für die eigene Vita tritt zurück.
Warum ich das hier schreibe? Sicher wegen der Auswirkungen auf das eigene Hirn, aber auch, um zu verdeutlichen, warum unsere Arbeit eben viel Zeit am Schreibtisch erforderlich macht, bis wir uns eingearbeitet haben. Fachkongresse improvisiert man nicht. Und Zeit kostet Geld, unsere Kunden gewähren uns beides.
P.S: Wie der Tag zuende ging, wurde ich gefragt. Nun, nachdem ich so nah dran gewesen war am 'Badengehen' haben wir den Spa ein andermal aufgesucht.
Leider wurden wir auch von "der Falschen" gesichtet. Einer Dolmetscherkollegin, die verantwortlich für ein Team war ... und diesem Team fehlten auf einen Schlag beide Französischkolleginnen, die unfallbedingt im Stau steckengeblieben waren. Und flugs saß ich in der Kabine im angrenzenden Tagungsbereich, denn der Kongress wollte nicht warten. So kam ich auf diese Bogenvenen, die nach Kniescheiben-Reflex klangen. Hier musste ich passen; da aber sinnigerweise der deutsche Redner eine PPT mit englischen Begriffen an die Wand warf, musste ich nur den Fachterminus entziffern und sprechen - die Mediküsse werden ja wohl ihre eigenen Begriffe in einer Fremdsprache wiedererkennen. Beim Rest kam ich manchmal ganz schön ins Rudern, schien aber nicht wirklich baden zu gehen, was allerdings nichts als großer Zufall war. Ich beschäftige mich gerne gelegentlich mit Neurologie und Hirnforschung, da, wo es um Sprachenlernen geht, aber wie ging es vom Kopf zum Knie? Fragen Sie mich bitte keine Details, ich hab mir nichts gemerkt.
Was typisch ist für den Job. Den Wasserdurchlauferhitzer verändert das Wasser ja auch nicht, das durch ihn hindurchrauscht.
Nach zehn ewig langen Minuten sind die die Kolleginnen dann eingetroffen. Der echte Schreck kam erst jetzt: Als ich in die Tasche sah, entdeckte ich dort statt eines Wörterbuchs ... meine Badelatschen!
Auch das ist typisch: das Kurzzeitgedächtnis für die eigene Vita tritt zurück.
Warum ich das hier schreibe? Sicher wegen der Auswirkungen auf das eigene Hirn, aber auch, um zu verdeutlichen, warum unsere Arbeit eben viel Zeit am Schreibtisch erforderlich macht, bis wir uns eingearbeitet haben. Fachkongresse improvisiert man nicht. Und Zeit kostet Geld, unsere Kunden gewähren uns beides.
P.S: Wie der Tag zuende ging, wurde ich gefragt. Nun, nachdem ich so nah dran gewesen war am 'Badengehen' haben wir den Spa ein andermal aufgesucht.
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Dienstag, 27. November 2007
Nach vorne denken, nach hinten hören
Was macht gute Simultandolmetscher aus? Dass sie Texte zusammenfassen können, schnell sind - und dass sie weiterdenken. Gerade las ich folgende Buchstelle:
"Insbesondere wird die Fähigkeit des Dolmetschers zur 'Antizipation noch nicht gehörter Elemente [des Ausgangstextes] aufgrund von sprachlich, kontextuell und situativ gesteuerten Erwartungen' (Snell-Hornby et al. 1998: 301) als wesentlicher Aspekt für erfolgreiches simultanes Dolmetschen angesehen." (*)
Das ist aus dem Deutschen manchmal sehr schwierig, weil da ja bekanntlich das Verb am Ende kommt und sich manches Mal die den ganzen Satz bestimmende Aussage nicht vorwegnehmen lässt. Andersherum ist es mir auch schon passiert, dass der Sprecher und ich ein eingespieltes Team waren und ich derart gut sein Satzende antizipiert habe, dass ich mit dem Sprechen fertig war, als er noch gesprochen hat. Er beendete dann seinen Satz, und ich hatte die Wahl zwischen einer leicht variierenden Wiederholung des Gesagten und - Schweigen. Derlei wirkt komisch auf das Publikum, fast so, als hätte der Redner meine Worte in die andre Sprache übertragen und nicht ich die seinen (... weshalb Sie das nur im kleinen Kreise erleben werden).
"Außerdem ist ein strategisches Vorgehen (...) wichtig, um etwa unter Zeitdruck nicht unkontrolliert wichtige Elemente im Zieltext auszulassen, sondern stattdessen eine sinnvolle Komprimierung des Ausgangstext-Inhalts im Zieltext zu erreichen."
Hier liegt die Krux. Wir Dolmetscher müssen nicht nur ständig das treffende Wort vorausahnen, sondern oft genug auch Nebeninformationen ausblenden, damit wir es in der vom Sprecher vorgegebenen Zeit schaffen.
Nach vorne zu denken und sich "nach hinten" selbst zuzuhören, dabei die Gesamtheit des Textes im Auge zu behalten - darum geht es! Die jeweiligen Sprachen zu beherrschen ist da eine kleine "Nebensache".
________
(*) Braun, Sabine: Kommunikation unter widrigen Umständen? Fallstudien zu einsprachigen und gedolmetschten Videokonferenzen. Tübingen: Narr 2004. (Tübinger Beiträge zur Linguistik)
"Insbesondere wird die Fähigkeit des Dolmetschers zur 'Antizipation noch nicht gehörter Elemente [des Ausgangstextes] aufgrund von sprachlich, kontextuell und situativ gesteuerten Erwartungen' (Snell-Hornby et al. 1998: 301) als wesentlicher Aspekt für erfolgreiches simultanes Dolmetschen angesehen." (*)
Das ist aus dem Deutschen manchmal sehr schwierig, weil da ja bekanntlich das Verb am Ende kommt und sich manches Mal die den ganzen Satz bestimmende Aussage nicht vorwegnehmen lässt. Andersherum ist es mir auch schon passiert, dass der Sprecher und ich ein eingespieltes Team waren und ich derart gut sein Satzende antizipiert habe, dass ich mit dem Sprechen fertig war, als er noch gesprochen hat. Er beendete dann seinen Satz, und ich hatte die Wahl zwischen einer leicht variierenden Wiederholung des Gesagten und - Schweigen. Derlei wirkt komisch auf das Publikum, fast so, als hätte der Redner meine Worte in die andre Sprache übertragen und nicht ich die seinen (... weshalb Sie das nur im kleinen Kreise erleben werden).
"Außerdem ist ein strategisches Vorgehen (...) wichtig, um etwa unter Zeitdruck nicht unkontrolliert wichtige Elemente im Zieltext auszulassen, sondern stattdessen eine sinnvolle Komprimierung des Ausgangstext-Inhalts im Zieltext zu erreichen."
Hier liegt die Krux. Wir Dolmetscher müssen nicht nur ständig das treffende Wort vorausahnen, sondern oft genug auch Nebeninformationen ausblenden, damit wir es in der vom Sprecher vorgegebenen Zeit schaffen.
Nach vorne zu denken und sich "nach hinten" selbst zuzuhören, dabei die Gesamtheit des Textes im Auge zu behalten - darum geht es! Die jeweiligen Sprachen zu beherrschen ist da eine kleine "Nebensache".
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(*) Braun, Sabine: Kommunikation unter widrigen Umständen? Fallstudien zu einsprachigen und gedolmetschten Videokonferenzen. Tübingen: Narr 2004. (Tübinger Beiträge zur Linguistik)
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Montag, 26. November 2007
Zwischen Triumph und Exil
Wie fühlt es sich für einen Filmemacher an, wenn der eigene Film eingesprochen wird? Danke an Barbara Marx, die mir letzte Woche beim deutsch-französischen Branchentreffen in Versailles das Folgende erzählt hat:
"Wir waren mit einem Film zum Festival von Sankt Petersburg eingeladen und der Film hatte keine russischen Untertitel. Er wurde dann von zwei Frauen simultan eingesprochen. Die waren aber immer so schnell mit ihren Übersetzungen, das können gar nicht die Originaldialoge gewesen sein, denn der Film ist ziemlich kompliziert. Ich glaube, die haben einfach was ganz anderes erzählt.
Das Publikum ging begeistert mit bei der Vorführung und die Begeisterung hielt auch an, als der Abspann lief, die Leute haben frenetisch geklatscht. Ich fürchte, das Publikum in Sankt Petersburg hat einen anderen Film gesehen, denn unser Film kam nie wieder so gut an, nirgendwo."
Fosco Dubini, der heute in Deutschland als Dokumentarist lebt und arbeitet, hat als junger Mann das genaue Gegenteil erlebt:
"Italienisch ist meine Muttersprache, und als mein erster Film auf ein Festival ging, wollte ich ihn selbst einsprechen. Darauf ging aber die Festivalleitung nicht ein, man habe dafür Profis, hieß es. Und dieser Profi hat dann aus Versehen eine Manuskriptseite überschlagen, zu weit geblättert, und seelenruhig weiter gedolmetscht, obwohl die Dialoge gar nicht zur Sequenz gepasst haben. Ich bin daraufhin wie ein angespitzter Pfeil in die Kabine gerast und habe ihm die richtige Stelle gezeigt. Er hat dann die Szene einfach nochmal mit anderen Worten gesprochen. Nach der Vorführung wurde mein Film gelobt, der Anfang sei gut, das Ende sei gut, nur in der Mitte, da sei es alles so komisch gewesen, einerseits Wiederholungen, anderseits so, als hätte sich da was verschoben.
Das Ganze ist in der Schweiz passiert, ich musste daraufhin das Land verlassen, und daran hat nur dieser Dolmetscher Schuld! Schreib' das ruhig auf, als Mahnung für deine Kollegen, damit sie erfahren, welche Verantwortung sie haben ..."
"Wir waren mit einem Film zum Festival von Sankt Petersburg eingeladen und der Film hatte keine russischen Untertitel. Er wurde dann von zwei Frauen simultan eingesprochen. Die waren aber immer so schnell mit ihren Übersetzungen, das können gar nicht die Originaldialoge gewesen sein, denn der Film ist ziemlich kompliziert. Ich glaube, die haben einfach was ganz anderes erzählt.
Das Publikum ging begeistert mit bei der Vorführung und die Begeisterung hielt auch an, als der Abspann lief, die Leute haben frenetisch geklatscht. Ich fürchte, das Publikum in Sankt Petersburg hat einen anderen Film gesehen, denn unser Film kam nie wieder so gut an, nirgendwo."
Fosco Dubini, der heute in Deutschland als Dokumentarist lebt und arbeitet, hat als junger Mann das genaue Gegenteil erlebt:
"Italienisch ist meine Muttersprache, und als mein erster Film auf ein Festival ging, wollte ich ihn selbst einsprechen. Darauf ging aber die Festivalleitung nicht ein, man habe dafür Profis, hieß es. Und dieser Profi hat dann aus Versehen eine Manuskriptseite überschlagen, zu weit geblättert, und seelenruhig weiter gedolmetscht, obwohl die Dialoge gar nicht zur Sequenz gepasst haben. Ich bin daraufhin wie ein angespitzter Pfeil in die Kabine gerast und habe ihm die richtige Stelle gezeigt. Er hat dann die Szene einfach nochmal mit anderen Worten gesprochen. Nach der Vorführung wurde mein Film gelobt, der Anfang sei gut, das Ende sei gut, nur in der Mitte, da sei es alles so komisch gewesen, einerseits Wiederholungen, anderseits so, als hätte sich da was verschoben.
Das Ganze ist in der Schweiz passiert, ich musste daraufhin das Land verlassen, und daran hat nur dieser Dolmetscher Schuld! Schreib' das ruhig auf, als Mahnung für deine Kollegen, damit sie erfahren, welche Verantwortung sie haben ..."
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Samstag, 24. November 2007
Fehlerkultur
Ja klar, auch mir unterlaufen Fehler, gesprochene wie geschriebene. Schlimm sind sie, wenn sie in Dokumenten vorkommen (ich bekam mal ein Zeugnis für eine berufliche Fortbildung, das war geradezu "gespickt" mit Fehlern.) Da heißt es höllisch aufpassen und immer wieder aufs Neue Korrektur lesen. Andre Dokumente mit Fehlern sind charmant und birgen Überraschungen. (Wer hätte nicht gern eine blaue Mauritius?)
Sehr ärgerlich sind Fehler dann, wenn sie sich in der gesprochenen Übertragung nicht richtigstellen lassen, weil es in der Situation an Quellen oder hilfswilligen Fachleuten fehlt - oder die Dolmetscherin vielleicht sogar unvorbereitet einspringen musste (oder wissen Sie ad hoc, wie ... sagen wir mal ... subpatellare Bogenvenen auf Englisch heißen?)
Fehler in Zeitungen und auf Webseiten sind ärgerlich. Leider hat häufig meine Korrektorin Ausgang, wenn ich auf dieser halbprivaten Seite hier etwas veröffentliche (so, wie meine Oma oft im Scherze sagte, wenn sie viele Gäste hatte: '... zu dumm, dass ausgerechnet immer dann das Mädchen Ausgang hat!') Zeitungen sollten da anders verfahren (... leider hat auch da oft der Korrektor Ausgang.)
Das Buchstabenunterkringel der neuen Technik ist jedenfalls oft gar keine Hilfe, hier wird nur Schlichtdeutsch berücksichtigt. Weiteres Erschwernis über die Irritationen hinaus, die die "Rechtschreibhilfe" auslöst:
Das Löwchen auf der französischen Tastatur, in die ich gerade was Deutsches kloppe - der dicke faule Kater heißt in der Tat "Leo", wie das Wörterbuch. Noch ein Erschwernis: die eigenen hohen Ansprüche. Wie bitte? Richtig gelesen, zu hohe Ansprüche wirken bremsend, das kenne ich sehr gut als Problem: Also übe ich mich in Gelassenheit, denn nicht einmal derjenige, der nichts macht, macht keine Fehler.
Indes ist die Auswahl an potentiellen Fehlern so groß, dass ich jetzt wenigstens versuche, keine zu wiederholen. Denn so darf ich mit Thomas Alva Edison schließen: "Das ist das Schöne an einem Fehler - man muss ihn nicht zweimal machen."
Sehr ärgerlich sind Fehler dann, wenn sie sich in der gesprochenen Übertragung nicht richtigstellen lassen, weil es in der Situation an Quellen oder hilfswilligen Fachleuten fehlt - oder die Dolmetscherin vielleicht sogar unvorbereitet einspringen musste (oder wissen Sie ad hoc, wie ... sagen wir mal ... subpatellare Bogenvenen auf Englisch heißen?)
Fehler in Zeitungen und auf Webseiten sind ärgerlich. Leider hat häufig meine Korrektorin Ausgang, wenn ich auf dieser halbprivaten Seite hier etwas veröffentliche (so, wie meine Oma oft im Scherze sagte, wenn sie viele Gäste hatte: '... zu dumm, dass ausgerechnet immer dann das Mädchen Ausgang hat!') Zeitungen sollten da anders verfahren (... leider hat auch da oft der Korrektor Ausgang.)
Das Buchstabenunterkringel der neuen Technik ist jedenfalls oft gar keine Hilfe, hier wird nur Schlichtdeutsch berücksichtigt. Weiteres Erschwernis über die Irritationen hinaus, die die "Rechtschreibhilfe" auslöst:
Das Löwchen auf der französischen Tastatur, in die ich gerade was Deutsches kloppe - der dicke faule Kater heißt in der Tat "Leo", wie das Wörterbuch. Noch ein Erschwernis: die eigenen hohen Ansprüche. Wie bitte? Richtig gelesen, zu hohe Ansprüche wirken bremsend, das kenne ich sehr gut als Problem: Also übe ich mich in Gelassenheit, denn nicht einmal derjenige, der nichts macht, macht keine Fehler.
Indes ist die Auswahl an potentiellen Fehlern so groß, dass ich jetzt wenigstens versuche, keine zu wiederholen. Denn so darf ich mit Thomas Alva Edison schließen: "Das ist das Schöne an einem Fehler - man muss ihn nicht zweimal machen."
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Donnerstag, 22. November 2007
Filme dolmetschen
Internationale Filmfestivals präsentieren Filme aus aller Herren Länder. Damit das geneigte Publikum sie auch versteht, gibt es uns: Dolmetscher.
Wir sprechen die Filme simultan ein, das ist "vorbereitetes Dolmetschen". Über eine Dolmetschanlage, Infrarotsender und -empfänger gelangt der Ton dann in Ihren Kopf.
Auch ich bin eine der Stimmen in Ihrem Knopf im Ohr. Einen oder zwei Tage vorher erhalte ich eine Dialogliste oder den Ausdruck der Untertitel. Die Dialogliste gibt Zeile für Zeile alle Dialoge des Films wieder, und Untertitel sind die Reduktion dieser Worte auf lesbare Zweizeiler. Leider kann ich bei keiner der beiden Textformen erkennen, wer jeweils spricht, bin also auf Hintergrundinformation über den Film angewiesen. Meine Erfahrung hilft mir auch hier weiter.
Wenn alles prima läuft, bekomme ich im Vorfeld auch den Film in Kopie oder werde zur Pressevorführung eingeladen. Doch in Zeiten der Filmpiraterie wird das immer schwieriger, und selbst uns erfahrenen Filmdolmetschern mit Kontakten zur Filmwirtschaft gelingt es aufgrund von Knebelverträgen nicht immer, den Film im Vorfeld zu sehen. (Wir erleben heute leider eine Stimmung allgemeinen Misstrauens, wo Teilnehmern von Pressevorführungen die Taschen durchwühlt und die Mobiltelefone konfisziert werden, man könnte ja sonst vielleicht unerlaubterweise einen Ausschnitt mitfilmen ...)
So dass ich oft schon glücklich bin, wenn ich beide Textlisten, die mit den Gesamtdialogen und die mit den Untertiteln, in Händen halten darf. Das Gute an der Dialogliste ist: sie ist meistens in der Originalsprache, denn jede Übersetzung ist Interpretation. Das Gute an der Untertitelliste: Hier hat schon mal jemand den Film gesehen, das für ihn oder für sie Wichtigste destilliert. Und es stehen die Längen der jeweiligen Passagen dabei, die sogenannten 'Zählerstände", an denen ich ablese, welche Szenen sehr schnell gespielt sind und wann ich mir Zeit lassen kann.
Dann bereite ich alles vor, schlage Vokabeln nach, markiere, wo es mit der Luft eng werden wird (ich also mehr kürzen muss), kritzle Fragezeichen an den Rand, wo ich nicht verstehe, was gemeint ist, das erhöht später in der schallisolierten Dolmetscherkabine die Aufmerksamkeit.
Dort angekommen, schicke ich eine kurze Bitte an Hermes oder Hermine, die Götterboten und Schutzheiligen der fliegenden Händler, Diebe und Grenzgänger. Deren Hilfe brauche ich, weil es zum Beispiel auf der Berlinale für mich meist dreisprachig zugeht: Wenn der Film auf Deutsch ist, dolmetsche ich die englischen Untertitel möglichst schnell ins Französische, damit die Zuschauer nicht irritiert sind wegen zu großer Verschiebung von Bild und Ton.
______________________________
Fotos: C.E., die Bilder sind von 2007, stammen
aus dem Berlinale-Festivalpalast. Ausschnitt der
UT-Liste zu "Ballast" von Lance Hammer, 2008.
Wie es mir danach geht, steht hier.
Wir sprechen die Filme simultan ein, das ist "vorbereitetes Dolmetschen". Über eine Dolmetschanlage, Infrarotsender und -empfänger gelangt der Ton dann in Ihren Kopf.
Auch ich bin eine der Stimmen in Ihrem Knopf im Ohr. Einen oder zwei Tage vorher erhalte ich eine Dialogliste oder den Ausdruck der Untertitel. Die Dialogliste gibt Zeile für Zeile alle Dialoge des Films wieder, und Untertitel sind die Reduktion dieser Worte auf lesbare Zweizeiler. Leider kann ich bei keiner der beiden Textformen erkennen, wer jeweils spricht, bin also auf Hintergrundinformation über den Film angewiesen. Meine Erfahrung hilft mir auch hier weiter.
Wenn alles prima läuft, bekomme ich im Vorfeld auch den Film in Kopie oder werde zur Pressevorführung eingeladen. Doch in Zeiten der Filmpiraterie wird das immer schwieriger, und selbst uns erfahrenen Filmdolmetschern mit Kontakten zur Filmwirtschaft gelingt es aufgrund von Knebelverträgen nicht immer, den Film im Vorfeld zu sehen. (Wir erleben heute leider eine Stimmung allgemeinen Misstrauens, wo Teilnehmern von Pressevorführungen die Taschen durchwühlt und die Mobiltelefone konfisziert werden, man könnte ja sonst vielleicht unerlaubterweise einen Ausschnitt mitfilmen ...)
So dass ich oft schon glücklich bin, wenn ich beide Textlisten, die mit den Gesamtdialogen und die mit den Untertiteln, in Händen halten darf. Das Gute an der Dialogliste ist: sie ist meistens in der Originalsprache, denn jede Übersetzung ist Interpretation. Das Gute an der Untertitelliste: Hier hat schon mal jemand den Film gesehen, das für ihn oder für sie Wichtigste destilliert. Und es stehen die Längen der jeweiligen Passagen dabei, die sogenannten 'Zählerstände", an denen ich ablese, welche Szenen sehr schnell gespielt sind und wann ich mir Zeit lassen kann.
Dann bereite ich alles vor, schlage Vokabeln nach, markiere, wo es mit der Luft eng werden wird (ich also mehr kürzen muss), kritzle Fragezeichen an den Rand, wo ich nicht verstehe, was gemeint ist, das erhöht später in der schallisolierten Dolmetscherkabine die Aufmerksamkeit.
Dort angekommen, schicke ich eine kurze Bitte an Hermes oder Hermine, die Götterboten und Schutzheiligen der fliegenden Händler, Diebe und Grenzgänger. Deren Hilfe brauche ich, weil es zum Beispiel auf der Berlinale für mich meist dreisprachig zugeht: Wenn der Film auf Deutsch ist, dolmetsche ich die englischen Untertitel möglichst schnell ins Französische, damit die Zuschauer nicht irritiert sind wegen zu großer Verschiebung von Bild und Ton.
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Fotos: C.E., die Bilder sind von 2007, stammen
aus dem Berlinale-Festivalpalast. Ausschnitt der
UT-Liste zu "Ballast" von Lance Hammer, 2008.
Wie es mir danach geht, steht hier.
Dolmetscher vs. Schauspieler
Die vielen Rollen, die ich bei einem Film spreche, wenn ich ihn simultan übertrage, strengen die Stimme an. Aber nicht nur die, ich muss ja auch die Worte glaubhaft "rüberbringen" - die Dolmetscherin wird zur Interpretin.
So fragt mich denn auch eine Leserin: "Haben Sie Schauspielunterricht genommen?" Ja, das habe ich, aber beim Sprechen halte ich mich dennoch sehr zurück. Ich weiß immer, welche Figur ich jeweils spreche und was diese gerade durchlebt. Meine Stimme geht mit, aber nicht zu sehr, ich würde sonst den Schauspielern Konkurrenz machen.
Wenn mich eine Filmproduktion mit dem Dolmetschen beauftragt oder ich für kleine Festivals oder Kinematheken arbeite, habe ich den Film lange Zeit im Voraus zur Ansicht und kann mich professionell vorbereiten. Dann mache ich genau das, was offenbar auch Fatih Akin anwendet, der mit seinem neuen Film "Auf der anderen Seite" in Frankreich gerade hymnisch gefeiert wird. In der Libération las ich vor einigen Tagen: « J’écris la biographie de chaque personnage, en marge du scénario, sa trajectoire, ses goûts, la musique qu’il écoute. Il y a même une liste comprenant les derniers disques achetés, les derniers livres lus. » (Auf den Rand des Drehbuchs schreibe ich die Biografien der einzelnen Filmfiguren, den jeweiligen persönlichen Weg, den Geschmack, die Lieblingsmusik. Da gibt es sogar Listen der zuletzt gekauften Bücher und Tonträger.)
So ausführlich arbeite ich nicht, aber ich stelle mir zu jeder Figur etwas Individuelles vor, das kann ein Aspekt der Teilnahme am kulturellen Leben sein oder die Wohnsituation. Ich male mir Hobbies, Wege und Bewegungen aus, frage mich, wie er oder sie morgens zur Arbeit kommt, im Auto, per pedes, mit Rad, U-Bahn oder Bus? Bei schwierigen Figuren suche ich mir ein Bild aus der Kindheit. Die meisten Regisseurinnen und Regisseure haben Hinweise dafür in ihren Filmen versteckt.
Denn nichts ist schlimmer, als ein Dolmetscher, der neutral die Zeilen runterliest als handele es sich ums Telefonbuch oder um Frachtbriefe. Oder einer, der anfängt zu schauspielern. Das ist und bleibt die Arbeit der Schauspieler vorne auf Leinwand - oder auf der Bühne, denn auch das Theater braucht uns manchmal bei Gastspielen. Davon berichte ich hier im Dezember.
Und wie es sich möglicherweise anfühlt, wenn der eigene Film eingesprochen wird, steht an dieser Stelle.
So fragt mich denn auch eine Leserin: "Haben Sie Schauspielunterricht genommen?" Ja, das habe ich, aber beim Sprechen halte ich mich dennoch sehr zurück. Ich weiß immer, welche Figur ich jeweils spreche und was diese gerade durchlebt. Meine Stimme geht mit, aber nicht zu sehr, ich würde sonst den Schauspielern Konkurrenz machen.
Wenn mich eine Filmproduktion mit dem Dolmetschen beauftragt oder ich für kleine Festivals oder Kinematheken arbeite, habe ich den Film lange Zeit im Voraus zur Ansicht und kann mich professionell vorbereiten. Dann mache ich genau das, was offenbar auch Fatih Akin anwendet, der mit seinem neuen Film "Auf der anderen Seite" in Frankreich gerade hymnisch gefeiert wird. In der Libération las ich vor einigen Tagen: « J’écris la biographie de chaque personnage, en marge du scénario, sa trajectoire, ses goûts, la musique qu’il écoute. Il y a même une liste comprenant les derniers disques achetés, les derniers livres lus. » (Auf den Rand des Drehbuchs schreibe ich die Biografien der einzelnen Filmfiguren, den jeweiligen persönlichen Weg, den Geschmack, die Lieblingsmusik. Da gibt es sogar Listen der zuletzt gekauften Bücher und Tonträger.)
So ausführlich arbeite ich nicht, aber ich stelle mir zu jeder Figur etwas Individuelles vor, das kann ein Aspekt der Teilnahme am kulturellen Leben sein oder die Wohnsituation. Ich male mir Hobbies, Wege und Bewegungen aus, frage mich, wie er oder sie morgens zur Arbeit kommt, im Auto, per pedes, mit Rad, U-Bahn oder Bus? Bei schwierigen Figuren suche ich mir ein Bild aus der Kindheit. Die meisten Regisseurinnen und Regisseure haben Hinweise dafür in ihren Filmen versteckt.
Denn nichts ist schlimmer, als ein Dolmetscher, der neutral die Zeilen runterliest als handele es sich ums Telefonbuch oder um Frachtbriefe. Oder einer, der anfängt zu schauspielern. Das ist und bleibt die Arbeit der Schauspieler vorne auf Leinwand - oder auf der Bühne, denn auch das Theater braucht uns manchmal bei Gastspielen. Davon berichte ich hier im Dezember.
Und wie es sich möglicherweise anfühlt, wenn der eigene Film eingesprochen wird, steht an dieser Stelle.
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Dienstag, 20. November 2007
Computer in der Dolmetscherkabine
"Warum haben Dolmetscher eigentlich immer einen Computer in der Kabine?", fragt mich der Veranstalter in der Pause, "das, was Sie machen, kommt doch aus dem Kopf!"
Das stimmt, aber wir können nicht alle Fachtermini kennen. Und mancher Begriff taucht plötzlich auf, obwohl er in keinem der vom Kunden gelieferten Dokumente und auch nicht in den aus dem Netz gefischten Hintergrundartikeln vorkam. So dass wir immer nebenbei im elektronischen Wörterbuch Worte suchen, sie dann auf ein zwischen uns liegendes Papier schreiben und am Ende in unsere Vokabelliste aufnehmen - für den nächsten Einsatz.
Manche Veranstaltungsorte haben sogar W-Lan. Wenn wir Glück haben, bekommen wir vor dem Einsatz den Zugangscode, das vergrößert das "digitale Lexikon".
Viele Dolmetscher kommen mit ihrem Reiserechner zur Arbeit, auf dem auch andre Daten sind. Aber immer häufiger sehe ich Sub-Notebooks, die leichter zu tragen sind. Manche Hersteller denken über Geräte ohne Lüfter nach, das wäre natürlich für den Einsatz in der Kabine wunderbar, denn etliche Kollegen, ich nicht selten auch, tragen den Kopfhörer nur auf einem Ohr, hören sich selbst beim Sprechen zu. Lüfterrauschen, egal, ob es von der Kabine oder dem Notebook kommt, stört da nur.
Was man nicht im Kopf hat, kann man in der Datenbank haben.
Das stimmt, aber wir können nicht alle Fachtermini kennen. Und mancher Begriff taucht plötzlich auf, obwohl er in keinem der vom Kunden gelieferten Dokumente und auch nicht in den aus dem Netz gefischten Hintergrundartikeln vorkam. So dass wir immer nebenbei im elektronischen Wörterbuch Worte suchen, sie dann auf ein zwischen uns liegendes Papier schreiben und am Ende in unsere Vokabelliste aufnehmen - für den nächsten Einsatz.
Manche Veranstaltungsorte haben sogar W-Lan. Wenn wir Glück haben, bekommen wir vor dem Einsatz den Zugangscode, das vergrößert das "digitale Lexikon".
Viele Dolmetscher kommen mit ihrem Reiserechner zur Arbeit, auf dem auch andre Daten sind. Aber immer häufiger sehe ich Sub-Notebooks, die leichter zu tragen sind. Manche Hersteller denken über Geräte ohne Lüfter nach, das wäre natürlich für den Einsatz in der Kabine wunderbar, denn etliche Kollegen, ich nicht selten auch, tragen den Kopfhörer nur auf einem Ohr, hören sich selbst beim Sprechen zu. Lüfterrauschen, egal, ob es von der Kabine oder dem Notebook kommt, stört da nur.
Was man nicht im Kopf hat, kann man in der Datenbank haben.
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Montag, 19. November 2007
Synchronschwimmer
Synchronschwimmer becircen durch die Anmut kunstvoll koordinierter Bewegungen. Sie sind eine Freude fürs Auge. Es ist, als gäbe es in den Schwimmbecken keine Schwerkraft, wenn sie zu mehreren im gleichen Rhythmus durchs Wasser gleiten, mit den Armen Bogen beschreiben, dann untertauchen und die Beine allein oberhalb der Wasseroberfläche Pirouetten drehen lassen.
Synchronübersetzer kann ich mir da schon weniger leicht vorstellen.
Einmal, auf der Heimfahrt von einem Einsatz, in der Straßenbahn: Sebastian und ich halten abwechselnd small talk und schweigen. Im Anschluss ans Berufssprechen ist das private Gespräch ein Bedürfnis, aber dennoch anstrengend. Kopf und Stimmbänder müssen sich regenerieren.
Wir tauschen komische Erlebnisse im Beruf aus. " 'Sind Sie Synchronübersetzer?' - diese Frage kommt regelmäßig von potentiellen Kunden ...", sagt Sebastian, "... 'Kann ich Sie buchen?' "
Und fährt fort: "Darauf müsste man eigentlich sagen: 'Sind Sie sicher?' Und zu bedenken geben, wie das wohl aussieht, wenn lauter Übersetzer in einer Reihe sitzen und klapp-klapp-klapp synchron die Buchstaben der Übersetzung in akkurat parallel ausgeführten Bewegungen in die Tastaturen ihrer in Reihe aufgestellten Maschinen kloppen!"
Nach einer Pause fügt er augenzwinkernd hinzu: "Das müsste dann so enden: 'Ich kenne da eine zeitgemäße Form der Vervielfältigung. Nehmen Sie einen Übersetzer und schreiten Sie dann zum Fotokopiergerät!' "
Das sagt Sebastian natürlich nicht. Das denkt er nur. Aber es ist so schön, ich wollte es Ihnen nicht vorenthalten.
Synchronübersetzer kann ich mir da schon weniger leicht vorstellen.
Einmal, auf der Heimfahrt von einem Einsatz, in der Straßenbahn: Sebastian und ich halten abwechselnd small talk und schweigen. Im Anschluss ans Berufssprechen ist das private Gespräch ein Bedürfnis, aber dennoch anstrengend. Kopf und Stimmbänder müssen sich regenerieren.
Wir tauschen komische Erlebnisse im Beruf aus. " 'Sind Sie Synchronübersetzer?' - diese Frage kommt regelmäßig von potentiellen Kunden ...", sagt Sebastian, "... 'Kann ich Sie buchen?' "
Und fährt fort: "Darauf müsste man eigentlich sagen: 'Sind Sie sicher?' Und zu bedenken geben, wie das wohl aussieht, wenn lauter Übersetzer in einer Reihe sitzen und klapp-klapp-klapp synchron die Buchstaben der Übersetzung in akkurat parallel ausgeführten Bewegungen in die Tastaturen ihrer in Reihe aufgestellten Maschinen kloppen!"
Nach einer Pause fügt er augenzwinkernd hinzu: "Das müsste dann so enden: 'Ich kenne da eine zeitgemäße Form der Vervielfältigung. Nehmen Sie einen Übersetzer und schreiten Sie dann zum Fotokopiergerät!' "
Das sagt Sebastian natürlich nicht. Das denkt er nur. Aber es ist so schön, ich wollte es Ihnen nicht vorenthalten.
Sonntag, 18. November 2007
Tipps zum Buchstaben "M": Mikros, Moderationswände
Gestern war ich als "beratende Dolmetscherin" auf einer Veranstaltung, in Vertretung von Kerstin, der Inhaberin der Dolmetscheragentur. Hintergrund: Eine größere Veranstaltung hat sechs Kolleginnen und Kollegen über einen Zeitraum von drei Tagen gebucht. Nicht immer sind alle Dolmetscher gleichzeitig anwesend, das hat was von Stafettenlauf.
Der beratende Dolmetscher stellt im Vorfeld das Team zusammen und ist auch vor Ort Ansprechpartner. Bei kleineren Events wie dem vom Wochenende, es waren zwei halbe und ein ganzer Tag, ist er oder sie nicht die ganze Zeit vor Ort, vor allem dann nicht, wenn erfahrene Kolleginnen und Kollegen im Einsatz sind. Und da Kerstin parallel dazu in München gearbeitet hat ...
So blieb ich zwei Stunden im Studienzentrum unseres Kunden, in dem es um ein spannendes soziales Thema der Erweiterung Europas ging. Und bringe gleich zwei Tipps mit, beratende Dolmetscherin halt ...
Ein Tipp für Redner: Abstand halten zum Mikro. Eine der Seminarteilnehmerinnen war bei der Abschlusspräsentation kurz davor, das Mikrophon aufzuessen, so nah war sie dran. Dadurch werden Explosiv- und Zischlaute zu laut und verzerrt wiedergegeben, es tut in den Ohren weh. Die Lautsprecher standen aufs Publikum gerichtet, so dass sie es leider nicht selbst merken konnte. Also daher bitte 10 - 15 cm Abstand zum Mikrophon einhalten, das scheint ideal zu sein für die gängigen Anlagen.
Ein Tipp für Dolmetscher: Einige Zeit vor dem Einsatz kommen wir meistens schon an den Arbeitsort, das hat auch unsere Ablösung getan, und sich die Ergebnisse der Gruppenarbeit angesehen, weil Workshops auf dem Programm standen. Allein: Es hat ihnen niemand gesagt, dass "Moderationswände" auch eine Rückseite haben, und waren dann bass erstaunt, als plötzlich völlig neue Themen aufs Tapet kamen.
Für alle, die nicht wissen, was Moderationswände sind, hier ein Foto, zum Vergrößern anklicken. Nur Füße hat das Ganze natürlich noch ...
Der beratende Dolmetscher stellt im Vorfeld das Team zusammen und ist auch vor Ort Ansprechpartner. Bei kleineren Events wie dem vom Wochenende, es waren zwei halbe und ein ganzer Tag, ist er oder sie nicht die ganze Zeit vor Ort, vor allem dann nicht, wenn erfahrene Kolleginnen und Kollegen im Einsatz sind. Und da Kerstin parallel dazu in München gearbeitet hat ...
So blieb ich zwei Stunden im Studienzentrum unseres Kunden, in dem es um ein spannendes soziales Thema der Erweiterung Europas ging. Und bringe gleich zwei Tipps mit, beratende Dolmetscherin halt ...
Ein Tipp für Redner: Abstand halten zum Mikro. Eine der Seminarteilnehmerinnen war bei der Abschlusspräsentation kurz davor, das Mikrophon aufzuessen, so nah war sie dran. Dadurch werden Explosiv- und Zischlaute zu laut und verzerrt wiedergegeben, es tut in den Ohren weh. Die Lautsprecher standen aufs Publikum gerichtet, so dass sie es leider nicht selbst merken konnte. Also daher bitte 10 - 15 cm Abstand zum Mikrophon einhalten, das scheint ideal zu sein für die gängigen Anlagen.
Ein Tipp für Dolmetscher: Einige Zeit vor dem Einsatz kommen wir meistens schon an den Arbeitsort, das hat auch unsere Ablösung getan, und sich die Ergebnisse der Gruppenarbeit angesehen, weil Workshops auf dem Programm standen. Allein: Es hat ihnen niemand gesagt, dass "Moderationswände" auch eine Rückseite haben, und waren dann bass erstaunt, als plötzlich völlig neue Themen aufs Tapet kamen.
Für alle, die nicht wissen, was Moderationswände sind, hier ein Foto, zum Vergrößern anklicken. Nur Füße hat das Ganze natürlich noch ...
Samstag, 17. November 2007
Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat ...
... und einen Beruf ausübt, den man nicht gelernt hat.
Heute wollte ich hier mal nichts schreiben. Ich schleife am ersten Kapitel meiner Übersetzung. Aber mit vielen Pausen, in denen ich Gutes lese oder auch höre, richtiges, schönes, geschliffenes Deutsch. So stieß ich auf "Das blaue Sofa", Gespräche, die dieses Jahr auf der Buchmesse in Frankfurt stattgefunden haben und die über die ZDF-Sendung 'aspekte' online abrufbar sind.
Die meisten Beiträge sind auf Deutsch. Nach etlichen Pausen mit deutschen 'hommes et femmes de lettres' bin ich gespannt, wie ausländische Gäste hier betreut werden. Ich klicke Pierre Bayard an und lehne mich zurück. Zu meiner Überraschung outet sich der Moderator, der neben dem französischen Prof sitzt, in der ersten Sendungsminute als des Englischen unkundig, aber Frau von Bülow, die das mitbekommen habe, werde jetzt aushelfen, und er bittet zu bedenken, dass sie von Berufswegen nicht "Übersetzerin" sei. (Wieder einer, der nicht weiß, dass hier das Wort 'Dolmetscherin' fallen müsste.)
Es geht los, die Ankündigung hat gewirkt wie ein doppelter Espresso, ich bin hellwach. Und ich staune und freue mich: die dunkelhaarige Dame im Hahnentrittjäckchen macht ihre Sache sehr gut. Ihr Deutsch ist exzellent (dafür bin ich ja hier), sie kennt das Buch, um das es geht, offenbar gut, sie hat Ausstrahlung.
Und sie arbeitet wie alle Dolmetscher, sie übersetzt "ich", wenn der Gast "je" gesagt hat, und zum Satzende geht ihre Stimme nach unten. Das, was sie wiedergibt, ist immer, vom Sprachniveau her betrachtet, eine kleine Ebene höher angesiedelt als das, was der Gast auf dem blauen Sofa gesagt hat. Dann, nach den ersten Worten, in denen sie dennoch sehr 'nah' an Pierre Bayard geblieben ist, entfernt sie sich von seinen Worten, wird komplexer, verschiebt ein wenig den Focus, ergänzt einen Nebensatz um Nichtgesagtes, das aber in seine Worte hineingelegt werden kann. Wie gesagt, Dolmetscher heißt auf Französisch "interprète", es geht also um eine Form der Auslegung. Nur manchmal fügt sie einen Nebensatz hinzu und sagt dann: "wenn ich das hinzufügen darf" ... Den Satz hören Sie von Dolmetschern nicht.
Und das Trio auf dem Sofa macht alles richtig, besonders die Dame. Das darf ich keinesfalls in meinem Weblog schreiben, denke ich mir, und: Diese Frau hat den Beruf verfehlt, ein Naturtalent. Wie für Medien ideal, sind die Antworten immer sehr kurz, fünf bis acht Sekunden lang spricht Pierre Bayard jeweils, das geht auch ohne Notizen. Auch bei den kurzen übersetzten Antworten beobachte ich einen typischen Anfänger- und Unsicherheitsfehler: Die Übertragungen werden länger als das Gesagte ...über das langsame Verfertigen der Gedanken beim Sprechen. Aber die Stimmung stimmt, sie trifft immer den Kern, ist nah am Autor dran, einem Uniprofessor, der über die Kunst schrieb, über ungelesene Bücher kenntnisreich zu sprechen, siehe unten.
Nun, zur Rehabilitation der Branche sei gesagt: lange Aussagen und sehr lange Veranstaltungen, die sich über Tage hinziehen können, fühlen sich immer an wie der Marathon, für den wir ausgebildet worden sind, und das geht dann nicht ohne Notizen, Methode und Erfahrung. Und auch nicht ohne umfassende Allgemeinbildung, Fachkenntnis und geschultes Werkzeug. Die Muttersprache der improvisierten Dolmetscherin sitzt fest. Das unterscheidet die Dame auf dem blauen Sofa von der typischen Studentin aus deutsch-französischem Elternhaus, die in den letzten Jahren sogar von großen Kultureinrichtungen der Hauptstadt (aufgrund von "Sparzwängen") zum Dolmetschen auf die Bühne geholt wird und dort rasch an ihre Grenzen stößt.
Wer ist also Frau von Bülow? Zwei Klick später weiß ich es: Bettina von Bülow hat Germanistik und Romanistik studiert, dann nach vielen Jahren als Lektorin und Programmleiterin großer Verlage ihr eigenes Unternehmen 'spirograf' gegründet, mit dem sie über das Netz Leser, aber vor allem Verlage über fremdsprachige Neuerscheinungen und den Buchmarkt informiert – als Literatur-Scout.
Als Lektorin hatte sie also jahrelang mit Übersetzungen zu tun, und überträgt bis heute Kultur von einem Medium ins andere.
Hier macht sie jedenfalls eine souveräne Figur, erlaubt sich sogar, mit viel Charme ein anderes Gesetz der Branche zu durchbrechen: Sie macht einen Witz. Als es um die Frage geht, was "richtiges Lesen sei", spricht Pierre Bayard über Ablenkungen: "Il nous arrive de lire un livre dans une librairie et d'arrêter parce qu'il y a une belle passante dans la rue ..." und verkneift sich ein Grinsen. Darauf Frau von Bülow: "Es passiert, dass man in der Buchhandlung ist, ein Buch im Stehen liest, und plötzlich geht ein gutaussehender Mann auf der Straße vorbei." Jetzt lächelt sie Bayard an, erwartet stummes Einverständnis, aber er hat sie nicht verstanden. Er ist ja Franzose.
____________________________________
Pierre Bayard: "Wie man über Bücher spricht, die man nicht
gelesen hat", aus dem Französischen von Lis Künzli, Verlag
Kunstmann, € 16,90
Bayard saß am Mittwoch, dem 10. Oktober 2007, auf dem
"blauen Sofa" – und hat natürlich von der "schönen Passantin"
gesprochen, die den Blick abschweifen lässt ...
Weitere internationale Gäste: Umberto Eco, er muss aber
Englisch sprechen, und Georges-Arthur Goldschmidt (Donners-
tag). Da er aus Deutschland stammt, gibt es keine Sprachprobleme.
Heute wollte ich hier mal nichts schreiben. Ich schleife am ersten Kapitel meiner Übersetzung. Aber mit vielen Pausen, in denen ich Gutes lese oder auch höre, richtiges, schönes, geschliffenes Deutsch. So stieß ich auf "Das blaue Sofa", Gespräche, die dieses Jahr auf der Buchmesse in Frankfurt stattgefunden haben und die über die ZDF-Sendung 'aspekte' online abrufbar sind.
Die meisten Beiträge sind auf Deutsch. Nach etlichen Pausen mit deutschen 'hommes et femmes de lettres' bin ich gespannt, wie ausländische Gäste hier betreut werden. Ich klicke Pierre Bayard an und lehne mich zurück. Zu meiner Überraschung outet sich der Moderator, der neben dem französischen Prof sitzt, in der ersten Sendungsminute als des Englischen unkundig, aber Frau von Bülow, die das mitbekommen habe, werde jetzt aushelfen, und er bittet zu bedenken, dass sie von Berufswegen nicht "Übersetzerin" sei. (Wieder einer, der nicht weiß, dass hier das Wort 'Dolmetscherin' fallen müsste.)
Es geht los, die Ankündigung hat gewirkt wie ein doppelter Espresso, ich bin hellwach. Und ich staune und freue mich: die dunkelhaarige Dame im Hahnentrittjäckchen macht ihre Sache sehr gut. Ihr Deutsch ist exzellent (dafür bin ich ja hier), sie kennt das Buch, um das es geht, offenbar gut, sie hat Ausstrahlung.
Und sie arbeitet wie alle Dolmetscher, sie übersetzt "ich", wenn der Gast "je" gesagt hat, und zum Satzende geht ihre Stimme nach unten. Das, was sie wiedergibt, ist immer, vom Sprachniveau her betrachtet, eine kleine Ebene höher angesiedelt als das, was der Gast auf dem blauen Sofa gesagt hat. Dann, nach den ersten Worten, in denen sie dennoch sehr 'nah' an Pierre Bayard geblieben ist, entfernt sie sich von seinen Worten, wird komplexer, verschiebt ein wenig den Focus, ergänzt einen Nebensatz um Nichtgesagtes, das aber in seine Worte hineingelegt werden kann. Wie gesagt, Dolmetscher heißt auf Französisch "interprète", es geht also um eine Form der Auslegung. Nur manchmal fügt sie einen Nebensatz hinzu und sagt dann: "wenn ich das hinzufügen darf" ... Den Satz hören Sie von Dolmetschern nicht.
Und das Trio auf dem Sofa macht alles richtig, besonders die Dame. Das darf ich keinesfalls in meinem Weblog schreiben, denke ich mir, und: Diese Frau hat den Beruf verfehlt, ein Naturtalent. Wie für Medien ideal, sind die Antworten immer sehr kurz, fünf bis acht Sekunden lang spricht Pierre Bayard jeweils, das geht auch ohne Notizen. Auch bei den kurzen übersetzten Antworten beobachte ich einen typischen Anfänger- und Unsicherheitsfehler: Die Übertragungen werden länger als das Gesagte ...über das langsame Verfertigen der Gedanken beim Sprechen. Aber die Stimmung stimmt, sie trifft immer den Kern, ist nah am Autor dran, einem Uniprofessor, der über die Kunst schrieb, über ungelesene Bücher kenntnisreich zu sprechen, siehe unten.
Nun, zur Rehabilitation der Branche sei gesagt: lange Aussagen und sehr lange Veranstaltungen, die sich über Tage hinziehen können, fühlen sich immer an wie der Marathon, für den wir ausgebildet worden sind, und das geht dann nicht ohne Notizen, Methode und Erfahrung. Und auch nicht ohne umfassende Allgemeinbildung, Fachkenntnis und geschultes Werkzeug. Die Muttersprache der improvisierten Dolmetscherin sitzt fest. Das unterscheidet die Dame auf dem blauen Sofa von der typischen Studentin aus deutsch-französischem Elternhaus, die in den letzten Jahren sogar von großen Kultureinrichtungen der Hauptstadt (aufgrund von "Sparzwängen") zum Dolmetschen auf die Bühne geholt wird und dort rasch an ihre Grenzen stößt.
Wer ist also Frau von Bülow? Zwei Klick später weiß ich es: Bettina von Bülow hat Germanistik und Romanistik studiert, dann nach vielen Jahren als Lektorin und Programmleiterin großer Verlage ihr eigenes Unternehmen 'spirograf' gegründet, mit dem sie über das Netz Leser, aber vor allem Verlage über fremdsprachige Neuerscheinungen und den Buchmarkt informiert – als Literatur-Scout.
Als Lektorin hatte sie also jahrelang mit Übersetzungen zu tun, und überträgt bis heute Kultur von einem Medium ins andere.
Hier macht sie jedenfalls eine souveräne Figur, erlaubt sich sogar, mit viel Charme ein anderes Gesetz der Branche zu durchbrechen: Sie macht einen Witz. Als es um die Frage geht, was "richtiges Lesen sei", spricht Pierre Bayard über Ablenkungen: "Il nous arrive de lire un livre dans une librairie et d'arrêter parce qu'il y a une belle passante dans la rue ..." und verkneift sich ein Grinsen. Darauf Frau von Bülow: "Es passiert, dass man in der Buchhandlung ist, ein Buch im Stehen liest, und plötzlich geht ein gutaussehender Mann auf der Straße vorbei." Jetzt lächelt sie Bayard an, erwartet stummes Einverständnis, aber er hat sie nicht verstanden. Er ist ja Franzose.
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Pierre Bayard: "Wie man über Bücher spricht, die man nicht
gelesen hat", aus dem Französischen von Lis Künzli, Verlag
Kunstmann, € 16,90
Bayard saß am Mittwoch, dem 10. Oktober 2007, auf dem
"blauen Sofa" – und hat natürlich von der "schönen Passantin"
gesprochen, die den Blick abschweifen lässt ...
Weitere internationale Gäste: Umberto Eco, er muss aber
Englisch sprechen, und Georges-Arthur Goldschmidt (Donners-
tag). Da er aus Deutschland stammt, gibt es keine Sprachprobleme.
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Freitag, 16. November 2007
Nach dem Dolmetscheinsatz
Dolmetschen ist ein Traumberuf, doch danach bin ich immer wieder geschafft. Darüber schreib ich hier exklusiv. Texte, die wenig mit Sex, viel mit Hingabe zu tun haben. Hingabe an Sprache. Nach dem Dolmetschen ist im Kopf Kraut und Rüben. Und darüber schreib ich jetzt!
... der Eintrag geht erstmal mit Leere los. Denn so fühlt sich der Kopf an, wenn wir Dolmetscher den jeweiligen Ort des Geschehens verlassen. Oder auch mit Überfülle an Worten, Klangfetzen, Energien, Kadenzen, aus der heraus dann nichts Einzelnes mehr wahrnehmbar ist. Was auch wieder auf Leere hinausläuft.
Ein Knochenjob sind Berlinale-Einsätze: Erst den Film simultan dolmetschen, vom Blatt, alle Rollen: der Finger auf der Dialogliste, die Ohren in den Kopfhörern, die Augen auf der Leinwand. Dann ins Pressezentrum hetzen. Die Konferenzen zu den Filmen dauern zwischen 30 und 50 Minuten.
Und den Film am Abend dann gleich nochmal "machen". Zwischendrin nehme ich die Umgebung nicht mehr so klar wahr, wie sonst, weiß, dass ich nicht alle sechs Sinne beisammen hab' und höllisch aufpassen muss, zum Beispiel beim Überqueren der Straße. Und alles wirkt auf mich wie Film, die Leute, die Gesprächsfetzen, selbst die Lichtspiele im Gang.
Dann ist alles okay. Schöne Leere. Leichtigkeit. Frei von Verpflichtungen, frei von Kommunizieren- und Planenmüssen. Zu den Gedanken sag ich: "Jetzt nicht!" Und genieße ein einfaches Mahl.
In weniger drei Monaten ist die nächste Berlinale.
... der Eintrag geht erstmal mit Leere los. Denn so fühlt sich der Kopf an, wenn wir Dolmetscher den jeweiligen Ort des Geschehens verlassen. Oder auch mit Überfülle an Worten, Klangfetzen, Energien, Kadenzen, aus der heraus dann nichts Einzelnes mehr wahrnehmbar ist. Was auch wieder auf Leere hinausläuft.
Ein Knochenjob sind Berlinale-Einsätze: Erst den Film simultan dolmetschen, vom Blatt, alle Rollen: der Finger auf der Dialogliste, die Ohren in den Kopfhörern, die Augen auf der Leinwand. Dann ins Pressezentrum hetzen. Die Konferenzen zu den Filmen dauern zwischen 30 und 50 Minuten.
Und den Film am Abend dann gleich nochmal "machen". Zwischendrin nehme ich die Umgebung nicht mehr so klar wahr, wie sonst, weiß, dass ich nicht alle sechs Sinne beisammen hab' und höllisch aufpassen muss, zum Beispiel beim Überqueren der Straße. Und alles wirkt auf mich wie Film, die Leute, die Gesprächsfetzen, selbst die Lichtspiele im Gang.
Dann ist alles okay. Schöne Leere. Leichtigkeit. Frei von Verpflichtungen, frei von Kommunizieren- und Planenmüssen. Zu den Gedanken sag ich: "Jetzt nicht!" Und genieße ein einfaches Mahl.
In weniger drei Monaten ist die nächste Berlinale.
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Donnerstag, 15. November 2007
Übersetzen mit Subtext
Dieser Tage sitze ich an einer langen Übersetzung. Tage - was sag' ich, es wird etliche Wochen dauern, inklusive Lektorat bis in den Januar. Es geht um das Image des deutschen Kinofilms in Frankreich. Der Text entstand als Projektarbeit an der französischen Grande Ecole Institut d'Etudes de Sciences Politiques in Paris. Er ist eine Mischung aus wissenschaftlicher Studie, Hintergrundanalyse und Erfahrungsbericht.
Die Autoren, Studenten im vorletzten Studienjahr, sind unvoreingenommen an die Sache herangegangen. Und sie stecken schon seit vier Jahren im französischen akademischen Betrieb, in dem Wissen angehäuft, Methode gelehrt und Stil geprägt wird, um das Ganze für den Leser entsprechend zu verpacken.
Und hier genau ist der Haken des Projekts. Die Studenten schreiben im Grundlagenteil stellenweise redundant, nehmen den unwissenden französischen Leser an die Hand, schreiben wie für einen Senatsabgeordneten, der ja auch Figuren für späteres verbales Kapriolenschlagen braucht. Dann sind Partien wieder sehr dicht und faktenreich - auch das hat seinen Grund. Es geht um das Neue, um praktische Ansätze und Erkenntnisse, die neue Weichenstellungen bereits mit sich brachten.
Mein Übersetzen ist also vielmehr ein Übertragen. Ich habe das Vorgehen mit den Studenten abgesprochen, sie vertrauen mir, da sie im Jahr, in dem sie forschten, von mir auch viele Kontakte, Namen und Mailadressen erhielten.
Dennoch: Die Arbeit fällt mir schwerer als gedacht. Ich muss zwischendurch immer wieder den Kopf frei kriegen, klebe zu sehr an der Ausgangssprache. Und ich muss den richtigen Tonfall finden für die deutsche Branche, Wiederholungen raus- und Fußnoten reinnehmen. Und ich werde ergänzende "Servicekästchen" texten, sie mit meinen Initialen versehen und ein Vorwort schreiben.
Warum so viel Arbeit? Weil auch der Subtext übersetzt werden muss. Wenn ein Journalist eines staatlichen Rundfunksenders sagt: « L’entente cordiale avec l’Allemagne est dans l’esprit des Français une nécessité plus qu’une empathie réelle »wird daraus "In den Köpfen der Franzosen entspricht die 'entente cordiale' mit Deutschland mehr einer Notwendigkeit als echter gefühlter Nähe" samt einer Fußnote zu "entente cordiale", wörtlich: "herzliches Einverständnis". So lautet der Name eines Abkommens über die Aufteilung der Einflusszonen im kolonialen Afrika, das Frankreich und England 1904 geschlossen haben. Und da von allen Beteiligten Deutschland und Frankreich in ihrer Rolle für die europäische Einigung reflektiert werden, muss ich die Anspielung erläutern.
Die Autoren, Studenten im vorletzten Studienjahr, sind unvoreingenommen an die Sache herangegangen. Und sie stecken schon seit vier Jahren im französischen akademischen Betrieb, in dem Wissen angehäuft, Methode gelehrt und Stil geprägt wird, um das Ganze für den Leser entsprechend zu verpacken.
Und hier genau ist der Haken des Projekts. Die Studenten schreiben im Grundlagenteil stellenweise redundant, nehmen den unwissenden französischen Leser an die Hand, schreiben wie für einen Senatsabgeordneten, der ja auch Figuren für späteres verbales Kapriolenschlagen braucht. Dann sind Partien wieder sehr dicht und faktenreich - auch das hat seinen Grund. Es geht um das Neue, um praktische Ansätze und Erkenntnisse, die neue Weichenstellungen bereits mit sich brachten.
Mein Übersetzen ist also vielmehr ein Übertragen. Ich habe das Vorgehen mit den Studenten abgesprochen, sie vertrauen mir, da sie im Jahr, in dem sie forschten, von mir auch viele Kontakte, Namen und Mailadressen erhielten.
Dennoch: Die Arbeit fällt mir schwerer als gedacht. Ich muss zwischendurch immer wieder den Kopf frei kriegen, klebe zu sehr an der Ausgangssprache. Und ich muss den richtigen Tonfall finden für die deutsche Branche, Wiederholungen raus- und Fußnoten reinnehmen. Und ich werde ergänzende "Servicekästchen" texten, sie mit meinen Initialen versehen und ein Vorwort schreiben.
Warum so viel Arbeit? Weil auch der Subtext übersetzt werden muss. Wenn ein Journalist eines staatlichen Rundfunksenders sagt: « L’entente cordiale avec l’Allemagne est dans l’esprit des Français une nécessité plus qu’une empathie réelle »wird daraus "In den Köpfen der Franzosen entspricht die 'entente cordiale' mit Deutschland mehr einer Notwendigkeit als echter gefühlter Nähe" samt einer Fußnote zu "entente cordiale", wörtlich: "herzliches Einverständnis". So lautet der Name eines Abkommens über die Aufteilung der Einflusszonen im kolonialen Afrika, das Frankreich und England 1904 geschlossen haben. Und da von allen Beteiligten Deutschland und Frankreich in ihrer Rolle für die europäische Einigung reflektiert werden, muss ich die Anspielung erläutern.
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Dienstag, 13. November 2007
Reportage über den Dolmetscherberuf
In letzter Zeit erhalte ich viele Mails von Schülern und Studenten, die sich für das Dolmetschen interessieren. Dieser Blog entstand im Grunde auch so: Über den girls day hinaus, bei dem Mädchen und junge Frauen direkt am Arbeitsplatz von Müttern, Tanten und Freundinnen über Berufe informiert werden sollen, wollte ich über das informieren, was unsere Arbeit ausmacht.
Dazu passt eine ARD-Reportage, auf die mich ein Kollege hinwies. Merci beaucoup, Marc !
Viel Spaß dabei, einer Berlinale-Kollegin über die Schulter zu schauen.
Anmoderation: Auf der Berlinale arbeiten Dutzende Dolmetscher, für die Fortsetzung hier klicken.
Nur in einem Bereich irrt der Journalist: Wir erhalten nicht bis zu 700 Euro "pro Einsatz", das wären dann bei nämlicher Kollegin — drei Pressekonferenzen plus ein Koproduktionsgespräch — zusammen 2800 Euro, sondern 650-900 Euro ist ein Dolmetschertag in Berlin wert. Es kann durchaus sein, dass zu einem kürzer geratenen Berlinale-Tag noch ein zweiter Auftraggeber hinzukommt und ebenfalls für ein paar Stunden einen hohen Betrag zahlt, aber gerade auf Festivals haben viele von uns mit einem Auftraggeber einen Vertrag für mehrere Einsätze, von denen beide Seiten etwas haben: Der Kunde zahlt in der Summe weniger und ich verliere keine weitere Zeit bei Acquise, Buchhaltung und Kundenpflege. Denn am liebsten arbeite ich oder bereite Einsätze vor oder nach. Voilà !
Und da ich gerade schon mal bei Preisen bin: Es gibt auch Agenturen, besonders einige große, die für ihre Vermittlungsdienste an Dolmetscher 30-50 % der Gage einbehalten. Das ist bei großen Konferenzen eine Stange Geld und sollte von den Auftraggebern reiflich überlegt sein.
Denn dass die Preise hoch sind, hat seinen Grund: Wir müssen uns auf die Termine vor- und auch nachbereiten. Fachvokabular steht nur selten in Wörterbüchern. So sind wir auch Autoren unserer eigenen Wörterbücher, pflegen Datenbanken, lesen Fachtexte — das nimmt je nach Thema mehrere Tage in Anspruch. Und dann ist die Arbeit sehr anstrengend, laut WHO kommt der Stressfaktor beim Dolmetschen gleich nach dem von Piloten und Fluglotsen.
Wir brauchen also Ruhezeiten, um immer auf hohem Niveau arbeiten zu können.
Dazu passt eine ARD-Reportage, auf die mich ein Kollege hinwies. Merci beaucoup, Marc !
Viel Spaß dabei, einer Berlinale-Kollegin über die Schulter zu schauen.
Anmoderation: Auf der Berlinale arbeiten Dutzende Dolmetscher, für die Fortsetzung hier klicken.
Nur in einem Bereich irrt der Journalist: Wir erhalten nicht bis zu 700 Euro "pro Einsatz", das wären dann bei nämlicher Kollegin — drei Pressekonferenzen plus ein Koproduktionsgespräch — zusammen 2800 Euro, sondern 650-900 Euro ist ein Dolmetschertag in Berlin wert. Es kann durchaus sein, dass zu einem kürzer geratenen Berlinale-Tag noch ein zweiter Auftraggeber hinzukommt und ebenfalls für ein paar Stunden einen hohen Betrag zahlt, aber gerade auf Festivals haben viele von uns mit einem Auftraggeber einen Vertrag für mehrere Einsätze, von denen beide Seiten etwas haben: Der Kunde zahlt in der Summe weniger und ich verliere keine weitere Zeit bei Acquise, Buchhaltung und Kundenpflege. Denn am liebsten arbeite ich oder bereite Einsätze vor oder nach. Voilà !
Und da ich gerade schon mal bei Preisen bin: Es gibt auch Agenturen, besonders einige große, die für ihre Vermittlungsdienste an Dolmetscher 30-50 % der Gage einbehalten. Das ist bei großen Konferenzen eine Stange Geld und sollte von den Auftraggebern reiflich überlegt sein.
Denn dass die Preise hoch sind, hat seinen Grund: Wir müssen uns auf die Termine vor- und auch nachbereiten. Fachvokabular steht nur selten in Wörterbüchern. So sind wir auch Autoren unserer eigenen Wörterbücher, pflegen Datenbanken, lesen Fachtexte — das nimmt je nach Thema mehrere Tage in Anspruch. Und dann ist die Arbeit sehr anstrengend, laut WHO kommt der Stressfaktor beim Dolmetschen gleich nach dem von Piloten und Fluglotsen.
Wir brauchen also Ruhezeiten, um immer auf hohem Niveau arbeiten zu können.
Sonntag, 11. November 2007
Dolmetscher im Film (II) - heute Abend
In der Regie von Sydney Pollack entstand 2005 der Film "The Interpreter" (Die Dolmetscherin) mit Nicole Kidman. Drehorte sind die Dolmetscherkabinen der UNO, die Gänge davor, in denen die "Sprachmittler" kurz vor Einsatz Vokabeln austauschen, ein fremdes afrikanisches Land und einige Ecken von New York.
Ich hab den Thriller gemocht, auch wenn die Rahmenhandlung ein wenig konstruiert wirkt, aber Leute meines Berufs sind wohl befangen. Eine Dolmetscherin, dargestellt von Kidman, verfolgt eine Spur, auf die sie zufällig in ihrem Beruf gelangt ist, es geht um ein ausgedachtes afrikanisches Land, einen geplanten Putsch und einen Militärstaat, wie er in vielen afrikanischen Ländern Alltag ist. Der erfundene Fall klingt dennoch plausibel. Mich beeindruckte, dass UNO-Sicherheitsrat und -Generalversammlung in ihrer Machtlosigkeit dargestellt werden. Bemerkenswert auch, dass der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan dem Filmteam erlaubte, am Originalschauplatz zu drehen, denn derlei widerspricht im Grunde den Statuten der Vereinten Nationen, das war einstmals nicht einmal Alfred Hitchcook vergönnt.
Lustig sind die Begleitumstände des Filmstarts vor zwei Jahren. Der deutsche Verleih hatte Mühen, einen Titel zu finden, da die Verleihmitarbeiter offenbar den Unterschied zwischen dolmetschen und übersetzen nicht kannten. So war der Film lange als "Die Übersetzerin" angekündigt.
Der Branchendienst dvd-inside.de schrieb damals unter anderem: "Kidman war fasziniert vom Leben der UN-Dolmetscher. Dabei gilt ihr Beruf als einer der stressigsten überhaupt. UN-Dolmetscher müssen rasend schnell mentale Sprünge machen, die höchsten Ebenen kulturellen Wissens und Verstandes erlangen und täglich absolut konzentriert und auf den Punkt arbeiten. Die Arbeit in schalldichten Kabinen ist notorisch einsam und verlangt nach einer starken Persönlichkeit."
Für Kidman seien diese Eigenschaften – Konzentrationsfähigkeit, willensstarker Individualismus, Idealismus und das Streben nach Kommunikation – der Schlüssel zum Verständnis der von ihr verkörperten Figur gewesen.
(Zitiert nach Übersetzerportal)
__________________________________
11.11.2007, 20.15-22.45 Uhr, RTL
Ich hab den Thriller gemocht, auch wenn die Rahmenhandlung ein wenig konstruiert wirkt, aber Leute meines Berufs sind wohl befangen. Eine Dolmetscherin, dargestellt von Kidman, verfolgt eine Spur, auf die sie zufällig in ihrem Beruf gelangt ist, es geht um ein ausgedachtes afrikanisches Land, einen geplanten Putsch und einen Militärstaat, wie er in vielen afrikanischen Ländern Alltag ist. Der erfundene Fall klingt dennoch plausibel. Mich beeindruckte, dass UNO-Sicherheitsrat und -Generalversammlung in ihrer Machtlosigkeit dargestellt werden. Bemerkenswert auch, dass der damalige UN-Generalsekretär Kofi Annan dem Filmteam erlaubte, am Originalschauplatz zu drehen, denn derlei widerspricht im Grunde den Statuten der Vereinten Nationen, das war einstmals nicht einmal Alfred Hitchcook vergönnt.
Lustig sind die Begleitumstände des Filmstarts vor zwei Jahren. Der deutsche Verleih hatte Mühen, einen Titel zu finden, da die Verleihmitarbeiter offenbar den Unterschied zwischen dolmetschen und übersetzen nicht kannten. So war der Film lange als "Die Übersetzerin" angekündigt.
Der Branchendienst dvd-inside.de schrieb damals unter anderem: "Kidman war fasziniert vom Leben der UN-Dolmetscher. Dabei gilt ihr Beruf als einer der stressigsten überhaupt. UN-Dolmetscher müssen rasend schnell mentale Sprünge machen, die höchsten Ebenen kulturellen Wissens und Verstandes erlangen und täglich absolut konzentriert und auf den Punkt arbeiten. Die Arbeit in schalldichten Kabinen ist notorisch einsam und verlangt nach einer starken Persönlichkeit."
Für Kidman seien diese Eigenschaften – Konzentrationsfähigkeit, willensstarker Individualismus, Idealismus und das Streben nach Kommunikation – der Schlüssel zum Verständnis der von ihr verkörperten Figur gewesen.
(Zitiert nach Übersetzerportal)
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11.11.2007, 20.15-22.45 Uhr, RTL
Dienstag, 6. November 2007
Was'ne Wirtschaft!
Sprache verändert sich, wir Dolmetscher spüren das oft als Erste. Eben hab ich eine Mail im Kasten, in der ein Student anfragt, ob er seine Hausarbeit zum Sommersemester noch nachreichen könne, er würde den Schein gerne bei mir machen, vor allem aber wird folgender Grund genannt: "Die Geschäftsführung macht tierisch Druck, man möge sein Grundstudium möglichst in diesem Semester abschließen."
Da kann ich die Unternehmensführung beruhigen, der Mitarbeiter Sohn darf den Schein bei der freien Lehrkraft gerne noch vollenden, denn diese weiß selbst nur zu genau wie das ist mit einem vollen "Schedule" (Zeitplan), denn sie ist im Haupt"job" Dolmetscherin.
Als solche reiste ich letzten Sommer mit deutschen Journalisten nach Paris. Die angehenden Pressevertreter sollten dort die wichtigsten 'Akteure' des politischen Lebens kennen lernen. Einmal waren wir bei einer Partei, in der uns die Geschäftsführung zur Kommunikationsabteilung schickte.
Die Journalisten stellten sich beim Weggehen die Frage, ob denn die Wähler jetzt Kunden seien und welche Ware hier verkauft werde.
Aber das dürften sie bei ihren Arbeitgebern auch fragen. Seit geraumer Zeit heißt hierzulande der Fachmann für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des zweiten öffentlich-rechtlichen Programms "Unternehmenssprecher". Von welchem Unternehmen ist die Rede? Mit welchen Hauptinvestoren, Kleinanlegern und Produktrisiken eigentlich?
Neben der Anglifizierung ist die Ökonomisierung der Sprache derzeit offenbar voll im Gange, deshalb grüßt:
Ihre
Sprach"coach"-Dienstleisterin
Caroline
_____________
Foto: Rollt das Rad, rollt der Rubel auch.
Da kann ich die Unternehmensführung beruhigen, der Mitarbeiter Sohn darf den Schein bei der freien Lehrkraft gerne noch vollenden, denn diese weiß selbst nur zu genau wie das ist mit einem vollen "Schedule" (Zeitplan), denn sie ist im Haupt"job" Dolmetscherin.
Als solche reiste ich letzten Sommer mit deutschen Journalisten nach Paris. Die angehenden Pressevertreter sollten dort die wichtigsten 'Akteure' des politischen Lebens kennen lernen. Einmal waren wir bei einer Partei, in der uns die Geschäftsführung zur Kommunikationsabteilung schickte.
Die Journalisten stellten sich beim Weggehen die Frage, ob denn die Wähler jetzt Kunden seien und welche Ware hier verkauft werde.
Aber das dürften sie bei ihren Arbeitgebern auch fragen. Seit geraumer Zeit heißt hierzulande der Fachmann für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des zweiten öffentlich-rechtlichen Programms "Unternehmenssprecher". Von welchem Unternehmen ist die Rede? Mit welchen Hauptinvestoren, Kleinanlegern und Produktrisiken eigentlich?
Neben der Anglifizierung ist die Ökonomisierung der Sprache derzeit offenbar voll im Gange, deshalb grüßt:
Ihre
Sprach"coach"-Dienstleisterin
Caroline
_____________
Foto: Rollt das Rad, rollt der Rubel auch.
Kategorien:
Alltag
Donnerstag, 1. November 2007
Stille Post auf dem Festival
Gerade bin ich beim DOK-Festival in Leipzig. Letztens kam da mal ein Dolmetscher nicht rechtzeitig zum Einsatz. Das erinnerte mich an eine vor einiger Zeit aus der Zuschauerperspektive erlebte Episode.
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Sich mitzuteilen will gelernt sein. Leider geht selbst bei Kommunikationsprofis immer wieder mal was schief - weil sie nicht können oder einfach nicht wollen. Dann kommt zu unschönen Verschiebungen, zu denen mir ein Kinderspiel einfällt, "Stille Post", was übrigens "le téléphone arabe" auf Französisch heißt.
Beispiel gefällig? Wir sind irgendwo in Deutschland, hier feiert ein Filmfestival ein kleines Jubiläum, und mit den Jahren ist es vor allem der Größe nach eines der wichtigeren geworden.
Man leistetet sich nun erstmals Dolmetscher, wo früher Studenten aushelfen durften, ruft bei einer örtlichen Agentur an, vergibt den Auftrag. Das Problem: die Firma hat noch nie mit Kinomachern zusammengearbeitet, und auch beim Festival sind viele neue Mitarbeiter da, weil Festivals meist unterfinanziert sind. Und niemand denkt daran, Erfahrungen anderer Festivals mit Sprachmittlern auszuwerten, denn das Dolmetschen unterschätzen leider fast alle.
Dann steht eines Nachmittags ein arabischsprachiger Film auf dem Festivalprogramm. Die Korrespondenz mit der Regisseurin hatte bislang auf Englisch stattgefunden, es ging um Themen wie An- und Abreise und Kopientransport.
Jetzt soll im Anschluss an die Aufführung über den Streifen diskutiert werden. Die Moderatorin reckt den Hals und hält nach dem Dolmetscher Ausschau. Aber niemand kommt. Nachdem Regisseurin und Moderatorin eine Weile lang stumm ins Publikum geschaut haben, erklärt die Vertreterin des Festivals nicht ohne die entsprechende Zerknirschung spontan ihr Problem. Eine Studentin aus dem Publikum erbarmt sich und bietet sich als Englisch-Dolmetscherin an. Dabei stellt sich heraus, dass die Regisseurin über basic travel english hinaus dieser Weltsprache gar nicht mächtig ist. Niemand hatte im Vorfeld die Regisseurin gefragt, in welcher Sprache sie das Publikumsgespräch führen wolle und niemandem war aufgefallen, dass sie in Paris studiert hatte ... Worauf eine zweite Studentin einspringt, eine junge Französin, mit besser entwickelten Englischkenntnissen. Jetzt wird nach dem Kettenprinzip Französisch->Englisch->Deutsch gedolmetscht. Leider bleiben Stille-Post-Effekte nicht aus, was beim Publikum auf Unmut stößt. Da steht eine weitere Zuschauerin auf, man versucht es also zu dritt ...
Und der Dolmetscher währenddessen? Ich hatte ja eingangs von einer Firma gesprochen, die mit der Kommunikation beauftragt worden war. Der Dolmetscher sitzt indes seelenruhig in der Dolmetscherkabine neben dem Projektionsraum. Ihm wurde erzählt, dass die Vorführung mit Verspätung gestartet war, ergo geht auch das Gespräch später los. Die Dolmetschanlage fürs Simultane hat er bereits hochgefahren, jedoch ist noch alles stumm und auch der Monitor neben der Anlage ist noch schwarz, über den sonst Bilder aus den anderen Kinosälen übertragen werden, denn nicht jeder Kinosaal verfügt über eine Kabine. Und durch die Glasscheibe hindurch sieht er im Zuschauerraum auf eine Podiumsdiskussion mit mehreren Teilnehmern, bei der das Mikrophon überraschend oft hin- und herwandert ...
In die Dolmetscherkabine hatte ihn die Abendspielleitung des Kinosaals gesetzt. Letztendlich war die Sache kein großer Verlust, der Kollege war Dolmetscher für - Englisch.
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P.S.: Natürlich hatte das Festival meine Marketing-Mail erhalten, in der ich auch Fortbildung anbiete, und ich kannte die Festivaldirektorin sogar persönlich ...
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Sich mitzuteilen will gelernt sein. Leider geht selbst bei Kommunikationsprofis immer wieder mal was schief - weil sie nicht können oder einfach nicht wollen. Dann kommt zu unschönen Verschiebungen, zu denen mir ein Kinderspiel einfällt, "Stille Post", was übrigens "le téléphone arabe" auf Französisch heißt.
Beispiel gefällig? Wir sind irgendwo in Deutschland, hier feiert ein Filmfestival ein kleines Jubiläum, und mit den Jahren ist es vor allem der Größe nach eines der wichtigeren geworden.
Man leistetet sich nun erstmals Dolmetscher, wo früher Studenten aushelfen durften, ruft bei einer örtlichen Agentur an, vergibt den Auftrag. Das Problem: die Firma hat noch nie mit Kinomachern zusammengearbeitet, und auch beim Festival sind viele neue Mitarbeiter da, weil Festivals meist unterfinanziert sind. Und niemand denkt daran, Erfahrungen anderer Festivals mit Sprachmittlern auszuwerten, denn das Dolmetschen unterschätzen leider fast alle.
Dann steht eines Nachmittags ein arabischsprachiger Film auf dem Festivalprogramm. Die Korrespondenz mit der Regisseurin hatte bislang auf Englisch stattgefunden, es ging um Themen wie An- und Abreise und Kopientransport.
Jetzt soll im Anschluss an die Aufführung über den Streifen diskutiert werden. Die Moderatorin reckt den Hals und hält nach dem Dolmetscher Ausschau. Aber niemand kommt. Nachdem Regisseurin und Moderatorin eine Weile lang stumm ins Publikum geschaut haben, erklärt die Vertreterin des Festivals nicht ohne die entsprechende Zerknirschung spontan ihr Problem. Eine Studentin aus dem Publikum erbarmt sich und bietet sich als Englisch-Dolmetscherin an. Dabei stellt sich heraus, dass die Regisseurin über basic travel english hinaus dieser Weltsprache gar nicht mächtig ist. Niemand hatte im Vorfeld die Regisseurin gefragt, in welcher Sprache sie das Publikumsgespräch führen wolle und niemandem war aufgefallen, dass sie in Paris studiert hatte ... Worauf eine zweite Studentin einspringt, eine junge Französin, mit besser entwickelten Englischkenntnissen. Jetzt wird nach dem Kettenprinzip Französisch->Englisch->Deutsch gedolmetscht. Leider bleiben Stille-Post-Effekte nicht aus, was beim Publikum auf Unmut stößt. Da steht eine weitere Zuschauerin auf, man versucht es also zu dritt ...
Und der Dolmetscher währenddessen? Ich hatte ja eingangs von einer Firma gesprochen, die mit der Kommunikation beauftragt worden war. Der Dolmetscher sitzt indes seelenruhig in der Dolmetscherkabine neben dem Projektionsraum. Ihm wurde erzählt, dass die Vorführung mit Verspätung gestartet war, ergo geht auch das Gespräch später los. Die Dolmetschanlage fürs Simultane hat er bereits hochgefahren, jedoch ist noch alles stumm und auch der Monitor neben der Anlage ist noch schwarz, über den sonst Bilder aus den anderen Kinosälen übertragen werden, denn nicht jeder Kinosaal verfügt über eine Kabine. Und durch die Glasscheibe hindurch sieht er im Zuschauerraum auf eine Podiumsdiskussion mit mehreren Teilnehmern, bei der das Mikrophon überraschend oft hin- und herwandert ...
In die Dolmetscherkabine hatte ihn die Abendspielleitung des Kinosaals gesetzt. Letztendlich war die Sache kein großer Verlust, der Kollege war Dolmetscher für - Englisch.
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P.S.: Natürlich hatte das Festival meine Marketing-Mail erhalten, in der ich auch Fortbildung anbiete, und ich kannte die Festivaldirektorin sogar persönlich ...
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