Samstag, 9. März 2013

Fracking

Hallo, Sie haben ein digitales Arbeitsjournal angesteuert, an dieser Stelle denke ich über Dolmetschen und Übersetzen nach. Ich lebe und arbeite in Berlin und dort, wo ich gebraucht werde.

Sprachnotiz: le gaz de schiste — das Schiefergas. Es wird gefördert durch la fracturation hydraulique — "auf Deutsch" das 'Fracking'. Im Alltag wird auf Französisch le gaz de schiste zur allgemeinen Beschreibung dieser "neuen" Energiequelle verwendet, im Deutschen "das Fracking". Neu ist das Verfahren nicht, es wurde schon Mitte letzten Jahrhunderts erprobt und aus Kostengründen verworfen. Jetzt, da fossile Rohstoffe knapp werden, hat sich das Kostenverhältnis geändert.

Barack Obama nannte in seinem Wahlkampf als eines seiner Ziele die energetische Unabhängigkeit seines Landes von den Ölmultis. Verfechter alternativer Energien haben sich allerdings zu früh gefreut: Offenbar liegt sein Schwerpunkt derzeit bei der Förderung des Schiefergases.

In tiefen Gesteinsschichten lagern wertvolle Rohstoffe, die durch Sand, Wasser und großen Druck freigesetzt werden sollen. Der Druck bringt das Gestein zum Bersten, das Gas wird freigesetzt. Leider ist ein geheimgehaltenes Gemisch an Chemikalien daran beteiligt. Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass die Zerstörung tiefliegender Gesteinsschichten möglicherweise Erdbeben auslöst.

Dass wir den Begriff "Fracking" aus dem Englischen übernommen haben, ist kein Wunder: Seit einigen Jahren bestimmen Tausende von Bohrtürmen zum Beispiel in Pennsylvania das Landschaftsbild. Aus Pennsylvania kommen auch bestürzende Anwohnerberichte über "Wasser", das sich beim Austreten aus dem Wasserhahn selbst entzündet, unbrauchbares Brunnenwasser, Haut- und Atemwegserkrankungen, Stimmungsschwankungen, Müdigkeit ... und an vergiftetem Blut sterbende Welpen.
Sicher ist, dass das Chemikaliengemisch karzinogene Stoffe enthält. Nicht sicher ist, dass diese Substanzen nicht auch ins Grundwasser gelangen. Nadia Steinzor, die federführende Autorin eines ersten größeren US-amerikanischen Berichts über die Situtation, sagte dazu unlängst: They are playing roulette with public health ("Sie spielen Roulette mit der Volksgesundheit").

1. Link: New York Times, 17.11.2011
2. Link: Huffington Post, 18.10.2012
(Auch die Kommentare sind oft lesenswert.)

Warum mich das hier als Dolmetscherin beschäftigt? Die Wortkombination le gaz de schiste — das Fracking habe ich schon Anfang 2012 gelernt. Auch in Frankreich wird in Umweltsendungen darüber nachgedacht, was die Folgen dieser neuen Industrie sind, und französische Juristen analysierten öffentlich, dass die Erlaubnis von Probebohrungen automatisch Fördergenehmigungen nach sich ziehen werde.

Als Kind litt ich immer unter starkem Husten, Pseudokrupp, wenn ich meine Oma im Ruhrpott besucht habe. Ich war und bin noch heute empfindlich, was die Atemwege angeht, damals war die Umweltverschmutzung im Pott der aus­schlag­ge­ben­de Faktor, der dazu führte, dass ich regelmäßig davon aufwachte, dass in meinem Schlafzimmer ein Hund bellte. Auch heute merke ich an der Luft, wenn Dolmetscherkabinen neu und noch voller Chemikalien sind, die sie vor diversen Umwelteinflüssen (vermutlich vor allem beim Transport) schützen sollen. Wie es sich anfühlt, wenn einem fast der Hals abgeschnürt wird, wo doch viel aktives Sprechen gefragt ist, darf sich jede(r) selbst ausmalen. Zum Glück habe ich diese Situation erst zweimal erlebt.

Jetzt ruft eine Petition den deutschen Bundestag dazu auf, Fracking zu verbieten. Ich habe unterschrieben.

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Ilustration: die Verlage

1 Kommentar:

Vega hat gesagt…

Liebe Caroline,

das hast Du richtig gemacht.

Hier, langsam kommt raus, was das für eine neue Sauerei ist:
Fracking Chemicals Found to Disrupt Hormone Function

Gruß, Bine