Montag, 1. August 2016

Weichenstellungen

Bien­ve­nue, will­kom­men auf den Sei­ten eines di­gi­ta­len Ar­beits­ta­ge­buchs. Hier hinterlässt eine Dolmetscherin im 10. Jahr ihre Rand­be­mer­kun­gen aus einem sprachbetonten Arbeitsalltag.

Letzte Woche durfte ich eine buddhistische Weis­heit ken­nen­ler­nen: "Die schlech­ten Menschen sind nur dadurch erfolgreich, dass die guten un­tä­tig sind." Die Antwort auf das Dilemma bringt Henry Charles Bukowski jr.: "Das Problem der Welt ist, dass intelligente Menschen voller Zweifel und Dumme voller Selbstvertrauen sind".

Und das Ré­su­mé stammt von Jean Paul Sartre: "Wenn ihr eure Augen nicht gebraucht, um zu sehen, werdet ihr sie brau­chen, um zu weinen."

Manchmal habe ich das be­klem­men­de Gefühl, als Dol­met­sche­rin nicht aus­rei­chend mei­nen Teil dazu beitragen zu können, dass diese Welt eine bessere wird.

Mich führen diese Gedanken direkt zu beruflicher Wei­ter­ent­wick­lung. Ich werde wei­ter­hin als Kon­fe­renz­dol­met­sche­rin arbeiten, mich aber auch als Sprechercoach für dol­met­scher­affines Vortragen en­ga­gie­ren.
Begleitend dazu bin ich selbst Coa­chee. Ich lasse mich bis zum Jah­res­en­de professionell auf dem Berufsweg begleiten.

Der Coach ist Fran­zo­se, die Sitzungen finden auf Fran­zö­sisch statt. Das ist meine Er­wa­chse­nen­spra­che. Ich muss den Gründen nicht auf den psy­cho­lo­gi­schen Tiefgrund gehen, die mich daran hindern, manches an mir selbst nicht zu er­ken­nen.

Es geht um prak­ti­sche Lö­sun­gen, Haltungen und Ideen.


P.S.: Und viel­leicht ent­schei­de ich mich noch für ein be­rufs­be­glei­ten­des Mas­ter­stu­dium in ei­nem Po­li­tik­be­reich, in dem ich seit Jah­ren als Dol­met­sche­rin tä­tig bin. Wir wer­den se­hen, ich be­rich­te hier wei­ter.
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Berliner Fassadenkontraste: C.E.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Sehr guter Blog!

Vor allem die Ausführungen zur Arbeit in der Filmbranche gefallen mir sehr gut; ich selbst würde auch gerne als Übersetzer im Filmbereich tätig sein und habe immer noch im Hinterkopf. Bei den Gelegenheiten der vergangenen beiden Jahre habe ich mich aber stets für die Rolle des Fotografen oder Filmdarstellers (auf Englisch) entschieden.

Ich übersetze übrigens schon seit den Neunzigern, obwohl ich das Fach nie studiert habe (Übersetzung und Dolmetschen waren ein wesentlicher Teil meiner Arbeit als Anwalt). Reich werde ich nicht damit, es reicht aber für das Leben auf einer Insel mitten im Meer und zwei drei Urlaubsreisen (herkunftsbedingt meist nach Deutschland, arbeitsbedingt nach Italien und Frankreich).

Auch wenn ich ins Deutsche übersetze: Deutsche Kunden habe ich nur sehr wenige. Das ist kein Drama, denn: Amerikaner, Israelis, Italiener, Franzosen und Briten keine schlechten Kunden (meine Erfahrung aus den vergangenen 20 Jahren).

In Deutschland könnte ich mir nicht vorstellen als Übersetzer zu arbeiten: zu reglementiert, zu engstirnig. Ich bin Jurist: die Leute verstehen nicht warum ich gut genug Italienisch spreche und warum ich in Italien vor Gericht aufgetreten bin. Sie verstehen nicht, warum ich in Montréal für deutsche Auswanderer kanadische Behörden abgeklappert habe.

In Deutschland richtet sich alles, aber auch wirklich alles nach dem Zeugnis! Wenn ich hier sage, dass ich mein Einkommen als Übersetzer verdiene, meine Fotos ausstelle und hin und wieder als Schauspieler aktiv bin (in verschiedenen Sprachen), wird es positiv aufgenommen. In Deutschland, selbst im progressiven Berlin, schauen einem die Leute wie ein Auto an.

Taslima minn-Ghawdex

H. Joerges

caro_berlin hat gesagt…

Bonjour, Monsieur Joerges,

ist die Zeile vor Ihrem Namen der Ort? Das Internet bleibt stumm, was doch recht selten ist. Sehr spannend. Nur irgendwas auf Malta, soweit bin ich gekommen.

Und ja, ich kann Ihre Anmerkungen sehr gut verstehen. Spannend, wie Sie Ihre Berufqualifikation nutzen. Beim Film geraten leider immer mehr die Umgangsformen unter die Räder, was an den immer geringer werdenden Mitteln (bei steigenden Kosten) liegt.

Mit freundlichen Grüßen in den Süden,
CE