Ich hab den Vorgang hier nie wirklich groß besprochen, weil die Filmakademie nicht so viel Geld hatte, zwei von uns mit auf die Bühne zu setzen, wo man sich doch hätte leicht denken können, dass zwei Brüder auch zweifach guten Input liefern. Kurz: Ich schaltete auf Autopilot und schaute nicht mehr auf die Uhr (*räusper*, das hab ich nie gesagt und nie geschrieben, also unsereiner dolmetscht am Stück ja nie länger als vierzig Minuten, dann kommt die Ablösung). Im Ernst: Bei Themen, in denen ich zuhause bin, hole ich meine Vokabeln von der Festplatte, im normalen Dolmetscheinsatz liefert sie der Arbeitsspeicher, das ist ungleich anstrengender. Aber der Gesundheit förderlich war das Unterfangen gewiss nicht. (Neulich schrieb sogar ein Kollege was von "bleibenden Schäden im Gehirn", konnte aber leider keine Quellen nennen.)
Eigentlich war die Veranstaltung anders geplant. Zwischen den Gesprächsblöcken sollten Filmausschnitte laufen, das wären meine Pausen gewesen. Nun verhielt es sich so, dass die Studis hochbegeistert von den Filmen waren und keine Ausschnitte sehen wollten, sondern sich jeden Morgen vor Seminarbeginn die Filme in Gänze zu Gemüte führten. Nur so kam es zu diesem Gesprächsmarathon.
Bevor ich zuallerst und die lieben Kollegen dann auch vor Empörung eine Schnappatmung kriegen: Das war nun wirklich das Letzte, ähh, das letzte Mal, das ich sooo lange und solo gedolmetscht habe, denn abends war mein Adrenalinspiegel von der Dauerkonzentration derart hoch, dass ich selten vor vier Uhr morgens in den wohlverdienten Schlaf fand. Und das Seminar dauerte vier Tage plus einen Abend im Kino Arsenal, wo die Redakteure der Filmzeitschrift Revolver die Fragen stellten (das Heft, das dies dokumentiert, ist inzwischen auch schon im Handel, hier: klick).
Adrenalin ist nach einem solchen Dauerdings das eine, die Kopfgespräche das andere. Sie sind dann schreiend laut, brüllen die Müdigkeit nieder, stören die Ruhe der Nacht, fordern die ganze Aufmerksamkeit, haben ihr eigenes Echo, bringen die Beine zum Zappeln, als wollten diese gleich losrennen. Nun ist das Grundrauschen der Welt manchmal schon so laut, dass es mit dem Schlafen nicht einfach ist, aber in diesen Tagen konnte selbst das nicht das nächtliche Geschwätz des Hirns übertönen.
Anschließend habe ich zehn Tage lang nach Worten gesucht. Mein Umfeld kann ein Lied davon singen.
Ach so, inhaltlich war das Seminar natürlich super und umwerfend und auch ich hab seeeehr viel dabei gelernt. Nun, liebe Unis und Kunsthochschulen: Bitte plant wieder so schöne Blockseminare, Ihr dürft mich gern wieder anfragen. Aber plant bitte auch noch eine Ablösung mit ein. Ich weiß, das ist teurer, aber meine Gesundheit ist noch viel teurer.
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Fotos: Hallo, dffb-Studis, wo bleiben die
versprochenen Bilder??
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