Marius Liefold, verdolmetscht von der Kollegin |
Er meinte indes, dass wir Dolmetscher und Übersetzer in fünf bis zehn Jahren nichts mehr zu tun haben würden. Gar nichts mehr.
Mal unter uns: Das wüsste ich. Ich habe hier Bücher aus den 50er, 60er und 70er Jahren, in denen genau das akkurat von Wissenschaftlern angekündigt worden ist. Nämlicher Gesprächspartner von neulich meinte auch, es werde bald keine Ärzte mehr geben.
In der Tat haben wir neulich Gespräche zu einem Diagnosekoffer verdolmetscht, der die medizinische Lage in entlegenen Regionen verbessern soll. Das Ergebnis der Anamnesefragen und grundlegenden Testverfahren war dann: a) alles gut, b) kommen Sie in einer Woche wieder, wir beobachten das, c) gehen Sie sofort zum Arzt.
Sagen wir's mal so: Die verbesserten Analyseverfahren und sogar OP-Roboterarme helfen sehr. Indes sind sie wieder "nur" ein Quantensprung in Diagnostik und Behandlung. Ich muss an das hölzerne Stethoskop meines Großvaters denken, das dessen Nachfolger nicht übernommen hat, sonst wäre es in meinen Kindertagen nicht in meinem selbstgemachten Spielzeugarztkoffer gelandet.
Die Bits und Bytes sind einfach nicht kreativ genug. Sie können nur erfassen, was Ihnen mal irgendwie beigebracht wurde, sie sind nicht kreativ genug, ihnen fehlt die Lebenserfahrung und die Sicherheit in der Einschätzung ergänzender Informationen (die Vorgeschichte, ein aufgeschnappter Satz beim Mittagessen, die Körpersprache). Für jeden Einzelfall, jeden Dialekt, jeden Sprachfehler, unvollständigen Satz, Soziolekt oder eingeschlichenen fehlerhaften Ausdruck, den die Teilnehmer für die Dauer einer Konferenz so verwenden, müsste die große Maschine trainiert werden. Das lohnt nicht.
Das menschliche Hirn bleibt noch sehr lange flexibler, schneller, anpassungs- und situativ lernfähiger als die Maschine. Andere Berufe sehe ich da eher bedroht. Und wie war das mit den Bankern und den Goldjungen an der Wall Street? Seit die Computer ihre (optimierten Millisekunden)Geschäfte übernommen haben, sind die auch nicht alle arbeitslos geworden. Wären sie mal bloß, die produzieren ja nichts.
Irritierend und diese Woche gesehen: Die ölverschmierte Jeanshose, aus denen der Dreck nicht mehr rausgeht. Hersteller ist eine berühmte Marke, das Beinkleid kostet um die 400 Euro. Sie symbolisiert eine Welt der Reichen, die nicht mehr mitbekommen, dass der Basis die Arbeit ausgeht.
Zum Schluss noch etwas ganz Schönes: Die Utopien der Vergangenheit, das liebe Home office des Mannes betreffend (der dem Weibe beim Putzen zusieht). Interessant ist, dass sich Computerbeige gut durchgesetzt hat. Und die Digitalschriften finde ich auch ziemlich überzeugend.
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Illustration: Walter Cronkite in the
Home Office of 2001 (1967) sowie
Medizininformatik an der TH Brandenburg
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