Donnerstag, 3. April 2014

Tea time im Hotel

Hier bloggt eine Spracharbeiterin. Wie Dol­met­scher und Über­setzer ar­bei­ten, da­rü­ber schreibe ich in meinem Arbeitstagebuch.

Hotelsilber, Teetasse, Hand mit Mobiltelefon
Bei Dreharbeiten gibt's den netten Schnack we're paid for waiting, performance is for free. So kommt es mir diesmal auch bei der Arbeit für die Politik vor.

Wir sitzen in einem Fünf-Sterne-Hotel, ne­ben uns ein Kaminfeuerchen, der Mann vor mir jongliert mit zwei Mo­bil­te­le­fo­nen. Nach einer Stunde wissen wir, dass der Ka­min nicht echt ist: Nicht ein einziges Mal sind die Scheite laut ineinandergefallen, nie­mand hat Glut geschürt oder Holz nach­ge­legt. Dann kommt der Tee, der passt zur Uhrzeit. Ich versuche, mich zu ent­span­nen, muss aber gewärtig sein, dass es jeden Mo­ment losgehen kann.

Hintergrundgespräche in einem sich schwierig entwickelnden Europa kommen mir am Ende immer vor, wie ein "Ritt über dem Bodensee". Ich kenne etliche Dossiers, aber letztendlich ist das nur ein kleiner Ausschnitt der Dinge, die derzeit an­ste­hen. Im Vorfeld bat ich freundlichst um Vorbereitungsmaterial und bekam nur drei Stichwörter genannt. Je höher die Position, desto karger die Auskünfte, so fühlt es sich je­den­falls an.

Gegen Ende des Tages haben sich hier offenbar etliche Punkte des Tagesprogramms des Reisenden ver­scho­ben; heute kam der Lufthansastreik hinzu. Stand by zu sein ist nicht immer einfach. Ich lese Zeitungen auf Deutsch und Englisch (französische liegen leider nicht vor, für mich ein Grund, dem Fünf-Sterne-Hotel mindestens ei­nen halben Stern zu nehmen). Dann fällt mir alles ein, was derzeit im Büro un­er­le­digt bleibt. Ich beruhige mich, denn fürs Warten werde ich ja auch bezahlt.

Plötzlich ist der Gast da. Eben noch im Halbschlaf, bin ich von jetzt auf gleich zu 100 % gefordert. Ton ab! — Ton läuft! — Kamera ab! — Kamera läuft!

Am Ende werden alle mit dem Austausch zufrieden sein. Taxi!

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Foto: C.E.

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