Donnerstag, 21. März 2013

Frühlingsanfang

Will­kom­men beim Blog aus der Dol­metscher­ka­bine für die fran­zö­si­sche Spra­che. Gestern saß ich nicht in dieser der knapp zwei Qua­drat­me­ter klei­nen, schall­iso­lier­ten Box, son­dern reiste von Paris nach Berlin, was bei Schnee immer ein Problem ist.

Seit gestern Mittag, 12.02 Uhr, ist also Frühling. Hm, das Wolkenmeer (Foto von gestern Abend) hat sich inzwischen gelichtet, es ist schon deutlich heller und wir sehen sogar die Spitze des Fernsehturms.

Marienkirche, Fernsehturm mit Spitze im Wolkenmeer, rotes Rathaus, verschneit, in Abendstimung
Das ist der Blick aus dem Büro eines meiner Kunden, bei dem ich den Rest der Woche dol­metschen werde. Aber nicht nur das: Hier bin ich auch Coach für Sprechen, Stimme, Kommunikation — und Kom­­mu­­ni­­ka­­tions­­stra­­te­­gien. Schritt für Schritt erarbeite ich mir ein neues Arbeitsfeld, das sich ganz natürlich aus dem Dolmetschen heraus ergibt.

Zu Form gesellt sich der Inhalt; den erhalte ich von einem Unternehmer sowie sei­ner engsten Mitarbeiterin. Es handelt sich um komplexe Themen, die ich da lernen und weitergeben darf. Mit den Inhalten hatte ich bis vor einige Wochen nichts zu tun. Ich nehme auf, lerne und gebe weiter für die praktische Anwendung, ohne selbst je "Hand anzulegen". Das ist schon merkwürdig. Ein wenig fühle ich mich dabei wie ein Schwimmlehrer, der immer nur am Beckenrand bleibt. Bevor ich mich jetzt weiter in schräge Bilder versteige: Es geht um Wirtschaft.

Noch etwas ist anders, da musste ich mich am Anfang umstellen: Mir werden einige Minuten lang Fakten erzählt, nicht wie sonst üblich zur sofortigen Wiedergabe ge­dacht, sondern zur schrittweisen Vermittlung.

Wir Dolmetscher übertragen normalerweise simultan oder konsekutiv, die Be­hal­tens­span­ne ist gering, die Info kommt zu den Ohren herein, wird in der anderen Sprache aus­ge­sprochen und nicht selten durch das sofort Nach­fol­gende wieder ge­löscht. Plötz­lich muss ich nicht nur dol­metschen, son­dern mir De­tails merken. Ich muss also andere Ge­­dächt­­nis­­for­­men trai­nie­ren, le­ser­lich mi­tschrei­ben, aus­wer­ten, zu­sam­men­fas­sen, ler­nen ... und das Wei­ter­ge­ben vor­be­reiten. Zur Ve­rmitt­lung packe ich Me­tho­den­kof­fer und Kon­zep­te aus, die ich mir vor Jah­­ren fürs Un­­ter­­rich­­ten an der Uni­ver­si­tät im Rah­­men einer di­daktischen Aus­bil­dung als Dozentin für personale, soziale und kom­mu­ni­ka­ti­ve Kompetenzen zugelegt hatte.

Als Lernjunkie, und ein solcher muss ich in meinem Beruf sein, bin ich mit diesen neuen Aufgaben, die mich einige Tage im Monat beschäftigten, voll in meinem Element.

Noch etwas war gestern, nicht nur Frühlingsanfang: Der in­ter­natio­nale Tag der Frankophonie. Ein Glückwunsch an die französischsprachige Welt für das schöne Idiom!

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Foto: C.E. (Abendblick auf Marienkirche, Alexan-
derplatz und (normalerweise) "rotes Rathaus")

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