Willkommen beim Blog aus der Dolmetscherkabine für die französische Sprache. Gestern saß ich nicht in dieser der knapp zwei Quadratmeter kleinen, schallisolierten Box, sondern reiste von Paris nach Berlin, was bei Schnee immer ein Problem ist.
Seit gestern Mittag, 12.02 Uhr, ist also Frühling. Hm, das Wolkenmeer (Foto von gestern Abend) hat sich inzwischen gelichtet, es ist schon deutlich heller und wir sehen sogar die Spitze des Fernsehturms.
Das ist der Blick aus dem Büro eines meiner Kunden, bei dem ich den Rest der Woche dolmetschen werde. Aber nicht nur das: Hier bin ich auch Coach für Sprechen, Stimme, Kommunikation — und Kommunikationsstrategien. Schritt für Schritt erarbeite ich mir ein neues Arbeitsfeld, das sich ganz natürlich aus dem Dolmetschen heraus ergibt.
Zu Form gesellt sich der Inhalt; den erhalte ich von einem Unternehmer sowie seiner engsten Mitarbeiterin. Es handelt sich um komplexe Themen, die ich da lernen und weitergeben darf. Mit den Inhalten hatte ich bis vor einige Wochen nichts zu tun. Ich nehme auf, lerne und gebe weiter für die praktische Anwendung, ohne selbst je "Hand anzulegen". Das ist schon merkwürdig. Ein wenig fühle ich mich dabei wie ein Schwimmlehrer, der immer nur am Beckenrand bleibt. Bevor ich mich jetzt weiter in schräge Bilder versteige: Es geht um Wirtschaft.
Noch etwas ist anders, da musste ich mich am Anfang umstellen: Mir werden einige Minuten lang Fakten erzählt, nicht wie sonst üblich zur sofortigen Wiedergabe gedacht, sondern zur schrittweisen Vermittlung.
Wir Dolmetscher übertragen normalerweise simultan oder konsekutiv, die Behaltensspanne ist gering, die Info kommt zu den Ohren herein, wird in der anderen Sprache ausgesprochen und nicht selten durch das sofort Nachfolgende wieder gelöscht. Plötzlich muss ich nicht nur dolmetschen, sondern mir Details merken. Ich muss also andere Gedächtnisformen trainieren, leserlich mitschreiben, auswerten, zusammenfassen, lernen ... und das Weitergeben vorbereiten. Zur Vermittlung packe ich Methodenkoffer und Konzepte aus, die ich mir vor Jahren fürs Unterrichten an der Universität im Rahmen einer didaktischen Ausbildung als Dozentin für personale, soziale und kommunikative Kompetenzen zugelegt hatte.
Als Lernjunkie, und ein solcher muss ich in meinem Beruf sein, bin ich mit diesen neuen Aufgaben, die mich einige Tage im Monat beschäftigten, voll in meinem Element.
Noch etwas war gestern, nicht nur Frühlingsanfang: Der internationale Tag der Frankophonie. Ein Glückwunsch an die französischsprachige Welt für das schöne Idiom!
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Foto: C.E. (Abendblick auf Marienkirche, Alexan-
derplatz und (normalerweise) "rotes Rathaus")
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