Sonntag, 18. Dezember 2022

Kalte Pracht

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ein­blicke in das Le­ben einer Sprach­ar­bei­te­rin kön­nen Sie hier er­hal­ten. Ich bin Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che mit Deutsch als Mut­ter­spra­che. Ich über­set­ze auch aus dem Eng­li­schen, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Spra­che. Ab und zu wer­de ich hier privat: Sonn­tags­fo­tos!

Berlin ist mal wieder die Haupt­stadt der Zucker­bäcker. Be­vor es in den nächs­ten Tagen frühlings­haft wird, un­se­re Mut­ter erzählt uns immer vom Hoch, das sich in der Re­gel um den 20. Dezember in Mit­tel­eu­ro­pa zeigt, genie­ße ich die Ruhe der win­ter­lichen Groß­stadt­natur. Ich wünsche all­seits ein schö­nes Jahres­ende!

Winterstimmung am Ufer des Landwehrkanals
Ein Idyll trotz gestutzter Bäume und Vervierfachung der Mobilfunkantennen in zehn Jahren


 
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Foto:
C.E.

Freitag, 16. Dezember 2022

Winter- und Kältegedanken

Hier bloggt eine Dolmet­sche­rin und Überse­tzerin. Als Sprach­ar­bei­te­rin komme ich stän­dig mit einer großen Bandbreite von The­men in Be­rüh­rung. Das ist ein Glück. Ich lerne oft mit Men­schen ken­nen, die Lö­sungen ent­wickelt ha­ben. Zu se­hen, wie quä­lend lang­sam sie an­schlie­ßend umgeset­zt werden, ist eine Last.

Morgenstimmung am Markt
Minus neun Grad am Morgen. Böse Fragen werden gerde laut: Ist Petrus et­wa ein Pu­tin­freund? Eisige Kälte liegt über Nord­europa. Meine Gedan­ken gehen an alle ohne Wärme und feste Wände, von Ost­europa über die Ob­dach­lo­sen bis hin zu den Markt­mitar­bei­ter:innen, die wenigs­tens am Abend in feste, warme Häuser zu­rück­keh­ren dür­fen.
Was können wir tun? DHL liefert derzeit gra­tis Spen­den­pa­kete in die Ukraine, ich hab mich einer Nach­ba­rin an­ge­schlos­sen und Inhalt geliefert. Grund­sätzlich: Diese Tem­pe­ra­turen sind schnell lebens­gefährlich. Es ist daher wichtig, dass wir anderen immer die Nummer des Kälte­bus­ses parat haben, beson­ders am Abend. Sonst kön­nen wir mit kleinen Gesten helfen.

Die Obdach­lo­sen brauchen war­me Klei­dung, Heiß­ge­tränke, immer wieder gehe ich zu Gemüse­schnip­pel­aben­den, wo Eintopf aus dem Gemüse ent­steht, das die Le­bens­mit­tel­stän­de des Markts am Abend ge­spen­det haben.

Ein weiterer gelisteter Baum ist weg

Anschließend geht es auf Verteilrunde, par­tir en ma­raude sagen die Franzosen dazu. Les ma­raudes au­près des per­sonnes SDF, Obdach­lose auf­suchen gehen.
Die SDF sind die per­son­nes sans do­mi­cile fixe, Mens­chen ohne stän­digen Wohn­sitz, auch sans-abri ge­nannt, "ohne Schutz", und das Wort maraude stammt aus dem 30-jährigen Krieg, als die kampf­unfäh­ig­en Soldaten marodierend durch die Ge­gend zogen und, da sie keinen Sold mehr be­ka­men, geplün­dert ha­ben, um zu über­le­ben.

Wörter haben so ihre Ge­schichte und Ent­wick­lung. So heißt die maraude auch je nach Kon­text im zivilen Leben "Mund­raub" oder "nach Kund­schaft Ausschau halten".

Grund­sätz­lich ist das alles nur Was­ser auf heiße Steine oder, der Jahres­zeit an­ge­passt, ein Eis­kris­tall im Kanal. Wir leis­ten uns eine Poli­tik, die es zehn Pro­zent der Ge­sell­schaft er­laubt, mehr als zwei Drittel des gesam­ten Vermögens ihr eigen zu nennen (70 Prozent davon sind ältere Män­ner). Und eine Politik, die nicht längst in großem Stil Wohnungen baut für Ob­dach­lo­se, Kriegs­wai­sen, kin­der­reiche Fa­mi­lien und Men­schen, die aus schlech­ten, über­teu­er­ten Wohn­ver­hält­nis­sen nicht raus­kom­men.

Menschen in Ob­dach­lo­sig­keit zu halten kostet mehr, als ihnen Wohn­raum zu ver­schaffen, das wissen wir längst durch Zahlen­vergleiche, und dass die Erst­ver­sor­gung mit Wohn­raum der bessere Weg ist, als von den Ob­dachlo­sen in diesem Kon­text z.B. den Entzug von Drogen als Voraussetzung zu erwarten. (Letzteres ist ein­fach nur sa­dis­tisch.) 

Am Ufer eine Hütte
Denn auf­su­chende Sozialarbeit, Notarzt­ein­sätze, Kältebus, Not­un­ter­künfte, die gesamte Kri­sen­­ver­­wal­tung ist aufwändig und teuer. Das vor Jahr­zehn­ten in den USA und Finnland ent­wickelte vorbildhafte Projekt "Housing first" hat bewiesen, dass einfache Woh­nungen mit dem Ange­bot einer be­darfs­an­ge­pass­ten Be­treu­ung der beste Weg aus dem Leid sind und dass die Menschen fast ausnahsmlos so in den Alltag zurück­finden. 

Das Modell wurde dann auch noch ein weiteres Mal in Berlin erprobt. Die Erfah­rungen wurden bestätigt. Und jetzt ist es an uns, die wir mit dem Al­ler­wer­tes­ten in der warmen oder nicht ganz so warmen Bude hocken, wir sparen ja alle Energie, Druck auf die Politik aus­zu­üben.

Und noch eine Bitte: Sammeln Sie Einweg­besteck aus Plastik oder aus Holz, das lässt sich prima spülen, geben Sie dieses zur Wei­ter­nut­zung an Menschen weiter, die sich für die Ob­dach­losen engagieren.

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Fotos: C.E.

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Alltagssounds

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ich bin Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che mit Deutsch als Mut­ter­spra­che und blogge hier seit 2007. Ich über­set­ze auch aus dem En­g­li­schen, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Sprache. Wie arbeiten und lernen wir Dolmetscher:innen? Durch regelmäßige Aktivierung unseres Wissens. Dabei spielt die Akustik eine große Rolle.

Am spä­teren Abend knirscht und knackt, klirrt und kracht es, als sich ein Ausflugs­dam­pfer durch die Ei­sschicht vor dem Fenster hin­durch­ar­bei­tet. Was für ein sel­te­ner Wintersound!

Akzente und Sprachen sind für uns "ange­wandte Lin­guisten" wichtig, Geräu­sche und Klänge aber auch. 

Ich mag den Wochen­markt unten auf der Straße, der diens­tags und freitags vom späten Vormit­tag bis halb sechs, sechs Uhr seine Kun­den an­zieht. Und ich lie­be es, wenn in wär­meren Mona­ten Wort­fet­zen durch die offe­ne Balkon­tür rein­flie­gen, wenn Pizza­bäcker Luigi sich laut­stark mit einem anderen Ita­lo­phonen unter­hält, die fran­zösische Eierfrau dem Men­schen vom Stand schräg vis-à-vis, der fran­zö­si­sche Spe­zia­li­täten an­bie­tet, einen guten Mor­gen wünscht, auf alltäglich, real ge­spro­chenem Fran­zö­sisch würde man üb­ri­gens eher sagen la per­sonne du stand en face. Oder sie tauscht sich mit den Leu­ten vom Käse­wagen aus: der Chef spricht die­ses Idiom, ei­ner der Mitar­beiter kommt aus Frank­reich; nicht zu ver­gessen die Frau­en aus der asia­ti­schen Gar­küche (genauer weiß ich es nicht zu be­nennen), deren Idiom so hell klingt.

Und auch die Musiker:innen bes­chwin­gen meinen oft einsa­men Büro­alltag, meis­tens zu­min­dest. Manch­mal stehen sie einige Dutz­end Meter aus­ein­ander, spielen um die Wette, und bei uns kommt ein ka­ko­phoner Mix an.

Span­nend für Ler­nen­de und Leh­ren­de
Wichtig sind für mich auch Pod­casts, die ich zum Bei­spiel bei mei­nen mit­täg­li­chen Wan­der­touren höre oder in der Küche.
Ganz oben stehen die Pro­gram­me meiner Leib- und Ma­gen­ra­dio­sen­der, als da wä­ren France Cul­ture und BBC4. Spa­ßes­halber sage ich dazu immer, ich müsse "Spra­che nach­fül­len". Was für ein Glück, dass das heu­te so ein­fach ist: In die Jacken­ta­sche passen in­zwi­schen ganze Welt­kul­turen!
Und hier ein Hör­tipp für Men­schen mit mittel­guten und bes­se­ren Eng­lisch­kennt­nissen, die noch Luft nach oben bei sich verspüren. Mein ab­so­lu­ter Lieb­lings­vo­kabel­er­klärer ist Luke Thomp­son, be­son­ders mag ich die Short Stories zum Mit­le­sen. Luke's Eng­lish Pod­cast hab ich spät ent­deckt, dafür mit umso mehr Be­geis­te­rung. Er ist unge­fähr so lange ak­tiv wie ich mit dem Blog­gen ... und bei Epi­so­de num­ber 800. Have fun!

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Foto: YouTube, hier Lukes Webseite

Mittwoch, 14. Dezember 2022

Panta rhei

Bon­jour & hel­lo! Sie lesen hier ein digitales Ta­ge­buch aus der Welt der Spra­chen, das es seit 15 Jah­ren gibt. Ich über­setze ins Deut­sche und dol­met­sche bila­te­ral Franzö­sisch/Deutsch. Gerade bin ich im winter­lichen Bo­xen­stop zu­hause.

Die Baum­pfle­ger kürzen wei­te­re Bäume an der ande­ren Ufer­sei­te, man­che bis auf den Stumpf, es ist herz­zer­rei­ßend. Es wird in Ber­lin nicht in dem Ma­ße nach­ge­pflanzt, wie es das Gesetz auf­gibt.

Zwei von Bibern angefressene Bäume, die gestutzt worden sind
Der erste blaue Himmel seit Wochen

Junge Bäume müssen min­des­tens drei Jahre lang regel­mäßig ge­pflegt und gegos­sen wer­den. Dafür scheint Berlin kein Personal zu haben. Und wo kein Kläger, da kein Rich­ter: Niemand setzt sich mit den un­ter­las­se­nen Pflan­zun­gen ausein­ander, außer viel­leicht hier und dort Anrainer, die auch Bäume pfle­gen — und gegen jene Be­hör­den hier schon ermit­telt haben, da Nach­barn Gieß­was­ser aus dem Kanal ge­nommen hatten ... 

Nun gibt es Zei­ten im Jahr, in denen es verboten ist, den Fließ­ge­wäs­sern Was­ser zu ent­neh­men, ver­ständ­li­cher­weise, aber hier war es eine Frage der Güter­ab­wägung. Al­so Bäu­me ge­ret­tet, Stra­fe per Crowd­fun­ding ge­zahlt, Kro­ne ge­rich­tet, weiter­gegan­gen, Kopf ge­schüt­telt.

Dieses Jahr kamen die Biber hinzu, die sonst in einigen Kilo­metern Ent­fer­nung le­ben. Der Nach­barin zufolge weiten sie ihren Aktions­raum aus, wenn ihr Nah­rungs­an­gebot nicht aus­reicht. Logisch. Und wieder sind es hier zwei Bäume weniger.

Inzwischen merken alle, dass in der Region das Wasser knapp ist. Das er­scheint paradox, denn hier gibt es an allen Ecken Seen und Wasser­läufe, allein in Bran­den­burg mehr als 3000 Seen. Was ja der un­in­for­mierte Chef von Tesla damals auch ge­meint hat, als er sein Werk an der Ber­liner Stadt­grenze irgendwie durch­ge­drückt hat (übrigens im Was­ser­schutz­ge­biet, in dem keine Privat­person eine Bau­ge­neh­mi­gung bekommt).

Berlin liegt in einem Ur­strom­tal, une vallée glaciaire, deren Ausläufer, wie ich neulich beim Dol­metsch­ein­satz ge­lernt habe, bis nach Warschau rei­chen. Ei­gent­lich läuft hier also viel Wasser zusam­men. Noch bietet das Grund­was­ser, la nappe phré­atique, der Stadt genügend Nach­schub, um die Berliner mit unge­chlortem Trink­wasser zu versorgen. Wir trinken hier Grund­was­ser, angereichert durch Ufer­fil­trat, le fil­trat de rive, das mehrfach gefiltert wird.

Es wäre auch ungefil­tert trinkbar, wie ich zusammen mit einer Dele­gation aus Tu­ne­sien erfah­ren habe. Schul­kinder, die auch das Wasser­werk besuchen, qualifi­zie­ren den Nach­ge­schmack des Rohwas­sers übri­gens so: "Das Wasser schmeckt nach Tür­klin­ke!" oder: "Das Wasser schmeckt nach Nagel!" Ferrum halt. Die Ver­gleiche haben alle erfreut.

Die identischen Wasser­moleküle in ihrem natür­lichen Kreis­lauf kommen übrigens bei uns Berliner:innen alle 25 Jahre erneut vorbei. In anderen Worten: Ich sollte im Sommer das Wasser ge­trun­ken habe, das bei meinen Einzug hier am May­bach­ufer bereits ein erstes Mal durch mich hin­durch­ge­flos­sen ist! Und doch, so Heraklit, baden wir nicht zweimal in demselben Fluss, also trinken wir auch nicht zweimal dasselbe Wasser.

Zurück ins Hier und Heute: Das Thema Schwamm­stadt ist eine der Lösungen der Zeit, der all­täg­li­che Um­gang mit Wasser ein anderer Aspekt. Derzeit steigt der Wasser­ver­brauch, was in Brandenburg am Run auf die Pools liegt. Unverständlich, dass nicht seit Jahr­zehn­ten stan­dard­mä­ßig Regen-, Dusch- und Wasch­ma­schi­nen­was­ser, Grau­wasser genannt, eaux grises, separat gesam­melt und ge­nutzt wird, Regen­was­ser aus Zis­ter­nen für Gießwasser, andere Grau­was­ser für die Toilet­ten­spü­lung.

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Foto: C.E.

Dienstag, 13. Dezember 2022

Reiserückblick: Essen

Hel­lo, bon­jour, gu­ten Tag! Ich bin Dol­met­sche­rin für die fran­zö­si­sche Spra­che mit Deutsch als Mut­ter­spra­che und blogge hier seit 2007. Ich über­set­ze auch aus dem En­g­li­schen, die Bü­ro­kol­le­gin über­setzt in die eng­li­sche Sprache. Berufs­be­dingte Reisen bringen manch­mal uner­war­te­te Heraus­forde­run­gen mit sich.

Wer Dienst­reise sagt, sagt Hotelfrühstück und Restaurant. Ich merke, wie nach zwei Wochen Ernäh­rung mit Lebens­mitteln aus dem konven­tio­nellen Agrar­bereich meine Neuroder­mitis auf­flammt. Genau diese Neuro­der­mitis hat dazu ge­führt, dass ich beizeiten über Ackergifte und Wasser- und Boden­ver­schmut­zung sowie Öko­land­bau nachzu­denken begon­nen habe. Diese Themen gehören heute als Dol­met­sche­rin zu meinen Lieb­lings­themen.

Mich wundert, dass es in meinen Arbeits­län­dern, obwohl immer mehr Men­schen zu Lebens­mit­teln mit Öko­labeln greifen, noch immer kaum Bio-Restau­rants oder Bio-Hotels gibt. Die Kosten für acker- und natur­scho­nen­de Produkte waren schon immer ein wenig teurer als die der indus­tri­el­len Land­wirt­schaft. Da Letzte­re mit hohen Preisen für Dünge- und ähnliche Betriebs­mittel kämpfen, auf Fran­zö­sisch les intrants, die Bio­szene aber nicht, ist der Preis­abstand geringer ge­wor­den. Und grund­sätzlich habe ich mal gelernt, dass der Ma­terial­einsatz oh­ne­hin nur 25 Pro­zent des Endpreises ausmacht. Hier verringern sich die oben erwähnten "Pfen­nig­"un­ter­schie­de ein weiteres Mal.

Absurd: Die Leute kaufen aufgrund der allgemeinen, von Ener­gie­mo­no­po­len ge­trie­be­nen Teuerungskrisen ihre Biolebensmittel vor allem in Super­märkten, wäh­rend immer mehr eigen­tü­mer­ge­führ­te Bio­läden Insol­venz anmel­den müssen. Jene, die das nötige Geld haben, und das sind trotz alledem viele, sollten den Einzel­handel stabil halten, denn Markt­kon­zen­tra­tio­nen ha­ben noch nie Gutes gebracht, QED.

Zurück ins Beher­ber­gungs­we­sen: Bio­ho­tels finde ich online maximal in ir­gend­wel­chen schö­nen, ländlichen Gegen­den, wo die Lebens­mittel z.T. auch vor Ort ange­baut werden. In Städten und touris­ti­schen Gegenden ist das eine Markt­lücke.

Bis die­se Lücke ge­schlos­sen ist (Hal­lo, De­ho­ga!), suche ich mir in den Hotel­buffets raus, was ich eini­ger­maßen zu ver­tra­gen hoffe. Darun­ter ist Müsli, das ver­mutlich Zucker­zusätze hat, Frucht­jo­ghurt aus der großen Schale, der mit che­mi­schen Zu­sät­zen auf­be­rei­tet wurde, Bröt­chen aus der Teig­ling-Feig­ling-Auf­back-Sphä­re, Kä­se von Kü­hen in An­bin­de­hal­tung.

Mal sehen, wie lan­ge es braucht, bis sich die Haut wie­der be­ru­higt hat. Ich reise be­reits mit dem eigenen Kopf­kis­sen und nein, ich möch­te nicht auch noch meine Lebens­mit­tel mitneh­men müssen.

Draufsichten: Frühstücke mit Käse, Obst, Gemüse, Graubrot, Croissants, Kaffee ...
Berliner Frühstückskultur


Schwierig bis unmöglich ist übrigens die Obstmah­lzeit auf Reisen: In den Hotels wird nur Tot­ge­spritz­tes ange­bo­ten, in einen Bio­la­den kommen wir bei eng ge­tak­te­ten Dienst­rei­sen nicht so einfach mal rein. 

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Fotos: C.E. 

Montag, 12. Dezember 2022

Rückblick 2022 (2): Pandemie

Wie Über­setzer:in­nen und Dol­met­scher:in­nen ar­bei­ten, erfahren Sie hier. Meine Arbeits­sprachen sind Fran­zö­sisch und Deutsch (Mutter­sprache) sowie Englisch. Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Zu nur einem Rück­blick bin ich nicht fä­hig, dazu ist die La­ge zu kom­plex.

Noch ist die Covid-19-Pan­de­mie nicht vor­bei. Ich war bis­lang drei Mal infi­ziert: Ja­nu­ar 2020 noch als "aty­pi­sche Vi­rus­in­fek­tion" attes­tiert mit den be­kann­ten Symp­to­men, nur Ge­ruchs- und Ge­schmacks­ver­lust tra­ten zeit­ver­setzt ein, die Blut­pro­be ist leider ver­worfen; dann Sep­tember 2021 mit dem Rei­se­mit­brin­gsel ei­ner Sport­freun­din, die in der Bre­tagne war, zu­letzt No­vem­ber 2022 mit Omi­kron.

Maximale Personenanzahl im Raum: 25
An der Tür eines Kon­fe­renz­raums
Den ersten und den jüngsten Durch­lauf habe ich mir höchs­wahr­schein­lich in der Dol­met­scher­ka­bine ge­holt. Al­lei­ne der Ge­danke an den Arbeits­ort stresst mich jetzt. Jetzt pla­ne ich den Er­werb ei­nes klei­nen Luft­fil­ters für die Hand­tasche.
2022 war ein inten­sives Jahr. Es ging mit einem langen Lock­down los. Im Februar hat dann Russ­land die Ukraine über­fal­len, es folgten Sa­bo­ta­ge­akte an den Gas­pipe­lines, die Ener­gie­kri­se und die an­hal­ten­de In­fla­tion. Im Beruf war es lan­ge still. Ich hat­te Glück im Un­glück und durf­te re­la­tiv re­gel­mä­ßig nach NRW rei­sen, um auf einer Bau­stel­le zu dol­met­schen. Mein beim zweiten Co­vid­durch­lauf er­hus­te­ter, nicht ope­ra­tions­pflich­ti­ger Leis­ten­bruch hat bis in den Früh­sommer |ge­muckert| ge­schmerzt.

Und nein, bei fünf Grad Cel­sius auf einer Bau­stelle zu dol­met­schen und nach an­dert­halb Stun­den den Rücken zu spüren, ist keine Freude. Korsett, Ent­span­nungs­übun­gen, sanftes Joga, viel schla­fen, gut essen — in Sa­chen Selbst­für­sor­ge hatte ich Auf­gaben zu erledigen.

Irgendwann ging dann das nor­male Dolmetsch­jahr los und hat uns auf Trab ge­hal­ten, al­ler­dings nicht immer zu den vollen Sätzen. Wir arbeiten seit Jahren im Team für et­li­che Vereine und Initia­ti­ven des kultu­rel­len Aus­tauschs und der Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit, die zwei Jahre lang keine Mit­glie­der­ver­sammm­lungen ab­ge­hal­ten hat­ten. Da­mit die­se wie­der rich­tig of­fi­ziell ak­tiv wer­den und För­der­gelder bean­tra­gen können, gab es et­li­che kaum finan­zier­te Meetings. Dol­met­sche­rin­nen sind mit­un­ter auch Er­mög­li­che­rin­nen.

Was erwartet uns 2023? "Wenn du weißt, was die Zu­kunft bringt, hast du schlechte Infor­man­ten", sagte mir Sep­tem­ber 1989 ein Leip­zi­ger Opti­ker. Ich den­ke in der letz­ten Zeit häu­fi­ger an dieses groß­ar­tige Zitat.

Die Energie­krise geht einher mit fort­ge­setz­tem CO2-Auf­wuchs in der Atmos­phä­re und der Biodi­ver­si­täts­kri­se. Die Ver­zweif­lung der jungen Men­schen, die der­zeit viel de­mons­trieren, teile ich. Zugleich weiß ich, dass wir starke, gute Alter­na­ti­ven sicht­bar machen müs­sen. Es gibt Aus­wege in eine ge­sun­de, schöne Zu­kunf­t. Dafür werden wir an die Subs­tanz unserer Weltan­schau­un­gen ran­müssen. Und wir brauchen wie­der einen po­si­ti­ven Blick auf die Wis­sen­schaft und auf unsere ei­ge­ne Un­wis­sen­heit, mehr Be­schei­den­heit, Ein­sicht in die ei­ge­nen Gren­zen, De­mut, Of­fen­heit und Neu­gier und Bil­dungs­opti­mis­mus.

Wich­tig ist auch, tä­tig zu wer­den, nicht dem Ge­sche­hen ausge­lieferte Opfer zu sein, son­dern ak­tiv das Le­ben zu ge­stal­ten.

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Foto: C.E.

Sonntag, 11. Dezember 2022

Am Wasser gebaut

Aus dem Arbeits­alltag einer Dol­met­scherin können Sie auf diesen Seiten einiges er­fah­ren. Meine Mutter­sprache ist Deutsch, ich arbei­te über­wie­gend mit Fran­zö­sisch und Eng­lisch. Ins Eng­li­sche über­setzt die Büroko­llegin, die aber, genau­so wie ich, nicht durch­gehend da ist. (Kunden auf der Suche nach Do­ku­men­ten­über­set­zung: Wir bieten Termine nach Ab­sprache an. Bitte sen­den Sie uns eine Mail.) 

Sonntagmorgen in Berlin
Es ist kalt in Berlin, und diese drei las­sen die Mama (oder den zwei­ten Papa) ausschlafen (das ist ja manch­mal unklar). Möwen krei­sen über der Brücke. Eben hat noch ein Pas­sant Brot­stücke ins Was­ser gewor­fen und ist dann wei­ter­ge­gan­gen, laut kom­men­tie­ren die En­ten das im Wett­kampf mit den schim­pfen­den Spat­zen im Busch. Die ein­jäh­ri­gen, noch grau­braun­en Schwä­ne üben sich in Eleganz.

Die Älteren, ein rein­weißes Schwa­nen­paar fliegt den Kanal entlang, der Wind streift durch die Fe­dern und es er­klingt das typi­sche Pfei­fen. Hoch und spitz ruft ein Vogel, den ich nicht kenne, von einem Dach­first.

Nach Wochen der Krank­heit und Dienst­reisen bin ich Sonn­tag­früh zum Crois­sant­kau­fen draußen. Links am Ufer fällt der Tribut ins Auge, den unsere Nach­bar­schaft die­ses Jahr an die Trocken­heit be­zahlt hat und weiter bezahlen muss. Hier feh­len gleich meh­rere Bäume in Serie, die auf­grund des sin­kenden Grund­was­ser­spiegels sogar am Rand eines Was­ser­laufs ver­durs­ten. Im Bundesland rund um Berlin sind durch die Trocken­heit jetzt nahezu alle Bäu­me aus­nahms­los ge­schädigt. Vor der Fünf­jah­res­trocken­heit wa­ren noch 40 Prozent ge­sund gewe­sen.

Bei den Ein­sätzen ging es viel um Was­ser und ums Klima. (Einige zu den Ter­mi­nen ge­hö­ren­de Nacht­räge wer­den fol­gen.)

Wie gut, dass mir schon als Erst­se­mes­ter­stu­den­tin mit Teil­zeit-Au-Pair-Job in einer Fa­mi­lie in Fleisch und Blut über­ge­gan­gen ist, dass das Was­ser auf Fran­zö­sisch weib­lich ist.

Vokabel­liste 
cours d'eau, le — Wasserlauf (oder auch Bach), der
ru, le (veraltet oder regional) — Bach, der
ruisseau, le — Bach, der
rivière, la — Fluss, der
fleuve, le — Strom (ein großer Fluss, der ins Meer mün­det), der
canal, le — Kanal, der
mer, la — Meer, das
océan le — Ozean, der oder Welt­meer, das
eau, la — Wasser, das

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Foto: C.E.

Freitag, 9. Dezember 2022

Upcycling: Furo­shiki

Hallo, hier bloggt seit 2007 eine Über­set­ze­rin und Dol­met­sche­rin. Die Kon­gress­sai­son ist zuende, das Jahres­ende gehört der Familie, dem Zuhause, den Bü­chern. Wer im Beruf viel zu Um­welt­the­men ar­bei­tet, orien­tiert sich auch pri­vat um.

8000 Tonnen Geschenk­pa­pier wan­dern jedes Jahr in der Ge­schenk­saison am Jah­res­en­de in die Müll­ton­ne. Viele sind mit gif­tigen Farben, Glit­ter und Lacken be­druckt, so dass sie in die schwarze Tonne gehö­ren, KEINESFALLS in die Papier­tonne.

Nähmaschinen, Stoff, genähte Geschenkverpackungen
Julia fotografiert ihren Arbeitstisch
Ein Weg aus dem Dilemma sind wie­der­ver­wert­ba­re Ge­schenk­tü­cher. Dazu lassen sich Stoff­reste verwenden, aber auch alte, ka­put­te oder kom­plett aus der Mo­de ge­kom­mene Klei­dungs­stücke, sofern der Stoff gut genug ist.
Angefangen hat damit vor Jahr­zehn­ten unser Vater, indem er alte, weiße Stoff­ser­viet­ten da­zu be­nutzt hat. Mit Fa­mi­lien­neu­zu­gän­gen kehr­te das Ge­schenk­pa­pier zurück.

Heute nähe ich Geschenktücher aus bun­ten Stoff­res­ten. Aus Är­meln al­ter Blu­sen oder Her­ren­hemden las­sen sich mit wenig Nähten Beutel für kleine Geschen­ke her­stel­len. Die Schwan­ger­schafts­bluse unserer Mama, in der sie ihren Zwil­lings­bauch getragen hat, wurde Jahr­zehn­te später zu großen Ge­schenk­tüchern und kleinen -beuteln. Wer kei­ne Zeit zum Um­nähen hat, nutzt eine Zickzack­schere: die Kante mit dem Zahn­muster franst lang­samer aus als eine gerade Kante.

Japa­ner kennen diese Me­thode seit Ewig­keiten, und nennen ein quadratisches Ge­schenk­tuch Furo­shiki, was aus den ja­pani­schen Wörtern für "Bad" (furo) und Tuch" (shiki) zusam­men­ge­setzt wurde. Im Tuch wurden einst Toi­let­ten­uten­si­lien ins öf­fent­li­che Bad ge­tra­gen. Bei der Größen­be­stim­mung der Tücher hilft der Grund­satz, dass das Geschenk etwa ein Drittel der Dia­go­nalen des Furo­shiki aus­ma­chen soll. Lose En­den werden ein­ge­schlagen, andere ver­kno­tet, fer­tig ist das Geschenk mit Tra­ge­griff.

So ortho­dox sind unsere unter­schied­lich großen Geschenk­tücher nicht. Auch Stoff­bänder können die Stoff­en­den zusam­men­halten. Wieder andere Beutel stammen aus dem "Sei­ten" von alten Mus­ter­bü­­chern eines Raum­aus­stat­ters.

Die Idee ist um­welt­freund­lich und prak­tisch. Ich habe aus größeren Tüchern schon Einkaufs­taschen geknotet, sie waren beim Pi­cknick als "Tisch­deck­chen" und klei­ne­re als Ser­vi­et­ten genutzt worden; auf dem Rück­weg kauften wir etwas auf dem Markt ein und hatten keine Ein­kaufs­tasche dabei.

Dieses Jahr werde ich ein altes Chintz-Kleid zer­schnei­den, das nicht nur komplett aus der Mode ist, son­dern beim letzten Ball­ein­satz, einer Mottoparty "80-er Jahre", un­rett­bare Schä­den be­kom­men hat, Löcher und Risse. (Ich sage nur Uralt­ses­sel und Stahl­federn, die sich durch Stof­fe boh­ren! Es wurde zum Glück nur Stoff verletzt.)

Dafür wurden Geschenk­tücher aus dem Stoff, der einst den Zwil­lings­bauch einge­hüllt hat, für das auf­ge­ar­bei­te­te Pup­pen­holz­bett von 1900 zu Kopf­kis­sen- und Bett­be­zü­gen umgenäht, die 3. Ver­wen­dung ein- und der­sel­ben Textilie!

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Foto: C.E., Danke an Julia von
JOVIUS Reworked Vintage