Montag, 25. Februar 2013

Kleines Loblied auf den Bleistift

Bonjour! Sie lesen hier Artikel eines digitalen Bordbuchs. Die Texte entstehen in Dolmetscherkabinen und am Übersetzerschreibtisch. Derzeit erhole ich mich in Berlin vom Filmfestival, bald arbeite ich wieder in Paris.

Stifte im Köcher mit Bunt- und Bleistiften
Ein Unbekannter hat mal gesagt, ein Ta­ge­buch zu schreiben sei wie mit einem Blei­stift zu fotografieren. Der Satz gefällt mir. Der Bleistift ist ohnehin ein unterschätztes Arbeitsgerät. Beim Arbeiten mit Materialien eines Kunden lese ich immer mit dem Blei­stift in der Hand. Derzeit brüte ich über Zahlen und Sta­tistiken in den Bereichen Volks­ver­mö­gen, Mietpreisenwicklung und Ren­ten­ni­veau.
Es ist nicht immer ein­fach, die Details aus­ein­an­der­zu­klam­ü­sern, um's auf Berlinisch zu sagen. Dabei finde ich schöne De­fi­ni­tio­nen dessen, was ein Durchschnitt ist. Hier eine: Steht einer mit den Füßen im Eis­was­ser und die Sonne brennt ihm aufs Haupt.

Aber natürlich muss es ihm hervorragend gehen, denn das ihn umgebende Klima liegt doch bei 21 Grad Celsius. Oder diese Definition da: Jemand schießt bei einer Jagd erst einen Meter links vom Hasen vorbei, dann einen Meter rechts vom Hasen vorbei. Dem Durchschnitt zufolge gibt's am Abend Hasenragout.

Die muss ich mir merken. Wer wie ich von Beruf Quasselstrippe ist, braucht auch ein Zitateschätzlein für das eventuell notwendige Transponieren von Witzen und komischen Momenten in der Kabine. Ich schreibe mir schnell dazu Stichworte mit dem Bleistift auf. Oder Termine. Genauso, wie ich mir bei der Arbeit kurz Ideen für diesen Blog notiere. Nein, die Auskunftsverweigerung mancher Kollegen ist nicht mein Ding, nur in Ausübung des Berufs erfahrene Geheimnisse werden natürlich sorgsam bewahrt. (Auch wir Dolmetscher haben unsere Art von Äskulapeid.)

Und zur nomadischen Lebensweise, die uns mitunter auferlegt wird, passt der Bleistift doch gut (neben dem Kalenderchen, dem Notizbuch und dem leichten elektronischen Rechenknecht). Fünf Gegenstände, die im Durchschnitt jeweils 67,5 Gramm leicht sind. Es lebe der Bleistift, der den Durchschnitt senkt! Auch der Stift, mit dem das digitale Tagebuch genannt Blog entsteht!

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Foto: C.E.

2 Kommentare:

Alexander hat gesagt…

Hübsch! Erinnert mich gleich an die leidenschaftlichen Diskussionen, die manche Dolmetscher darüber führen, ob man Konsekutiv-Notizen nun unbedingt mit Bleistift oder lieber mit Kuli machen sollte.

caro_berlin hat gesagt…

Lieber Alexander,

ja, das ist mir auch schon zu Ohren gekommen. Ich bringe ein dritte Variante ein: Den Füller mit satter Tinte auf streichelzartem Papier.

Grüße, Caroline