Donnerstag, 18. August 2016

Henri a raison

Hello, bonjour, hallo! Was Dolmetscher und Übersetzer so erleben, schreibe ich hier auf. Und dabei beobachte ich den Alltag. Übers Wetter zu klagen ist so ziem­lich das Unnützeste, was es gibt. Trotzdem geben sich manche gern dieser Übung hin. Also auch ich.

In den letzten Jahren haben wir durch die Klimaerwärmung den typisch deutschen Sommer ein wenig vergessen. An der Ost­see herrschte Mittelmeerwetter, in Berlin bekamen wir einen Vorgeschmack darauf, dass "wir" im Jahr 2100 kli­ma­zo­nen­tech­nisch das bekommen werden, was heute Rom auszeichnet.

Da fiel mir ein Zitat wieder ein. Ein wunderbares, das lange nicht gebraucht wur­de. Monsieur Henri "Auf-Französisch-nennen-sie-mich-Hass" kannte zum deutschen Sommer einen guten Spruch. "Wer?", mögen Sie fragen. Einen Tipp: Henri, das ist der französisierte Heinrich. "OK, und das andere?", fragen Sie weiter.  

Monsieur Heinri ['aine] ... la haine, der Hass, spricht sich so aus wie der deutsche Name Heine. Von ihm stammt der Satz: "Unser Sommer ist nur ein grün­­an­­ge­­stri­­che­ner Win­ter." (Notre été n'est qu'un hiver peint en vert. Our summer is only a win­ter pain­ted in green.) Über­setzungen des Zitats sind im Netz schwer zu finden. Ich hab das mal schnell er­gänzt.

Flanellhimmel, Malergrün, blauer Akzent
Langfassung: In Kapitel 53 der Reisebilder heißt es:

" ... in unserem Lande ist es sehr frostig und feucht, unser Sommer ist nur ein grünangestrichener Winter, sogar die Son­ne muß bei uns eine Jacke von Flanell tragen, wenn sie sich nicht erkälten will; bei diesem gelben Flanellsonnenschein können unsere Früchte nimmermehr ge­dei­hen, sie sehen verdrießlich und grün aus, und unter uns gesagt, das einzige reife Obst, das wir haben, sind gebratene Äpfel. (...) Kurz, uns fehlt alles edle Obst, und wir haben nichts als Stachelbeeren, Birnen, Haselnüsse, Zwetschen und der­glei­chen Pöbel."

Die sauren, grobschaligen, zum Teil stacheligen oder wurmstichigen mehrheitlich gelbgrünen oder grün-/gelbbraunen Baum- oder Buschfrüchte ausgerechnet "Pöbel" zu titulieren, ist eine tolle Idee! Übernehm' ich glatt! Und den Titel lasse ich auf Französisch, ich mag diese neurechtschreibliche Großschreibung bei "recht haben" nicht. [EDIT: Das Kor­rek­to­rat teilt mir ge­rade mit, dass die Groß­schrei­bung hier zu­rück­ge­nom­men worden ist.] Und die nächs­ten Ta­ge wird es erst­mal wie­der wär­mer. Ouf !

______________________________  
Foto: C.E.

Keine Kommentare: