Freitag, 9. Dezember 2022

Upcycling: Furo­shiki

Hallo, hier bloggt seit 2007 eine Über­set­ze­rin und Dol­met­sche­rin. Die Kon­gress­sai­son ist zuende, das Jahres­ende gehört der Familie, dem Zuhause, den Bü­chern. Wer im Beruf viel zu Um­welt­the­men ar­bei­tet, orien­tiert sich auch pri­vat um.

8000 Tonnen Geschenk­pa­pier wan­dern jedes Jahr in der Ge­schenk­saison am Jah­res­en­de in die Müll­ton­ne. Viele sind mit gif­tigen Farben, Glit­ter und Lacken be­druckt, so dass sie in die schwarze Tonne gehö­ren, KEINESFALLS in die Papier­tonne.

Nähmaschinen, Stoff, genähte Geschenkverpackungen
Julia fotografiert ihren Arbeitstisch
Ein Weg aus dem Dilemma sind wie­der­ver­wert­ba­re Ge­schenk­tü­cher. Dazu lassen sich Stoff­reste verwenden, aber auch alte, ka­put­te oder kom­plett aus der Mo­de ge­kom­mene Klei­dungs­stücke, sofern der Stoff gut genug ist.
Angefangen hat damit vor Jahr­zehn­ten unser Vater, indem er alte, weiße Stoff­ser­viet­ten da­zu be­nutzt hat. Mit Fa­mi­lien­neu­zu­gän­gen kehr­te das Ge­schenk­pa­pier zurück.

Heute nähe ich Geschenktücher aus bun­ten Stoff­res­ten. Aus Är­meln al­ter Blu­sen oder Her­ren­hemden las­sen sich mit wenig Nähten Beutel für kleine Geschen­ke her­stel­len. Die Schwan­ger­schafts­bluse unserer Mama, in der sie ihren Zwil­lings­bauch getragen hat, wurde Jahr­zehn­te später zu großen Ge­schenk­tüchern und kleinen -beuteln. Wer kei­ne Zeit zum Um­nähen hat, nutzt eine Zickzack­schere: die Kante mit dem Zahn­muster franst lang­samer aus als eine gerade Kante.

Japa­ner kennen diese Me­thode seit Ewig­keiten, und nennen ein quadratisches Ge­schenk­tuch Furo­shiki, was aus den ja­pani­schen Wörtern für "Bad" (furo) und Tuch" (shiki) zusam­men­ge­setzt wurde. Im Tuch wurden einst Toi­let­ten­uten­si­lien ins öf­fent­li­che Bad ge­tra­gen. Bei der Größen­be­stim­mung der Tücher hilft der Grund­satz, dass das Geschenk etwa ein Drittel der Dia­go­nalen des Furo­shiki aus­ma­chen soll. Lose En­den werden ein­ge­schlagen, andere ver­kno­tet, fer­tig ist das Geschenk mit Tra­ge­griff.

So ortho­dox sind unsere unter­schied­lich großen Geschenk­tücher nicht. Auch Stoff­bänder können die Stoff­en­den zusam­men­halten. Wieder andere Beutel stammen aus dem "Sei­ten" von alten Mus­ter­bü­­chern eines Raum­aus­stat­ters.

Die Idee ist um­welt­freund­lich und prak­tisch. Ich habe aus größeren Tüchern schon Einkaufs­taschen geknotet, sie waren beim Pi­cknick als "Tisch­deck­chen" und klei­ne­re als Ser­vi­et­ten genutzt worden; auf dem Rück­weg kauften wir etwas auf dem Markt ein und hatten keine Ein­kaufs­tasche dabei.

Dieses Jahr werde ich ein altes Chintz-Kleid zer­schnei­den, das nicht nur komplett aus der Mode ist, son­dern beim letzten Ball­ein­satz, einer Mottoparty "80-er Jahre", un­rett­bare Schä­den be­kom­men hat, Löcher und Risse. (Ich sage nur Uralt­ses­sel und Stahl­federn, die sich durch Stof­fe boh­ren! Es wurde zum Glück nur Stoff verletzt.)

Dafür wurden Geschenk­tücher aus dem Stoff, der einst den Zwil­lings­bauch einge­hüllt hat, für das auf­ge­ar­bei­te­te Pup­pen­holz­bett von 1900 zu Kopf­kis­sen- und Bett­be­zü­gen umgenäht, die 3. Ver­wen­dung ein- und der­sel­ben Textilie!

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Foto: C.E., Danke an Julia von
JOVIUS Reworked Vintage

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